Formen der Berufsausübung
Die ersten Überlegungen gelten den Fragen, auf welche Form der Profession steuere ich zu, welche fachliche und persönliche Schwerpunktbildung strebe ich an und was muss ich jetzt schon tun, um mir den einen oder anderen Weg zu ermöglichen beziehungsweise nicht zu verbauen?
Die für eine Zulassung zu den gesetzlichen Krankenkassen notwendige zweijährige Vorbereitungszeit als Assistent in einer deutschen vertragszahnärztlichen Praxis und/oder teilweise in einer Klinik wird nach wie vor am Anfang der Berufsausübung stehen. Wird eine drei bis vier Jahre dauernde fachzahnärztliche Weiterbildung angestrebt, muss sich der junge Zahnarzt – um Zeitverluste zu vermeiden – bei der jeweiligen Kammer nach den Modalitäten der Weiterbildungsgänge erkundigen und seine Weiterbildungstätigkeit, die auch auf die Vorbereitungszeit angerechnet wird, danach ausrichten.
Berufsausübungsmöglichkeiten im Angestelltenverhältnis
Nach Beendigung der zweijährigen Vorbereitungszeit beziehungsweise nach der Fachzahnarztanerkennung besteht als Alternative zur Selbstständigkeit in eigener Praxis oder als Sozius in einer der Formen der Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) auch die Möglichkeit einer auf Dauer ausgerichteten Tätigkeit im Angestelltenverhältnis in Praxen, Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ).
Als angestellter Zahnarzt in einer der genannten Einrichtungen ist man sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Eine Beschäftigung als „freier Mitarbeiter“, der seine Tätigkeit in Rechnung stellt, ist rechtlich nicht zulässig. Während sich in Kliniken die Arbeitsentgelte und Arbeitsbedingungen meist aus tarifvertraglichen Regelungen ableiten, fehlt es bei der Beschäftigung in einer Praxis und im MVZ an solchen Regelungen. Löhne und Arbeitsbedingungen unterliegen dort der freien Vereinbarung. Für Zahnärztinnen gelten die besonderen Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes, was zu einem faktischen Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft führt.
Für die Beschäftigung eines sogenannten angestellten Zahnarztes braucht der Praxisinhaber die Genehmigung des Zulassungsausschusses der jeweiligen KZV (§ 32 b ZV-Z). Der anzustellende Zahnarzt muss dabei die gleichen Voraussetzungen erfüllen, die ihn zu einer eigenen Zulassung berechtigen. Die Anzahl der „angestellten Zahnärzte“ ist auf zwei Vollzeitbeschäftigte oder vier Halbzeitbeschäftigte beschränkt.
Im Regressfall haftet der Praxisinhaber gegenüber den Krankenkassen für eventuelles Fehlverhalten bei ihm beschäftigter Zahnärzte. Das Gleiche gilt für die Haftung gegenüber den Patienten der Praxis bei Behandlungsfehlern. Allerdings haftet der angestellte Zahnarzt hier auch noch persönlich aufgrund § 823 BGB. Diese persönliche „Handlungshaftung“ des angestellten Zahnarztes (auch schon des Vorbereitungsassistenten) sollte in den Praxishaftpflichtversicherungen möglichst ausdrücklich mit abgesichert sein, was oft nicht der Fall ist. Eine zusätzliche eigene Haftpflichtversicherung des angestellten Zahnarztes ist – auch aus weiteren Gründen – dringend anzuraten.
Die Beschäftigung in einem MVZ ist – ebenso wie die in einer Klinik – nicht von einer Genehmigung durch den Zulassungsausschuss oder die jeweilige KZV abhängig und daher frei vereinbar. Als Besonderheit gilt, dass im MVZ tätige Zahnärzte keinen Weisungen von Nichtzahnärzten im Rahmen der zahnärztlichen Berufsausübung unterworfen sein dürfen.
###more### ###title### Klassische Formen der Niederlassung in einer Einzelpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft ###title### ###more###
Klassische Formen der Niederlassung in einer Einzelpraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft
Ungeachtet noch aufzuzeigender, weiterer Möglichkeiten wird die klassische zahnärztliche Berufsausübung auch in absehbarer Zeit überwiegend in den bis heute üblichen Formen der Einzelpraxis und der BAG als Gemeinschaftspraxis stattfinden. Die unternehmerische Entscheidungsfreiheit für alle im Zusammenhang mit der Praxiserrichtung und Praxisführung zu treffenden Festlegungen dürfte einer der wesentlichen Vorteile sein, der den Entschluss zum Führen einer Einzelpraxis reifen lässt. Die allein zu tragende Verantwortung und die schwieriger zu gestaltende Urlaubs- und Krankheitsvertretung sollten bei der Entscheidung für eine Einzelpraxis aber mit beachtet werden.
Das Betreiben einer BAG mindert diese Entscheidungsfreiheit und mündet in Mitbestimmung. Der Wunsch nach Zusammenarbeit mit persönlich wie fachlich gleichgesinnten Kollegen, die positive Grundeinstellung zur Kooperation bei jedem Partner sowie nicht zuletzt auch eine gewisse Toleranzbereitschaft sind nicht die einzigen, aber mit die wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen einer Partnerschaft. Eine klare und umfassende Vertragsgestaltung ist ebenso unabding-bar. Die Orientierung an Musterverträgen der Kammern und/oder die Hilfestellung durch Angehörige der rechtsberatenden Berufe müssen daher dringend angeraten werden.
Möglich ist auch die gemeinsame Berufsausübung in einer „Überörtlichen BAG (ÜBAG)“, die sich sogar über mehrere KZV-Bezirke erstrecken kann. Gemäß § 33 Abs. 3 ZV-Z ist dann aber der für die Genehmigungsentscheidung und die Leistungserbringung maßgebliche Vertragszahnarztsitz zu bestimmen. Eine schwächere Form der BAG in einer Gemeinschaftspraxis ist die Zusammenarbeit zweier Einzelpraxen in einer Praxisgemeinschaft zum Zweck der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungsgegenständen, Räumen und Personal.
###more### ###title### Medizinisches Versorgungszentrum ###title### ###more###
Medizinisches Versorgungszentrum
Während diese klassischen Formen der selbstständigen zahnärztlichen Berufsausübung und Kooperation über Jahrzehnte nur wenige Veränderungen erfahren haben, gibt es heute und in Zukunft völlig neue Möglichkeiten der Kooperationsformen. Genannt sei insoweit in erster Linie das MVZ, das sich als fachübergreifende (zahn)ärztlich geleitete Einrichtung definiert, in der Ärzte oder Zahnärzte als Angestellte oder Vertrags(zahn)ärzte tätig sind. Mit Inkrafttreten des Versorgungsstärkungsgesetzes sind nun nicht mehr nur fachübergreifende, sondern auch arztgruppengleiche Einrichtungen erlaubt, so dass diese Kooperationsform in direkte Konkurrenz zu den heutigen Formen der BAG treten wird.
Partnerschaftsgesellschaft und Kapitalgesellschaften
Die Partnerschaftsgesellschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) ist eine spezielle Gesellschaftsform für Freiberufler, die strukturell zwischen den BGB-Gesellschaften und den Kapitalgesellschaften angesiedelt ist. Sie eignet sich insbesondere für fachübergreifende Ärztegesellschaften. Gemäß § 8 Abs. 2 PartGG ist nämlich die Haftung dahingehend beschränkt, dass nicht – wie bei der BGB-Gesellschaft – alle Partner für Schadenersatzansprüche aufgrund des Handelns eines Partners in Anspruch genommen werden können, sondern – neben der Partnerschaftsgesellschaft selbst – nur der jeweils den Schaden verursachende Partner.
Die Zahnheilkunde kann grundsätzlich auch in der Form einer Kapitalgesellschaft ausgeübt werden (GmbH oder AG). In Landesgesetzen und/oder Berufsordnungen werden Einschränkungen geregelt, dass Gesellschafter nur Zahnärzte oder andere Heilberufsangehörige sein können. Zudem muss nach einigen länderrechtlichen Regelungen gewährleistet sein, dass die Gesellschaft verantwortlich von einem Zahnarzt geleitet wird.
Die Kapitalgesellschaft ist nicht Mitglied der Kammer, sondern der IHK. Bei ihr angestellte Zahnärzte haben allerdings als Kammermitglieder die Berufsordnung unmittelbar zu beachten. Unter den Voraussetzungen des § 95 Abs. 1 SGB V kann die Kapitalgesellschaft auch eine Zulassung als MVZ erhalten und damit an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen.
###more### ###title### Ausblicke in die Zukunft ###title### ###more###
Ausblicke in die Zukunft
Zu erwarten ist, dass es in Zukunft aufgrund verstärkter Konzentrationsprozesse zu immer größeren Versorgungszentren mit einem immer mehr diversifizierten Behandlungsspektrum in städtischen Ballungsräumen kommen wird. Die Anzahl von im Anstellungsverhältnis beschäftigten Zahnärztinnen und Zahnärzten wird dadurch steigen, die der selbstständig in eigener Praxis tätigen weiter zurückgehen. Diese Entwicklung wird auch zulasten der Versorgung in der Fläche erfolgen, wie wir sie heute noch für selbstverständlich halten. Ob zu erwartende Maßnahmen einer gesundheitspolitischen Gegensteuerung erfolgreich sein werden, wird man abwarten müssen.
Die Einzelpraxis oder kleinere BAG wird diesem Konkurrenzdruck zwar ausgesetzt sein, ihre Daseinsberechtigung und Überlebenschance im Hinblick auf das vom Patienten gewünschte Vertrauensverhältnis und die Individualität der (Zahn-)Arzt- Patienten-Beziehung aber nie verlieren. Bei der Versorgung „in der Fläche“ wird sie auch in Zukunft konkurrenzlos sein. Verstärkte Aufgabe der Körperschaften wird es sein, der jungen Generation Mut zur eigenen Niederlassung zu machen, indem die darin liegenden Chancen in den Vordergrund gestellt werden.
Ass. jur. Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der Ärztekammer des Saarlands – Abteilung Zahnärzte – und Autor des zweiten Beitrags der Broschüre „Der Weg in die Freiberuflichkeit“.