Röntgenologischer Zufallsbefund

Ossifizierte Lymphknoten als Folge einer TBC

Korbinian Benz
,
Jochen Jackowski
,
Thomas Deitmer
Bei einer Schmerzpatientin wurden per Zufallsbefund ossifizierte Lymphknoten infolge einer früheren TBC-Erkrankung festgestellt. Der Fall zeigt, dass der Zahnarzt auch pathologische Prozesse in der Umgebung von knöchernen Strukturen des Mund-Kiefer-Gesichtsbereichs beachten und einer zielgerichteten radiologischen Diagnostik zuführen muss.

Eine 49-jährige Patientin stellte sich in der Schmerzambulanz zur weiteren Therapie vor. Aufgrund einer submukösen Abszedierung in regio 045 und eines Wurzelrestes in regio 027 wurde ein Orthopantomogramm zur weiteren Diagnostik angefertigt (Abbildung 1).

Dabei imponierten neben der periradikulären Aufhellung in regio 045 mehrere unregelmäßig angeordnete, wolkige, begrenzte Strukturen im Bereich des rechten und linken aufsteigenden Unterkieferastes. Außerdem waren unterhalb des rechten Ramus mandibulae in Höhe des Os hyoideum und im Bereich des linken Ligamentum stylomastoideum röntgenopake Strukturen sichtbar. Anamnestisch berichtete die Patientin von einer abgelaufenen Tuberkulose der Speicheldrüsen im Kindesalter, deren Spätfolgen im Sinne von Kalzifizierungen anhand der radiologischen Befunde palpiert werden konnten.

Zur genauen räumlichen Zuordnung der Verschattungen unterhalb der Incisurae semilunares wurde eine dentale digitale volumentomografische Untersuchung durchgeführt (Abbildungen 2 bis 4).

Diskussion

In der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde kommt den röntgenologischen Zufallsbefunden ein hoher Stellenwert zu, weil pro Orthopantomogramm durchschnittlich 3,9 pathologische Befunde erhoben werden können [Meyer-Oswald, 1981]. Die Einschränkungen einer Panoramaschichtaufnahme liegen in der fehlenden räumlichen Auflösung, in diskreten Artefakten bei Dichtesprüngen (Burn-out Effekt) und in Überlagerungen von knöchernen Strukturen.

In der konventionellen radiologischen Dia-gnostik erkennbare pathologische Veränderungen mit einer weitergehenden Notwendigkeit der Abklärung stellen eine mögliche Indikation für die 3-D-Röntgendiagnostik dar [AWMF, 2013].

Es gibt eine Reihe möglicher ursächlicher Veränderungen, die als rundliche, kalkdichte Strukturen in der 2-D-Summationsaufnahme auftreten können. Neben Sialolithen (Abbildung 5) und Tonsillolithen werden auch Plaquebildungen des extrakraniellen Carotisstromgebiets sichtbar. Weitere mögliche solitäre oder multiple Strukturverdichtungen können Rhinolithen, Phlebolithen (Abbildung 6), Fremdkörper in den Weichteilen und technische Artefakte sein [Beyer, Herzog et al., 1987; Caldart, Adriano et al., 2007]. Degenerative Gewebeveränderungen werden durch Einlagerung von Mineralsalzen ebenfalls als Verschattungen erkennbar. Vor allem im Unterkiefer sind oftmals idiopathisch-sklerotische beziehungsweise hyperdense Knochenzonen ohne klinische Symptomatik in enger Lagebeziehung zu Zähnen zu diagnostizieren.

Für die Darstellung von Lymphknoten oder Speichelsteinen stellt die Sonografie die Methode der Wahl dar. In der Regel ist keine Abgrenzung zu weichgeweblichen Strukturen möglich. Dies muss bei kalzifizierenden Metastasen oder hartgewebebildenden Neoplasien (wie Osteosarkome) berücksichtigt werden. Um eine eindeutige Zuordnung zu den umgebenden Weichgewebe-strukturen gewährleisten zu können, sollte eine 3-D-Summationsaufnahme (DVT, CT) durchgeführt werden.

Die Tuberkulose der Speicheldrüsen ist ein seltenes Krankheitsbild [Dangore-Khasbage, Bhowate et al., 2015] und zeigt exemplarisch auf, dass auch pathologische Prozesse in der Umgebung von knöchernen Strukturen des Mund-, Kiefer-Gesichtsbereichs beachtet und in der Folge einer zielgerichteten radiologischen Diagnostik zugeführt werden müssen.

Damit steigen auch die diagnostischen Anforderungen an den Zahnarzt, der ein DVT befundet und Abweichungen vom normalen Erscheinungsbild einer pathologischen Entität zuordnen muss.


Fazit für die Praxis

• Asymptomatische Ossifizierungen der Lymphknoten, des Pharynx, der Speicheldrüsen und des vaskulären Systems können sich in der Panoramaschichtaufnahme als Zufallsbefunde darstellen.

• Im Sinne eines Stufenkonzepts folgt nach einer radiologischen Basisuntersuchung mittels Panoramaschichtaufnahme eine befundbezogene Untersuchung zur gezielten Abklärung mithilfe des DVT oder eine weiterführende Untersuchung mit einem CT.

• Bei der Indikationsstellung zur Anfertigung eines DVT ist zu bedenken, dass der erwartete diagnostische Vorteil für den Patienten gegenüber den möglichen Risiken der Röntgenstrahlung überwiegen muss.

• Bisher ist die Evidenz-basierte wissenschaftliche Datenlage zur diagnostischen Wertigkeit des DVT in der täglichen Routine begrenzt.


Im vorliegenden Patientenfall war es aufgrund der Anamnese nicht notwendig, weiterführende Untersuchungen (Exzisionsbiopsie) anzuordnen, weil es sich um ossifizierte parotideale Lymphknoten als Folge einer Tuberkulose handelte.

Dr. Korbinian Benz, Prof. Dr. Jochen Jackowski, Abteilung für ZÄ Chirurgie und Poliklinische Ambulanz

Department für ZMK Fakultät für Gesundheit Universität Witten / Herdecke

Alfred-Herrhausen-Str. 44, 58455 Witten

Prof. Dr. Thomas Deitmer, Klinik für HNO-Heilkunde

Klinikum Dortmund-Mitte, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Münster

Beurhausstraße 40, 44137 Dortmund

Dr. med. dent. Korbinian Benz

Abteilung für Zahnärztliche Chirurgie und Poliklinische Ambulanz
Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Fakultät für Gesundheit
Universität Witten/Herdecke
Alfred-Herrhausen-Str. 50
58448 Witten
und
CesER, Standort ZBZ
Alfred-Herrhausen-Strasse 45
58455 Witten

Dr. Jochen Jackowski


Abteilung für ZÄ Chirurgie und Poliklinische Ambulanz
Department für ZMK Fakultät für Gesundheit Universität Witten / Herdecke
Alfred-Herrhausen-Str. 44,
58455 Witten \r\n

Prof. Dr. Thomas Deitmer

Klinik für HNO-Heilkunde
Klinikum Dortmund-Mitte, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Münster
Beurhausstraße 40,
44137 Dortmund

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