Telematikinfrastruktur

Warten auf die Industrie

Nachdem Anfang Juni die gematik ihre Freigabe erteilt hat, könnte es mit dem Online-Rollout der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) eigentlich losgehen. Könnte. Eigentlich. Die gematik jedenfalls ist startbereit. Aber wie soll der sichere Zugang zur Telematik erfolgen, wenn die Geräte dafür fehlen?

Die gute Nachricht zuerst: Die Gesellschafter der gematik haben offiziell festgestellt, dass alle erforderlichen Maßnahmen und Fristen zum Online-Rollout eingehalten wurden – Sanktionen konnte die Selbstverwaltung damit erfolgreich abwenden. Die schlechte Nachricht: Nur weil die erforderlichen Maßnahmen fristgerecht eingehalten wurden, heißt das noch lange nicht, dass der Online-Rollout auch jetzt startet.

Doch der Reihe nach: Ursprünglich hätte der Online-Rollout am 30. Juni 2016 beginnen sollen – Vertragszahnärzte und -ärzte hätten dann zwei Jahre lang Zeit gehabt, die dafür notwendigen Komponenten für ihre Praxen zu kaufen und zu installieren. Und damit sie dies auch tatsächlich innerhalb von 730 Tagen erledigen, schaffte der Gesetzgeber folgenden „Anreiz“: Gemäß E-Health-Gesetz werden diejenigen Mediziner, die bis zum 1. Juli 2018 keinen Zugang zur Telematikinfrastruktur haben, mit 1 Prozent Honorarabschlag zur Kasse gebeten. Ab diesem Zeitpunkt ist nämlich der elektronische Abgleich der Versichertenstammdaten verpflichtend.

Nun konnte der Online-Rollout aber nicht – wie geplant – am 30. Juni 2016 beginnen, da die beauftragten Unternehmen die benötigten Komponenten nicht rechtzeitig zur Verfügung stellten. Die Erprobung hat sich dadurch deutlich verzögert. Die Zeit, die Vertragszahnärzten für Anschaffung und Installation ihrer Geräte bleibt, ist damit schon auf 365 Tage geschrumpft – und das auch nur, wenn der Online-Rollout tatsächlich am 1. Juli 2017 begonnen hätte. Hat er aber nicht. Die Zeit wird also knapp.

Zugelassene Geräte fehlen

Der Grund für den erneuten Zeitverzug bleibt der alte: Wieder stehen keine Komponenten zur Verfügung. Konnektoren, Kartenterminals und sichere Zugangsdienste zur Telematikinfrastruktur nebst der erforderlichen elektronischen Praxisausweise müssen zwingend von der gematik zugelassen und zum Teil zusätzlich vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert worden sein. Sind sie es nicht, sind sie schlicht und einfach nicht geeignet. Letzteres trifft derzeit zu. Noch kein Gerät hat bislang eine Zulassung erhalten.

Was läuft hier schief? Die Industrie liefert nicht, klagen Experten. Zwar werden die Werbetrommeln schon kräftig gerührt, die angepriesenen Produkte aber nicht auf den Markt geworfen. Die gematik geht derzeit davon aus, dass erste Komponenten tatsächlich erst im Oktober oder November zertifiziert und zugelassen zur Verfügung stehen werden.

Ruhe bewahren

Und nun? Droht tatsächlich 1 Prozent Honorarabschlag, wenn Zahnärzte es nicht schaffen, bis zum 1. Juli 2018 den Zugang zur Telematikinfrastruktur nachzuweisen?

Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZBV, bleibt gelassen: „Derzeit werden Gespräche mit dem Bundesgesundheitsministerium geführt, um eine deutliche Fristverlängerung zu erwirken. Erste Signale des Gesetzgebers, die Frist bis Ende 2018 zu verlängern, gibt es bereits. Dies ist jedoch nach Einschätzung von Experten noch nicht ausreichend – die ursprünglich für die flächendeckende Ausstattung der Praxen zugebilligten 730 Tage wären auch damit nicht erreicht.“

Pochhammer empfiehlt, sich nicht durch Werbeversprechen und „Early-Bird-Preise“ unter Druck setzen zu lassen. „Warten Sie am besten, bis die Finanzierungsvereinbarung geschlossen ist. Denn entscheidend für die Höhe der Standard-Erstattungspauschale ist der Zeitpunkt der Inbetriebnahme, also der Zeitpunkt der ersten Nutzung.“nh

Fragen und Antworten zum Online-Rollout

Der Gesetzgeber hat den Aufbau einer „Telematikinfrastruktur“ vorgeschrieben. Für die Praxis müssen dafür neue technische Komponenten angeschafft und installiert werden. Mit diesen Geräten kann die Praxis online an die sichere Telematikinfrastruktur angeschlossen werden. In diesem Zusammenhang stellen sich für Vertragszahnärzte viele Fragen. Die KZBV gibt die Antworten. Wichtige Punkte haben wir zusammengefasst:

Welche Komponenten werden für den Zugang zur Telematikinfrastruktur benötigt?

Ein Konnektor muss in der Praxis installiert werden. Zudem werden die bisherigen Kartenterminals durch neue ersetzt. Weitere Komponenten wie ein elektronischer Heilberufsausweis und ein elektronischer Praxisausweis (SMC-B) sind ebenfalls erforderlich.

Kann ich die Installation selbst durchführen?

Grundsätzlich ist das möglich, aber da die Anbindung der Praxis an die Telematikinfrastruktur umfangreiche Kenntnisse über die neuen Komponenten und Dienste sowie der Netzwerktechnik erfordert, ist dieses Vorgehen nicht zu empfehlen. Eine Installation sollte vielmehr durch einen Dienstleister fachgerecht durchgeführt werden.

Werden mir die Kosten für die Komponenten erstattet, die neu angeschafft werden müssen?

Die Kosten für die Anschaffung und die Installation der neuen Komponenten sowie die Betriebskosten werden durch den GKV-Spitzenverband refinanziert. Die Erstattung der Kosten erfolgt über Ihre KZV, die dafür ein Antrags- und Änderungsverfahren anbieten wird.

Wer gibt welchen Ausweis heraus?

Der elektronische Heilberufsausweis wird bereits heute schon durch einige Zahnärztekammern, etwa im Saarland und in Westfalen-Lippe, herausgegeben. In Zukunft wird der Zahnarztausweis bundesweit durch alle Zahnärztekammern herausgegeben. Die Kammern bestätigen dabei die Berufseigenschaft. Die eigentliche Kartenproduktion und Versendung erfolgt durch Dienstleister.

Der elektronische Praxisausweis (SMC-B) wird zur Authentisierung der Praxis gegenüber den Diensten der Telematikinfrastruktur (etwa dem Versichertenstammdatendienst der Krankenkassen) und zum lokalen Zugriff auf die eGK benötigt. Erhältlich sind elektronische Praxisausweise über die zuständige KZV.

Kann ich eine vorhandene ZOD-Karte weiterhin benutzen?

Eine bereits vorhandene ZOD-Karte kann bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit weiter in der Telematikinfrastruktur benutzt werden. Die Konzeption der ZOD-Karte war von Beginn an auf diese Möglichkeit ausgerichtet, um einen verfrühten Austausch zu vermeiden. „Nachfolger“ der ZOD-Karte ist der elektronische Heilberufsausweis (HBA).

Aus der KZBV-Broschüre „FAQ-Liste zum Online-Rollout (Stufe 1), Stand: 21. Februar 2017

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