ZFA 2015

Finden, bilden, binden

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Hinterfragen, mitbestimmen, Spaß haben - gestärkt durch einen Nachfragemarkt verändert die Generation Y auch das Berufsbild der ZFA. Schreck lass nach? Nein, sehen Sie es als Chance! Zahnarzt wie Team können daran wachsen.

Verstehen – verändern – verbessern: Der soziokulturelle Wandel in unserer Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter beschleunigt. Besonders bei den Jugendlichen ist die Veränderung der Werte, sowie der Struktur des Alltags deutlich zu spüren. Unter immer komplexeren, globalisierten und digitalisierten Lebensbedingungen erhöht sich zusehends der Leistungsdruck.

Gleichzeitig wird die berufliche Zukunft ebenso wie die Familienplanung immer unsicherer. Diese Veränderungen zu erkennen und für die Ausbildung zur ZFA nutzbar zu machen, war Grund genug, sich im Rahmen der Abschlussarbeit des 8. Studiengangs an der AS Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement damit auseinanderzusetzen.

Aufgrund der zunehmenden Akademisierung sinken die Ausbildungszahlen. Befand sich in den 1980er-Jahren noch über die Hälfte eines Jahrgangs im dualen System der beruflichen Ausbildung und ein Viertel in Hochschulausbildung, haben sich heute die Proportionen umgekehrt: Nur noch ein Viertel macht eine betriebliche Berufsausbildung, die Hälfte erwirbt ihren Abschluss per Studium [Bildungsberichterstattung, 2012]. Die Auswirkungen dieser Veränderungen wurde zuletzt in der Shell Studie 2015 untersucht.

Nach der Lehre die Leere?

Zum heutigen Tag sind die Ausbildungszahlen zur ZFA im Vergleich zu anderen Branchen stabil. Allerdings sinkt die Berufszufriedenheit, über 60 Prozent der Auszubildenden würden am Ende ihrer Ausbildung diesen Beruf nicht erneut ergreifen; ein Drittel der ausgebildeten ZFA arbeitet im Anschluss nicht im erlernten Beruf. Ein derartiges Potenzial aufzugeben, kann nicht im Sinne der ausbildenden Zahnärzte sein. Die Auswirkungen des demografischen Wandels und des mittelfristig zu erwartenden daraus resultierenden Fachkräftemangels werden die Arbeitgeber künftig vor neue Herausforderungen stellen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Arbeitsmarkt von einem Verkäufermarkt in einen Käufermarkt gewandelt [Parment, 2009]. Konnte man früher Mitarbeiter unter zahlreichen Bewerbungen auswählen, gilt es heute, fähige Angestellte für den eigenen Betrieb zu gewinnen. In vielen Branchen entscheidet schon heute nicht mehr der Arbeitgeber über die Einstellung eines qualifizierten Bewerbers, sondern der Kandidat hat die Auswahl, welches Angebot er annehmen möchte [Trost, 2009].

Die Veränderung der Generation Y – das sind die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die aktuell zwischen 15 und 30 Jahren alt sind – erfordert ein Umdenken in der Zahnarztpraxis, um die Ausbildung an die neuen Entwicklungen anzupassen. Sie ist die erste Generation der „Digital Natives“. Computer, Tablets und Smartphones, Google und Facebook gehören für sie zum Alltag. Im Vergleich zu den vorherigen Generationen erlebt die Generation Y eine veränderte wirtschaftliche und politische Lage.

Terroranschläge, weltweite Kriege, Finanzkrisen und epochale ökologische Veränderungen bestimmen die sensible und formative Zeit ihres Jugendalters. Arbeitsplätze und Renten sind unsicher, die Zukunft ungewiss. Sie ist den Umgang mit Ungewissheiten der Lebensplanung gewohnt und hat gelernt, das Beste aus jeder noch so undurchsichtigen Situation zu machen, zu sondieren und zu taktieren, um sich stets möglichst viele Optionen offen zu halten. Diese Mentalität hat ihr den Namen gegeben, der mit dem Wort „Why“ die fragende und suchende Grundhaltung ausdrückt.

###more### ###title### Die Suche nach dem Glück ###title### ###more###

Die Suche nach dem Glück

Personalwissenschaftlich wird der Generation Y nachgesagt, sich durch „hohe Ansprüche“ gegenüber dem Arbeitgeber, sowie der hohen Wechselbereitschaft auszuzeichnen, statt ihre Arbeitsleistung lebenslang einem einzigen Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen [Parment, 2009]. Sie arbeitet lieber in Teams als in tiefen Hierarchien. Anstelle von Status und Prestige rücken Freude an der Arbeit und Sinnsuche ins Zentrum. Mehr Freiräume, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, sowie mehr Zeit für Familie und Freizeit sind zentrale Forderungen der Generation Y. Sie will nicht mehr dem Beruf alles unterordnen, sondern fordert eine Balance zwischen Beruf und Freizeit [Bund, 2014].

Während die Zahl der jungen Nachwuchskräfte immer geringer wird, scheidet mit den „Babyboomern“ (Jahrgänge 1955 bis 1970) eine immer höhere Zahl von Erwerbstätigen aus dem Beruf aus. Die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen, um potenzielle Mitarbeiter zu erreichen, wird in Zukunft darüber entscheiden, ob Fachkräftestellen besetzt werden oder frei bleiben. Nicht alle in den erhobenen Umfragen bei in Ausbildung befindlichen und ausgelernten ZFA genannten Kritikpunkte können behoben werden. Die körperliche Belastung zum Beispiel bringt der Beruf mit sich. Wir müssen aufpassen, dass der Beruf der ZFA wettbewerbsfähig im Vergleich mit anderen medizinischen Assistenzberufen bleibt. Schon jetzt entscheiden sich viele Jugendliche aus finanziellen Gründen für konkurrierende Berufe.

Unsere Aufgabe: Das Berufsbild in der Gesellschaft zu verbessern!

Eine im Jahr 2010 durchgeführte Studie des Robert-Half-Instituts befragte 2.400 Teilnehmer nach den wichtigsten Faktoren bei der Suche nach einem neuen Job. Die Teilnehmer nannten Gehalt und Zusatzleistungen an zweithöchster Stelle. Auch die fehlende gesellschaftliche Anerkennung, und sei es nur eine subjektive Wahrnehmung der Befragten, ist ein Problem. Unsere Aufgabe hier wird sein, das Berufsbild der Zahnmedizinischen Fachangestellten in der Gesellschaft zu verbessern.

Die abwechslungsreiche und vielschichtige Tätigkeit sowie die umfangreichen Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Prophylaxe und Verwaltung müssen bekannter gemacht werden, um motivierte Jugendliche zu gewinnen. Es zeigt sich in Untersuchungen, dass Entwicklungsmöglichkeiten zwar für alle Generationen von hohem Stellenwert sind, für die Generation Y jedoch von größter Relevanz [Ruthus, 2014]. Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung spielen eine große Rolle bei der Wahl des Ausbildungsplatzes.

###more### ###title### Wie erreicht man nun in Zukunft den passenden Auszubildenden für seine Praxis? ###title### ###more###

Wie erreicht man nun in Zukunft den passenden Auszubildenden für seine Praxis?

Zeitungsinserate werden in dieser Zielgruppe schon lange kaum noch wahrgenommen. Es scheint, als seien auch die Marketingbemühungen über die Zahnärztekammern und Berufsmessen von untergeordneter Wichtigkeit. Eher sollte der Zahnarzt versuchen, über das Angebot von Praktikumsplätzen, potenzielle Bewerber zu motivieren.

Die Struktur der Ausbildung in den Praxen muss überdacht werden. Die Jugendlichen haben sich verändert, es ist an der Zeit, dass auch die Ausbilder sich diesen Veränderungen anpassen. Heutzutage sind moderne Teamstrukturen und frühzeitige Eigenverantwortung in bestimmten Arbeitsprozessen wichtige Kriterien für Motivation und Spaß an der Ausbildung. Die Jugendlichen von heute möchten eigene Fähigkeiten und Fertigkeiten kreativ und selbstverantwortlich in ihre Tätigkeit einbringen.

Die Generation Y möchte lernen und gefordert werden, selbstbestimmt planen und entscheiden können sowie Verantwortung sowohl für sich selbst als auch für andere übernehmen. Sie kann zäh und ausdauernd arbeiten, aber nur, wenn sie Spaß an ihrer Arbeit hat und konstant Feedback erhält. Sie ist in ihrer Kindheit so häufig gelobt worden, wie keine andere zuvor, darauf will sie auch bei der Arbeit nicht verzichten [Schmidt, 2011].

###more### ###title### Der Chef wird Coach ###title### ###more###

Der Chef wird Coach

Der Chef sollte eher zu einem Coach werden als zum klassischen Vorgesetzten. Eine zugewandte und fördernde Haltung, die zeitgleich auch Autonomie und Mitsprache gewährt, führt zu hoher Einsatzbereitschaft und Leistung [Palfrey, Gasser, 2008]. Traditionelle Hierarchien, sehr förmliche Umgangsformen sowie die Demonstration von Macht und Status führen zu schlechter Leistung. Stattdessen wünschen sich Jugendliche einkollegiales Miteinander, in dem sie ihre eigene Meinung aussprechen können, ohne auf Zuständigkeiten und Hierarchien Rücksicht nehmen zu müssen [Eilers, Rump, 2013].

Berufliche Ausbildung und Berufsausführung sollten heute so gestaltet werden, dass individuelle Fertigkeiten und Fähigkeiten flexibel und selbstverantwortlich eingesetzt werden können. Unterstützende und motivierende Vorgesetzte sowie umfassende Entwicklungsmöglichkeiten sind Attraktivitätsfaktoren, die nicht nur für die Generation Y von Bedeutung sind, sondern für alle Generationen gelten. Die Anforderungen sind nicht neu, sie werden nur deutlicher gefordert!

Dr. Claudia Stange Wilhelmstr. 1 25436 Tornesch

Die Autorin fasst mit dem Beitrag wesentliche Ergebnisse ihrer Abschlussarbeit des 8. Studiengangs an der AS Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement zusammen.

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