Gehirn besteht zu 0,5 Prozent aus Nanoplastik
Forschende der University of New Mexico Health Sciences in Albuquerque haben Mikroplastik im menschlichen Gehirn in viel höheren Konzentrationen als in anderen Organen gefunden.
So berichtet das Team unter der Leitung des Toxikologen Prof. Matthew Campen, dass die Plastikkonzentration im Gehirn deutlich höher erschien als in Leber, Niere, Plazenta oder Hoden. Aktuell hat jeder US-Amerikaner mittleren Alters im Schnitt etwa 6 Gramm Plastik in seinem Denkorgan – das sind 0,5 Prozent der Hirnmasse.
Demenzkranke haben über 30 Gramm im Gehirn
Das Gehirngewebe von Menschen, bei denen Demenz diagnostiziert wurde, wies sogar bis zu 10-mal so viel Plastik auf wie das des durchschnittlichen US-Bürgers, sagte Campen. Demenzkranke haben über 30 Gramm im Gehirn.
Darüber hinaus beobachteten die Wissenschaftler, dass ein Großteil des Plastiks viel kleiner ist als bisher angenommen – die Werte liegen demnach im Nanometerbereich. Das heißt, die Teilchen sind etwa zwei- bis dreimal so groß wie Viren und damit klein genug, um die Blut-Hirn-Schranke zu passieren. Wie sie tatsächlich ins Gehirn transportiert werden, sei indes noch unklar.
Am häufigsten fand man Polyethylen
Für die Studie untersuchte das Team Hirngewebeproben aus dem frontalen Cortex, die vom New Mexico Office of the Medical Investigator gespendet wurden. Dabei wurden 28 Proben von 2016 mit 24 Proben von 2024 verglichen. Zusätzlich wurde das Gewebe von 12 Menschen analysiert, die vor dem Tod eine Demenz hatten.
Plastik in unserer Welt
Wurden 1950 etwa 1,5 Millionen Tonnen Platik pro Jahr produziert, sind es heute ungefähr 400 Millionen Tonnen. Rund 50 Millionen Tonnen pro Jahr landen davon in der Umwelt. Dort zerbröselt es zu Mikro- und Nanopartikeln, die dann über die Luft, das Wasser und die Nahrung wieder zu uns zurückfinden. Doch auch das in Verwendung befindliche Plastik in unserer Umgebung kann uns durch Abrieb, Zerfall oder als Zusatz in Kosmetika mit kleinsten Teilchen belasten.
Die Forscher nutzten dafür die sogenannte Pyrolyse-Gaschromatografie-Massenspektrometrie und die Transmissionselektronenmikroskopie. Die Technik erkannte und quantifizierte 12 verschiedene Polymere. Am häufigsten fand man Polyethylen, das für Folien und Flaschen verwendet wird. Es machte 40 bis 65 Prozent des Kunststoffs in Leber und Niere aus, im Gehirn sogar 75 Prozent.
Dabei bleibt unklar, welche Auswirkungen Kunststoff, der als biologisch träge gilt und in medizinischen Anwendungen wie Herzstents und künstlichen Gelenken Verwendung findet, haben könnten, sagte Campen.
Das Gros gelangt durch Fleisch in den Körper
„Wir glauben, dass diese Kunststoffe den Blutfluss in Kapillaren behindern“, sagt Campen. „Diese Nanomaterialien stören die Verbindungen zwischen Axonen im Gehirn. Sie könnten für die Aggregation von Proteinen verantwortlich sein, welche an Demenz beteiligt sind. Wir wissen es einfach nicht.“
Er vermutet, dass das meiste Mikroplastik im Körper durch Lebensmittel aufgenommen wird – vor allem durch Fleisch, da das Futter in der kommerziellen Fleischproduktion stark kunststoffbelastet ist.
Das Studiendesign kann allerdings nicht zeigen, ob höhere Konzentrationen von Kunststoff im Gehirn die Demenzsymptome auch verursacht haben, sie könnten sich auch aufgrund des Krankheitsprozesses selbst einfach mehr ansammeln.
Durch die neuen Erkenntnisse könnte das Thema aber endlich Aufmerksamkeit bekommen, betont Campen. „Ich habe noch keinen einzigen Menschen getroffen, der sagt: “Es gibt einen Haufen Plastik in meinem Gehirn und ich bin total cool damit."
Nihart, A.J., Garcia, M.A., El Hayek, E. et al. Bioaccumulation of microplastics in decedent human brains. Nat Med (2025). doi.org/10.1038/s41591-024-03453-1