Aus der Krise zurück in die Erfolgsspur
„Das Schwierigste war, mir einzugestehen, dass etwas nicht richtig läuft!“
Zuerst gingen die Umsatzzahlen zurück – deutlich wurde das unter anderem über Praxisstatistik und die BWA. Es war ein langer Zeitraum und schleichender Prozess, circa drei Jahre, vielleicht noch länger. Als Konsequenz wurde der Kontokorrent belastet, die Liquidität war knapp. Es gab zwar immer wieder Phasen kurzfristiger Erholung, aber keine nachhaltige Besserung. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Versuch gegenzusteuern darin, Investitionskredite tilgungsfrei zu setzen, dadurch besserte sich die Liquidität langfristig aber auch nicht. Nachdem mir die Bank gesagt hatte „Sie müssen etwas tun!“, suchte ich mir Hilfe von außen von einem Beratungsunternehmen. Diese innere Bereitschaft musste erst in mir reifen, denn das Schwierigste war es, mir einzugestehen, dass etwas nicht so richtig läuft, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Man weiß es irgendwie, schiebt die Dinge aber immer von links nach rechts und merkt, dass sich nicht wirklich etwas bewegt. Aber sich darüber klar zu werden – das ist einfach ein Prozess, das geht nicht von heute auf morgen. Am Ende bedeutet es ja: Du machst irgendetwas falsch. Du musst grundlegend etwas ändern und kannst das auch nicht alleine schaffen, sondern du benötigst die Hilfe anderer.
Die Berater untersuchten dann verschiedene (wirtschaftliche) Bereiche der Praxis wie etwa Fallzahlen, Personalkosten, das Abrechnungs-Prozedere, Ressourcen im Laborbereich, gaben auch direkte Schulungen und deckten Lücken auf. Zudem wurden auch die Patienten gezielt befragt, die Website überarbeitet und die Materialkosten überprüft. Heute sehe ich die damalige Krise als Wendepunkt an. Es war die Chance, etwas grundlegend zu verändern und zum Besseren zu führen. Ich kann jetzt sogar früher in den Ruhestand gehen als geplant.
Mein Rat: Wenn man merkt, dass es nicht mehr rund läuft – grundsätzliches Ausmisten tut gut, ist immer ein Schritt nach vorn. Und: Vor allem von außen überprüfen lassen – man steht sich selbst im Weg, sieht die Dinge einfach nicht. Die Kosten? Ich habe in meinem Leben für wesentlich unsinnigere Dinge sehr viel mehr Geld ausgegeben.
anonym
„Wir mussten einsehen, dass das Haus nicht mehr ’passte’.“
„Der Standort spielt überhaupt keine Rolle. Ganz egal, wo Sie sind, wenn Sie gut sind, finden die Menschen Sie!“ Lange ist es her, dass ich diese Worte in einem Fortbildungsseminar vernommen habe. Wenn mir damals jemand vorausgesagt hätte, dass ich zweimal mit der Praxis umziehen würde und dies aufgrund eines Eigentümerwechsels, ich hätte es nicht geglaubt.
Zehn Jahre schien unsere dentale Welt in Ordnung. Eine trügerische Sicherheit, in Zeiten eines tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandels. Im März 2014 fand ein überraschender Eigentümerwechsel der Praxisimmobilie statt. Bereits nach kurzer Zeit stellten wir die ersten Veränderungen fest: Direkt unter einem Prophylaxezimmer wurde für die Eigentümerin und die neuen Mieter eine Raucherecke eingerichtet, die anfänglich von Einzelpersonen frequentiert, im Laufe der folgenden Monate aber von immer größeren Rauchergruppen aufgesucht wurde – und zwar auch vor dem Haupteingang, unter den Behandlungszimmern, im Hausflur. Zusätzlich zu überquellenden Aschenbechern fand sich sonstiger Müll in der Praxisumgebung.Zudem wurden einzelne Stellplätze unserer Patienten zugeparkt, es kam zu einer schleichenden Verunreinigung des Hauses von innen und außen. Nach dem Eigentümerwechsel begann auch die Vermietung der Büroräume an Dritte, die nicht zum Geschäftsmodell einer Zahnarztpraxis passen (Kleiderkammer, Zumba-Kurse). Wir mussten einsehen, dass das Haus nicht mehr „passte“. Doch das Schlimmste war die Erkenntnis, dass es vorbei ist und es keine Zukunft in der alten Immobilie gibt. Obwohl aktuell keine Notwendigkeit für eine Entscheidung vorhanden war (langfristiger Mietvertrag), galt es, die Dringlichkeit der Problemlösung zu erkennen und eine Alternative zu suchen. Konkret geholfen hat mir die aktive Unterstützung meines Teams und die professionelle Beratung bei einem Spezialanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht. Mit ihm haben wir bereits eine Strategie erarbeitet, die Praxisräume zu verlassen.
Im Nachhinein denke ich, die Krise hat uns die Chance geboten, unser Praxiskonzept einer angst- und stressfreien Zahnarztpraxis – aufbauend auf den Erkenntnissen der vergangenen zehn Jahre – in den neuen Räumlichkeiten zu realisieren und weiterzuentwickeln. Mein Resümee: Der Standort spielt keine Rolle, sondern wer Eigentümer und Verwalter einer Praxisimmobilie ist.
Dr. Gabriele Marwinski, Bochum