Repetitorium Osteoporose

Wenn der Knochen schwindet

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Im Alter überwiegt der Knochenabbau – Neubildung und Dichte nehmen ab. Übersteigt der Rückgang der Knochenmasse das normale Maß, liegt eine Osteoporose vor. Diese geht mit einem erhöhten Frakturrisiko einher. Für die zahnärztliche Praxis ist in puncto Osteoporose vor allem das Risiko einer Bisphosphonat-assoziierten Kiefernekrose relevant.

Von einer Osteoporose ist auszugehen, wenn der Verlust an Knochenmasse das physiologische Maß von 0,5 bis ein Prozent pro Jahr übersteigt. Bei Menschen mit manifester Osteoporose kann der Knochenschwund sogar bis zu sechs Prozent pro Jahr betragen. Die Osteoporose stellt eine systemische Skeletterkrankung dar, die nicht nur mit einer Verringerung der Knochendichte einhergeht, sondern auch mit einer massiven Veränderung der Mikrostruktur des Knochens. Der Knochen wird dadurch fragil, was das erhöhte Frakturrisiko bereits bei Bagatelltraumen erklärt.

Klassifizierung

Zu differenzieren ist zwischen der primären und der sekundären Osteoporose. Die primäre Krankheitsform manifestiert sich überwiegend als postmenopausale Osteoporose, betrifft aber auch Männer im höheren Lebensalter. Die sekundäre Krankheitsform tritt dagegen altersunabhängig auf und ist assoziiert mit Erkrankungen wie einem Typ-1-Diabetes oder einer rheumatoiden Arthritis oder Störungen des Hormonhaushalts wie beispielsweise einer Schilddrüsenüberfunktion oder aber Folge einer Behandlung mit Kortikoiden oder Antihormonen.

Entsprechend den Angaben in der Leitlinie zur Osteoporose des Dachverbands Osteologie e.V. (DVO) liegt laut einer WHO- Definition eine Osteoporose vor, wenn der Knochenmineralgehalt bei einer Knochendichtemessung an der Lendenwirbelsäule und/oder am proximalen Femur um mindestens -2,5 Standardabweichungen (T-Score) vom Mittelwert einer 20- bis 29-jährigen Frau abweicht und andere Ursachen ausgeschlossen wurden.

Als Konsequenz des Knochenschwunds und der veränderten Mikroarchitektur des Knochens resultiert eine gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöhte Rate an Knochenbrüchen bei der Osteoporose. Betroffen sind überproportional häufig die Wirbelkörper sowie der Unterarm und der Oberschenkelhalsknochen.

Durch die Osteoporose-bedingten Frakturen kommt es zu zum Teil erheblichen akuten wie auch chronischen Schmerzen sowie zu einer eingeschränkten Mobilität und damit zu einer relevanten Reduktion der Lebensqualität. Sowohl die peripheren Frakturen wie auch die Wirbelkörperfrakturen gehen bei Frauen und Männern laut DVO-Leitlinie mit einer erhöhten Mortalität einher. Der Mortalitätsanstieg ist im ersten Jahr nach der Fraktur am höchsten. Eine niedrige Knochendichte ist zudem mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert, wobei die Kausalität dieses Phänomens nicht geklärt ist.

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Risikofaktoren

Bei Frauen wie Männern nimmt das Osteoporoserisiko mit steigendem Lebensalter zu. Nach der Menopause ist der Anstieg bei Frauen sogar so ausgeprägt, dass von einer postmenopausalen Osteoporose die Rede ist. Niederschlag findet die zunehmende Inzidenz in einer vermehrten Frakturhäufigkeit. So steigt die Inzidenz von Hüftfrakturen nach DVO-Angaben bei Männern und Frauen zwischen dem 50. und dem 90. Lebensjahr um das Zwei- bis Vierfache pro Dekade. Die Inzidenz von Wirbelkörperfrakturen verdoppelt sich in etwa pro Dekade bei Männern und Frauen. Die Häufigkeit von Wirbelkörperfrakturen verdoppelt sich parallel dazu ebenfalls. Frauen sind zudem stärker gefährdet als Männer, die Inzidenzen von Wirbelkörperfrakturen, Hüftfrakturen und auch insgesamt von klinischen Frakturen sind laut DVO bei Männern in einem Alter von 60 und mehr Jahren nur etwa halb so hoch wie bei gleichaltrigen Frauen.

Dabei ist das Lebensalter als Frakturrisiko unabhängig von klinischen Risikofaktoren wie einer Immobilisation oder multiplen Stürzen, die ebenfalls mit dem Alter zunehmen und mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Knochenbrüche einhergehen. Weitere Risikofaktoren für das Auftreten von Osteoporose-assoziierten Frakturen sind

  • eine eingeschränkte Handgriffsstärke,

  • Nikotinkonsum,

  • das Vorliegen einer COPD,

  • ein niedriges Körpergewicht mit einem Body-Mass-Index unter 20 kg/m2

  • ein Vitamin-D- und Kalziummangel,

  • eine hohe Homozystein-Serumkonzentration,

  • eine Hyponatriämie.

Das individuelle Frakturrisiko wird dabei maßgeblich von der Zahl, der Ausprägung und den Interaktionen der jeweiligen Einzelfrakturrisikofaktoren eines Patienten bestimmt.

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Behandlungsempfehlungen

Für Patienten mit manifester Osteoporose, die keine spezifische medikamentöse Behandlung erhalten, wird in den DVO- Leitlinien als Basistherapie die Zufuhr von 1.000 mg Kalzium täglich mit der Nahrung empfohlen. Wird diese Kalziumzufuhr mit der Ernährung nicht erreicht, so wird zur Supplementierung von 800 bis 1.000 Einheiten Vitamin D3 täglich geraten.

Eine spezifische medikamentöse Therapie ist angezeigt bei Patienten mit manifester Osteoporose und bereits erfolgter Fraktur respektive hoher Risikokonstellation. Dabei ist für verschiedene Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen eine Reduktion des Frakturrisikos bei der Osteoporose belegt worden. Dazu gehören Antiresorptiva wie die Bisphosphonate mit mehreren Vertretern wie Alendronat, Ibandronat, Risedronat und Zoledronat. Auch Kalzitonin gehört zu den Wirkstoffen, die die knochenabbauende Wirkung der Osteoklasten hemmt.

Den Aufbau von Knochensubstanz fördern hingegen Substanzen wie Parathormon und Teriparatid. Außerdem sind Raloxifen und Strontiumranelat zur Therapie zugelassen. Die Präparate könnten entsprechend den Angaben in der Leitlinie die Rate an Wirbelkörperfrakturen über drei Jahre in vergleichbarem Umfang reduzieren.

Eine knochenschützende Wirkung haben ferner die Östrogene, was den Anstieg des Osteoporoserisikos nach der Menopause erklärt. Die alleinige Frakturprävention ist dabei keine Indikation für eine Hormonersatztherapie in der Postmenopause, wie Experten betonen. Werden Frauen jedoch aufgrund vasomotorischer Beschwerden in und nach den Wechseljahren mit Östrogenen behandelt, besteht auch eine knochenschützende Wirkung.

Mit Denosumab ist ferner ein monoklonaler Antikörper aus der Gruppe der RANK- Ligand-Inhibitoren zur Therapie der Osteoporose verfügbar. Da RANKL (Receptor Activator of NF-κB Ligand) die Umwandlung von Vorläuferzellen in die knochenabbauenden Osteoklasten steuert, bewirkt die Inhibition des Signalwegs eine Hemmung des weiteren Knochenabbaus. Zum Therapiemanagement sollte auch eine adäquate psychosoziale Betreuung der Patienten nach Stürzen und Frakturen gehören.

Dabei sollte den Betreffenden insbesondere eine übertriebene Angst vor weiteren Ereignissen genommen und so der drohende Teufelskreis aus einer zunehmenden Mobilitätseinschränkung und Immobilisierung sowie einem dadurch bedingten erhöhten Frakturrisiko durchbrochen werden. Hilfreich kann es in dieser Hinsicht sein, den Patienten den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe zu vermitteln.

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Osteoporose- und Frakturprophylaxe

Das Osteoporose- wie auch das Frakturrisiko lassen sich durch praktisch alle Maßnahmen minimieren, die die Knochenstabilität verbessern. Dazu gehören der Verzicht auf Nikotin sowie eine regelmäßige körperliche Aktivität vor allem mit dem Ziel der Besserung der Muskelkraft und der Koordination. Die sportlichen Aktivitäten sollten dem individuellen funktionellen Status angepasst werden. Phasen der Immobilisation sind – soweit möglich – zu vermeiden. Außerdem ist bei Erkrankungen, die einer Kortikoidtherapie bedürfen, die eingesetzte Steroiddosierung so niedrig wie entsprechend der Krankheitsaktivität vertretbar zu wählen.

Ab einem Alter von 70 Jahren wird in den DVO-Leitlinien eine jährliche Sturzanamnese empfohlen. Ergibt sich ein erhöhtes Risiko, ist eine gezielte Sturzprophylaxe indiziert. Es geht dabei zum Beispiel um die Beseitigung von Stolperfallen in der Wohnung sowie um die Optimierung der Lichtverhältnisse einschließlich eines Nachtlichts zur besseren Orientierung beim nächtlichen Aufstehen. Besteht ein hohes Sturzrisiko, sind eine Abklärung der Ursachen und eine Therapie der vermeidbaren Sturzursachen angezeigt. Außerdem können Hilfsmittel wie etwa der Einsatz von Hüftprotektoren ratsam sein.

In den Leitlinien wird ferner darauf hingewiesen, dass auch ein Vitamin-D-Defizit, das häufig bei älteren Menschen nachzuweisen ist, Stürze begünstigt. Eine Supplementierung mit 800 bis 1.000 IE Vitamin D3 täglich führte dabei Studien zufolge bei älteren Männern und Frauen zu einer deutlichen Reduktion der Sturzhäufigkeit. Allerdings erfolgte in einigen Studien parallel zur Vitamin-D-Supplementierung auch eine Kalziumgabe.

Zu den allgemeinen prophylaktischen Maßnahmen im Hinblick auf eine Osteoporose und ein erhöhtes Frakturrisiko gehören ferner die Vermeidung von Untergewicht, eines Kalzium- und auch eines Vitamin-D- Mangels. Letzterer kann gefördert werden durch häufige Diäten, reichlichen Kaffeegenuss, Alkohol- und Nikotinkonsum sowie einen Missbrauch von Abführmitteln und eine extrem phosphatreiche Nahrung (reichlich Softdrinks). Ebenso tragen eine mangelhafte prothetische Versorgung zur Malnutrition und damit zu einem Kalziummangel bei.

Die Experten empfehlen Frauen und Männern ab dem 60. Lebensjahr generell eine tägliche Gesamtzufuhr von circa 1.000 mg Kalzium. Ist nicht gesichert, dass dies mit der Nahrungsaufnahme (siehe Kasten) realisiert wird, so ist eine Supplementierung zu erwägen. Dies gilt analog für Vitamin D, wenn nicht durch eine adäquate Sonnenlichtexposition von Gesicht und Armen für täglich etwa 30 Minuten eine ausreichende Versorgung gewährleistet werden kann. Die Leitlinien empfehlen folgerichtig eine medikamentöse Supplementierung mit 800 bis 1.000 Einheiten Vitamin D3 täglich bei Personen mit einem hohen Sturz- und/oder Frakturrisiko mit einer geringen Sonnenlichtexposition.

###more### ###title### Nebenwirkung Kiefernekrose ###title### ###more###

Nebenwirkung Kiefernekrose

Das Auftreten einer Nekrose des Kieferknochens ist eine seit Jahren bekannte potenzielle Nebenwirkung der Behandlung mit Bisphosphonaten. Hierbei handelt es sich um Wirkstoffe, die den Knochenabbau hemmen. Sie inhibieren die knochenabbauenden Osteoklasten und bewirken damit eine Reduktion der Knochenresorption. Indiziert sind Bisphosphonate bei einer pathologisch erhöhten Knochenabbaurate, wie sie im Fall einer Osteoporose gegeben ist, sowie bei Patienten mit Knochenmetastasen zum Beispiel als Folge eines Mamma- oder eines Prostatakarzinoms sowie beim Multiplen Myelom. Warum als Folge der Therapie eine Kieferosteonekrose auftreten kann, ist nicht genau bekannt. Als Ursache vermutet wird, dass nicht nur die Osteolyse durch die Wirkstoffe gehemmt wird, sondern in gewissem Maß möglicherweise auch die Aktivität der Osteoblasten, die für den Knochenaufbau und damit für die Knochenregeneration verantwortlich zeichnen.

Besonders häufig sind mit einer Prävalenz von 18 Prozent dieser Nebenwirkung Tumorpatienten betroffen. Allerdings reagieren auch 0,1 Prozent der Osteoporose-Patienten unter Bisphosphonaten mit einer Osteonekrose auf die Medikation. Der Unterschied in der Prävalenz kann möglicherweise darin begründet sein, dass die Bisphosphonat-Dosierung bei Krebspatienten üblicherweise deutlich höher ist als bei Patienten mit Osteoporose. Generell ist zudem das Risiko bei der intravenösen Applikation der Bisphosphonate höher als bei der oralen Gabe. Es steigt zudem mit zunehmender Behandlungsdauer. Auch unter Denosumab ist ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Osteonekrose beschrieben.

Um die Gefahr des Auftretens einer Bisphosphonat-assoziierten Kiefernekrose zu minimieren, sollte vor Aufnahme der Behandlung eine zahnmedizinische Beurteilung erfolgen. Dabei ist zu klären, ob vor der Aufnahme der medikamentösen Behandlung eine zahnmedizinische Sanierung erforderlich ist. Patienten mit Zahnersatz sollten hinsichtlich potenzieller Druckstellen untersucht werden und es sollten restaurative Behandlungen an erhaltungswürdigen Zähnen erfolgen. Das Intervall zwischen der Zahnsanierung und der Aufnahme der Bisphosphonat-Behandlung sollte mindestens 14 Tage betragen und die Patienten sind unbedingt über das Risiko der Entwicklung einer Kiefernekrose, die Bedeutung einer sehr sorgfältigen Mundhygiene und die Notwendigkeit regelmäßiger zahnmedizinischer Kontrolluntersuchungen aufzuklären.

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