Abschiebung trotz Attest
„Beschleunigte Verfahren für bestimmte Gruppen von Asylbewerbern und ein ausgesetzter Familiennachzug für einen Teil der Flüchtlinge“ – so fasst die Regierung zusammen, was in dem Paket beschlossen wurde. Generell geht es darum, die Anerkennungsverfahren rascher abzuwickeln und Abschiebungen zu erleichtern. Ein schlechter Gesundheitszustand stellt dabei künftig nur noch bedingt ein Abschiebungshindernis dar: Da abgelehnte Asylbewerber oftmals ärztliche Atteste vorlegen, um ihre Abschiebung zu verhindern, gelte es, diesen Missbrauch zu verhindern.
Deshalb könne künftig auch abgeschoben werden, wenn die medizinische Versorgung im Zielstaat nicht gleichwertig mit der Versorgung in Deutschland ist. Berücksichtigt werden sollen nur noch lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern. „Die Erkrankung muss künftig durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht werden“, heißt es im Gesetzvorhaben. Ausgenommen davon ist die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als psychische Erkrankung. Weil die Überprüfbarkeit derartiger Diagnosen die Rückführung verzögere, soll der Asylantrag auch dann abgelehnt werden können, wenn Flüchtlinge auf eine psychische Krankheit wie die PTBS verweisen.
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Ärzte fordern genug Zeit für die Untersuchungen
Die Bundesärztekammer (BÄK) kritisiert den Gesetzentwurf. In einer Stellungnahme verdeutlicht sie ihre Befürchtungen, dass sich mit dem Gesetz auch die Rahmenbedingungen für medizinische Untersuchungen verschlechtern. Ärzte müssten auch in einem beschleunigten Asylverfahren genug Zeit haben, um Asylsuchende auf körperliche und seelische Krankheiten hin zu untersuchen und die erforderliche Bescheinigung auszustellen. „Im Herkunftsland, in dem das Trauma gesetzt wurde, wird es kaum die Voraussetzungen für eine erfolgreiche medizinisch-somatische, psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung geben“, heißt es von der BÄK.
Sie hebt zudem hervor, dass für medizinische Gutachten, Stellungnahmen und Untersuchungen von Flüchtlingen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren und vor der Abschiebung ausschließlich Ärzte und Psychotherapeuten zu beauftragen seien, die über eine entsprechende Qualifikation verfügen. Hierfür müssten die Ressourcen des öffentlichen Gesundheitsdienstes an den stark gestiegenen Bedarf angepasst werden, fordert die BÄK. Auch die Notwendigkeit qualifizierter ärztlicher Bescheinigungen, mit denen glaubhaft gemacht werden soll, dass eine Abschiebung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, sieht sie kritisch. „Ohne Sprachverständigung wird es nicht möglich sein, eine ärztliche Bescheinigung nach den genannten Kriterien zu erstellen.“ Daher weist sie darauf hin, dass genügend qualifizierte Dolmetscher vorhanden sein müssen, um diese Bescheinigung auch zu erstellen.Dass eine schwere Erkrankung wie eine PTBS nicht vor Abschiebung schützt, hält sie für fragwürdig. Es müsse sichergestellt werden, dass unter die Begrifflichkeit der „lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung“ auch psychische Krankheiten subsumiert werden können.