86 Prozent finden: „Arztsuchportale sollten neutral und werbefrei sein“
Deutlich mehr als die Hälfte der Bürger wünscht sich mehr wichtige und neutrale Informationen. „Das wäre auch möglich, denn die Daten sind zum größten Teil vorhanden“, erklären die Studienautoren. „Doch der deutschen Gesundheitspolitik fehlt ein Gesamtkonzept für mehr Transparenz über die Leistungen und die Ausstattungen von Arztpraxen.“ Und: „Es fehlt der politische Wille (...).“ | © Bertelsmann Stiftung- Das Autorenteam gibt darum Handlungsempfehlungen, wie der seiner Meinung nach in Deutschland notwendige Perspektivenwechsel herbeizuführen sei. Dazu gehören unter anderem folgende erste Schritte: •Die Erweiterung der Datentransparenzregelungen im SGB V für die Offenlegung der Stamm-, Struktur- und Leistungsdaten niedergelassener Ärzte •Die Verpflichtung der Vertragsärzte zur Durchführung und Veröffentlichung regelmäßiger Patientenbefragungen im Rahmen des vertragsärztlichen Qualitätsmanagements •Zugang zu den Ergebnissen und Daten aller Befragungen für das Public Reporting und Gewährleistung der Versorgungsforschung •Die Annahme, Aufbereitung und Bereitstellung der erhobenen Daten durch eine unabhängige öffentliche Institution •Gleichberechtigte Beteiligung der Kostenträger, Leistungserbringer, Patientenvertreter und Informationsanbieter bei der Entwicklung von Erhebungsinstrumenten, Qualitätsindikatoren und Datenspezifikationen © Screenshot zm
- Mehr als jeder vierte Deutsche (27 Prozent) befürchtet, aufgrund fehlender Informationen nicht den richtigen Arzt zu finden, lautet die Kernbotschaft der Bertelsmann Stiftung. Dabei richtet sich die Sorge der Befragten nicht konkret auf die Auskunft, die die Arztsuch- oder Bewertungsportale zur Verfügung stellen. © Bertelsmann Stiftung
- Denn das Internet wird als Informationsquelle erst an dritter Stelle genannt. Noch wichtiger ist den Befragten der Rat von Verwandten, Bekannten, Freunden - und dem aktuell behandelnden Arzt. © Bertelsmann Stiftung
- Die Studie der Bertelsmann Stiftung kombiniert die Ergebnisse der Befragung mit einer Arbeit des IGES-Instituts zum Thema "Public Reporting", also der zentralen Speicherung und Verfügbarmachung von vorhandenen Gesundheitsdaten. Verglichen wurde dabei die Transparenz in Deutschland, Dänemark, England, den Niederlanden und den USA. Ergebnis: Dass das Public Reporting über die ambulantärztliche Versorgung in Deutschland unterentwickelt ist, sei weniger einem Datenmangel geschuldet als Transparenzlücken: "Viele Informationen sind im System vorhanden, aber für das Public Reporting nicht oder nur eingeschränkt verfügbar." © Bertelsmann Stiftung
- Der Grund: Qualitätssicherung und -transparenz seien im Bereich der niedergelassenen Ärzte "nur unzureichend durch Gesetze und Selbstverwaltungsrichtlinien geregelt. Nur vereinzelt erstellen Praxen auf freiwilliger Basis Qualitätsberichte, deren Aufbau an die Berichte im stationären Bereich angelehnt ist." Diese stünden jedoch nicht in maschinenlesbarer Form und nicht flächendeckend zur Verfügung, und auch die von einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen veröffentlichten Qualitätsinformationen seien als Datensatz für Dritte zur Weiterverarbeitung nicht verfügbar, lautet ein Fazit der Studie. © Bertelsmann Stiftung
Mithilfe der Studie, die in Zusammenarbeit der Bertelsmann Stiftung mit dem Arztbewertungsportal „Weisse Liste“ entstand, wollten die Autoren herausfinden, wie transparent Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern mit Informationen über ambulante Ärzte umgeht und welche Informationen den Bürgern überhaupt wichtig sind, wenn sie nach einem Arzt suchen. Dazu wurden Patienten befragt, welche Informationen sie als besonders relevant empfinden.
Im zweiten Schritt wurde dann das IGES-Institut beauftragt, zu untersuchen, wie diesen Bedürfnissen in anderen Ländern durch Public Reporting Rechnung getragen wird. Ergebnis: Insbesondere die angelsächsischen Länder erweisen sich als vorbildlich.
Die wesentlichen Schlussfolgerungen aus beiden Analysen gingen am Ende in die repräsentative Befragung der Weissen Liste ein. Dazu wurden vom 23. bis 27. März von Kantar Emnid rund 1.007 Frauen und Männer über 14 Jahren befragt. Ergänzt wurde dieser Studienaufbau durch eine juristische Expertise zum Thema Datenschutz.
Hintergrund: In Planung ist laut Bertelsmann Stiftung, dass die Weisse Liste Mitte des Jahres anhand eines Prototypen aufzeigen wird, „wie eine ideale Arztsuche auf Basis der Studienerkenntnisse aussehen könnte“.
