Wie behandle ich meine Mitarbeiter wertschätzend?
Die ersten drei Teile meiner Kolumne haben sich intensiv mit der „Arbeitgeberattraktivität“ und der „Herausforderung Mitarbeiter“ beschäftigt. In der Theorie schön und gut, aber wie sieht es mit der Operationalisierbarkeit aus?
Zunächst möchte ich Ihnen einige Tools aus der klassischen Wirtschaft vorstellen:
Employee Awareness: um Marketing und Zufriedenheit sicherzustellen
Mitarbeiterbefragungstools: um ein valides Bild der eigenen Stärken und Schwächen zu bekommen und/oder im Idealfall ein Zertifikat als Top-Arbeitgeber zu erhalten
regelmäßiger Austausch mit den eigenen Mitarbeitern
Als erstes Beispiel werde ich von einem guten Freund in der Unternehmensberatung berichten – hier ist die Hege und Pflege des „Humankapitals“ besonders wichtig. Er veranstaltet in regelmäßigen Abständen mit Mitarbeitern aller Hierarchien einen sogenannten „Captain‘s Lunch“. Hierbei handelt es sich um ein informelles Mittagessen – wobei alles, was zwischen ihm und seinen Mitarbeitern besprochen wird, am Tisch bleibt und diesen nicht verlässt. Gerade in kleineren Teams ist es gut möglich, kurze fachfremde Gespräche mit den Mitarbeitern vor oder nach der Behandlungszeit für eine engere Bindung zu nutzen. Oftmals wirken sich private Umstände auf die Arbeitsleistung aus. Empathie hilft, kleine Zusammenhänge schneller zu erkennen und Situationen zu bewerten.
Als weiteres Beispiel möchte ich meinen Freund, den Zahnarzt Dr. Cyril Niederquell, zitieren:
„Initiative TOPAS (Top Ausbildungsstelle) ist eine Initiative der Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg. Dort werden in achtwöchigem Abstand verschiedene Fortbildungsveranstaltungen für Azubis angeboten. Diese werden dann vom Betrieb freigestellt und die Fortbildung kostet nur eine Schutzgebühr. Auch anderenorts gibt es regelmäßige Fortbildungen für Chefs wie ‚Harmonie macht träge‘ und Nachwuchsthemen wie ‚Umgang mit Geld‘ oder ‚Knigge für Azubis‘. Ich habe mit diesen Angeboten sehr gute Erfahrungen gemacht. Zugegeben, es kostet Zeit und manchmal auch Überwindung, aber unter dem Strich war es erfolgreich. Wir machen jetzt regelmäßig Mitarbeiterbefragungen, um den praxisinternen Mangel und Bedarf festzustellen. Hieraus setzen wir jedes Jahr konsequent die bemängelten Dinge um.“
Diese Beispiele sollen Ihnen und dem Absender der oben abgedruckten E-Mail bei der eigenen Umsetzung helfen. Dabei muss jeder seinen eigenen Stil finden und anwenden: Ein Mittagessen mit einem oder mehreren Ihrer Mitarbeiter kostet Sie in der Regel nicht viel Extra-Zeit, ist jedoch enorm wertschätzend und wird Ihnen helfen, Ihre Praxis – Ihren „Beritt“ – besser zu verstehen und besser auf Mitarbeiterthemen einzugehen. Ist Ihnen bewusst, dass Ihre Mitarbeiter mehr als eine reine Arbeitskraft und nicht maschinell zu betrachten sind, ist dies der erste Schritt der Wertschätzung. Fehler und Reibereien gehören zum Wachstum und der Entwicklung einer sozialen Struktur dazu. Ihrem Team und Ihnen sollten jedoch die Möglichkeiten der strukturierten Auseinandersetzung bekannt sein. Wie die Beispiele zeigen, beginnt die Optimierung an kleinen Stellschrauben – denken Sie nicht zu kompliziert. Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl.
Ein klassisches Beispiel, das auch schon von vielen Zahnarztpraxen seit Jahren gelebt wird und ein weiterer Punkt zur Mitarbeiterauswahl ist, ist die sogenannte Probearbeit. Lassen Sie neue Mitarbeiter ein bis zwei Tage zur Probe in Ihrem Team arbeiten und holen Sie sich anschließend ein Feedback durch die etablierten Mitarbeiter. Entscheiden Sie nach der Probearbeit und unter Berücksichtigung des erhaltenen Feedbacks, ob es sinnvoll ist, diesen Mitarbeiter zu beschäftigen.
Rechnen wir das mal durch: Wenn Sie einem Ihrer Mitarbeiter mit circa vier Jahren Berufserfahrung 1.800 Euro brutto zahlen, dann haben Sie inklusive des Arbeitgeberanteils Kosten von ungefähr 27.000 Euro im Jahr. Sie investieren sozusagen 27.000 Euro. Wie lange beschäftigen Sie sich damit, diese 27.000 Euro zu investieren? Sie werden sich selber fragen, ob es sich lohnt, den neuen Mitarbeiter zwei Tage auf Probe arbeiten zu lassen. Wie lange beschäftigen Sie sich mit einem Auto, das 27.000 Euro kostet? Wie lange beschäftigen Sie sich mit anderen Geräten, die 27.000 Euro kosten? Und hier sprechen wir von Einmalkosten, bei einem Mitarbeiter sprechen wir von Jahreskosten.
Lobe und belohne!
Schicken Sie die Mitarbeiter mit Führungsverantwortung zu Führungsseminaren, um Ihnen bewusst zu machen, wie wichtig Ihnen – als Inhaber – das Thema ist. Es gilt: Nicht die beste PA-Kraft ist die beste Führungskraft für einen Bereich, sondern diejenige mit der größten Empathie für Führungsthemen. Hier könnte man je nach Größe und Praxis eigene Evaluierungsprozesse für mögliche Führungskräfte gestalten.
Meine abschließende Empfehlung in einem Satz: Sie müssen sich die Zeit nehmen und sich mit Ihren Mitarbeitern beschäftigen. Sie müssen sich die Zeit nehmen, Ihre Mitarbeiter strukturiert weiterzuentwickeln. Es gibt dazu keine Alternative!
In diesem Sinne…
Ihr Christian Henrici