Praxisbegehungen sind Teamaufgabe
Nachdem zu Beginn des Jahres an vielen Stellen überrascht festgestellt wurde, dass die Frist zur Umsetzung der neuen Datenschutzgrundverordnung zum 25. Mai 2018 endet, gab es drei beteiligte Gruppen:
– Zahnarztpraxen, die nach einer zeitnahen Lösung des Problems suchten,
– Behörden, die sich der Übermacht der Thematik zu stellen versuchten,
– Unternehmen, die das Ziel verfolgten, aus der Entwicklung Profit zu schlagen – mal mehr, mal weniger seriös.
Gern verweise ich hier auf die zm 4/2018, in der sich intensiv mit den Vorkehrungen zum Datenschutz auseinandergesetzt wurde.
Die Meinung vieler Experten: Eine fundierte Einschätzung der Situation auf Basis der gemachten Erfahrungen wird voraussichtlich erst Ende 2018 möglich sein. Dabei sollte jedoch nicht aus den Augen gelassen werden, dass der Datenschutz kein Selbstzweck der Behörden darstellt, sondern vielmehr dem Schutz der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger dienen soll. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Behörden der DSGVO aufgrund der vielerorts fehlenden Kapazitäten primär reaktiv begegnen. Zwei Wirtschaftsbereiche werden jedoch mit Sicherheit besonders im Fokus stehen: Finanzen & Gesundheit. Diese Bereiche arbeiten mit den sensibelsten Daten der Deutschen und bilden in der Öffentlichkeit die größte Angriffsfläche in Bezug auf mögliche Datenschutzskandale.
Ähnlich sensibilisiert sind wir, wenn es um Hygiene geht. Dass eine behördliche Überprüfung keine Jubelstürme auslöst, ist verständlich. Mitverantwortlich für das damit einhergehende mulmige Gefühl dürften auch bestehende Unsicherheiten sein. Viele Praxen wissen nicht, was sie konkret bei einer Begehung erwartet, da die Anforderungen der Prüfer breit gefächert sind. Für den Praxischef ist es zunächst wichtig, zu definieren, welche Punkte im Rahmen der Vorbereitung abgearbeitet werden müssen. Ihm obliegt es auch, dafür zu sorgen, dass sein Team vollständig über die Vorschriften informiert ist und dass jeder Mitarbeiter seine Aufgabe kennt.
Es empfiehlt sich daher, möglichst schon in der frühen Phase der Vorbereitung eine Mitarbeiterin in die Planung einzubeziehen, die zumindest mit einem Teil der Themen vertraut ist. Gibt es in der Praxis zum Beispiel einen Datenschutz- oder einen Hygienebeauftragten, sollten hier alle Fäden zusammenlaufen und entsprechend organisiert werden. Zudem können Mitarbeiterinnen, die mit einer übergeordneten Aufgabe im Zusammenhang mit dem QM-System der Praxis betraut sind, den Zahnarzt ebenfalls effektiv unterstützen. Umsichtig handelt ein Praxischef, wenn er diese Vertrauensperson bereits vor der Ankündigung einer Begehung durch Fortbildung mit umfassenden Informationen für die Aufgabe wappnet.
Welche Bereiche interessieren den Prüfer besonders? Welche Prozesse wird er sich im Detail anschauen? Wenn diese Fragen beantwortet werden können, sollten bei der Begehung oder Anhörung selbst keine großen Überraschungen mehr auftreten können. Gehen Sie genauso vor wie der Prüfer. Dieser wird bei der Inspektion von Raum zu Raum gehen, wobei jeweils unterschiedliche Punkte wichtig sind, um Risiken, gleichbedeutend bei Hygiene und Datenschutz, zu minimieren.
Auch das Spielzeug regelmäßig desinfizieren
Schon im Wartezimmer muss das Team beispielsweise darauf achten, dass die dort ausgelegten Zeitschriften den Wartebereich nicht verlassen und so Keime in die Behandlungsräume getragen werden. Ebenso sollte das Spielzeug in der Kinderecke regelmäßig desinfiziert werden. Diesen Verantwortungsbereich könnte der Zahnarzt seiner Rezeptionskraft übertragen, sofern sich der Wartebereich in der Nähe des Empfangs befindet. Gleiches gilt für den Datenschutz. Bleiben wir beim Beispiel Wartezimmer: Sie müssen garantieren können, dass Patienten keine Gespräche mit anderen Patienten an der Rezeption mithören können. Auch hier gilt es, bei allen Mitarbeitern ein entsprechendes Fachwissen und Bewusstsein zu fördern. Die Vielfalt der einschlägigen Vorschriften führt häufig dazu, dass dem Team einige davon nicht bekannt sind.
Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch Vorgänge im Rahmen der Praxisorganisation Teil der Prüfung sind. Hierzu zählt vor allem der Bereich der Dokumentation. Kann ein Praxisteam bereits im Vorfeld auf ein gut strukturiertes QM-System als Basis zurückgreifen, vereinfacht dies die Vorbereitung auf eine Begehung erheblich. Insgesamt sind vor der Praxisbegehung die Aufmerksamkeit und das Engagement des gesamten Personals nötig, um alle anfallenden Aufgaben zu erfassen und abzuarbeiten. Die Vorbereitung, der Beitrag, den jeder Mitarbeiter dazu leistet, sogar die Begehung selbst können sich somit positiv auf Zusammenhalt und Teamgeist auswirken. Für den Zahnarzt selbst birgt dies ebenfalls Chancen. Durch die systematische Kontrolle im Rahmen der Vorbereitung gewinnt er einen Überblick über alle Bereiche seiner Praxis – ein besonders wertvoller Effekt der Begehung, denn „Betriebsblindheit“ führt häufig dazu, dass Chef und Personal den Grund für eine Störung der täglichen Abläufe nicht erkennen.
Vorbereitung ist alles
Zugegeben – die Vielzahl der zu beachtenden Gesetze und Richtlinien im medizinischen Bereich haben ein erhebliches „Nervpotenzial“. Andererseits geben sie einen Rahmen mit auf den Weg, dessen Bandbreite zwar vielerorts hinterfragt und ausgelegt wird, insgesamt jedoch eine verlässliche Planungssicherheit für die Zahnarztpraxis gibt. Bei frühzeitiger Auseinandersetzung mit den einzelnen Themen und konsequenter Integration bestimmter Maßnahmen in den Praxisalltag ist es gar nicht so schwierig, ein generelles Bewusstsein bei den Mitarbeitern zu schaffen und die Praxis zeitgemäß aufzustellen. Wie bei allen Aufgaben in der Praxis gilt: Gemeinsam sind wir stark! Wird das Team aktiv hinzugezogen, steigt die Chance auf Erfolg erheblich.
Abschließend möchte ich die Gelegenheit nutzen und Sie auf eine immer noch aktuelle Thematik hinweisen: regelmäßige Angriffe auf die IT der Praxen. Erst in der letzten Woche erreichte mich der Anruf einer Hamburger Praxis, deren Daten von einem Angreifer verschlüsselt wurden und nur gegen Lösegeld dechiffriert werden sollten. Glücklicherweise waren entsprechende Datensicherungen vorhanden. Sichern Sie bitte regelmäßig und konsequent ihre Daten auf einem geeigneten Datenträger – die Hacker-Angriffe sind nach wie vor kein Ammenmärchen!
In diesem Sinne …
Ihr Christian Henrici
www.opti-zahnarztberatung.de
Henrici@opti-zahnarztberatung.de