Gutes Geld, schlechtes Geld?
Erinnern Sie sich noch an die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und ihren damaligen Leiter der Abteilung „Gesundheitsversorgung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung“ Franz Knieps? Neben einer erklecklichen Anzahl von Gesetzen hinterließen die beiden vor allem zwei Baustellen, die nach wie vor hochaktuell und je nach Standpunkt ein „Quell der Freude“ sind: die eGK samt gematik und Telematikinfrastruktur sowie die MVZ.
Letztere wurden Ende 2003 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz Teil der vertragsärztlichen Versorgung. Nun ist Knieps zwar seit 2013 Vorstand des BKK Dachverbands, aber bereits vor seiner Zeit im Ministerium war er nicht der kleinste Fisch im Kassenteich. So war er Leiter des Stabsbereichs Verbandspolitische Planung im AOK-Bundesverband und auch Geschäftsführer Politik desselben. Will heißen: Er kennt nicht nur die Position der Kassen zu den MVZ, er hat sie auch maßgeblich mitgestaltet.
Womit wir im Heute und mitten in der Diskussion zum TSVG gelandet sind. Man darf die Position des BKK Dachverbands als in weiten Teilen ident mit der der anderen Krankenkassen ansehen. Knieps wird in der Pressemitteilung des BKK Dachverbands jedenfalls mehr als deutlich: „MVZ sind für eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung unverzichtbar – unabhängig von der Trägerschaft. Beschränkungen von Investitionen in MVZ sind daher ebenso kontraproduktiv wie Hürden bei der Zulassung oder ihren Tätigkeiten. Zudem bieten MVZ für die dort Beschäftigten Ärzte Berufsbedingungen ohne finanzielle Risiken der Niederlassung, was moderne Lebens- und Arbeitszeitmodelle befördert.“ Womit en passant die Meinung nicht weniger Politiker der Regierungskoalition beschrieben ist. „Standpunkt“ traue ich mich angesichts so markiger „Hummer“-Posts* wie dem des SPD-Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach gar nicht zu schreiben. Knieps schob im Handelsblatt hinterher, dass es nicht zielführend wäre, zwischen gutem und schlechtem Geld oder zulässigen und unzulässigen Investoren zu unterscheiden.
Was in der Tat müßig ist, und so kommen in dieser Ausgabe Franz Maier, der Geschäftsführer von Acura-Zahnärzte und in die Gruppe der Fremdinvestoren gehörend, sowie Dr. Dirk Prünte zu Wort, der seine Praxis in ein Z-MVZ umgewandelt hat, und damit ein sehr interessantes Versorgungskonzept fährt, das der politischen Idee aus 2003 durchaus nahekommt. Aber machen Sie sich bitte selbst ein Bild, auf Seite 19 starten die Interviews. Gern hätten wir auch den (wie viele eigentlich?) MVZ und Investoren vertretenden „Bundesverband nachhaltige Zahnheilkunde“ zu Wort kommen lassen. Allerdings sah man sich trotz eines eigens eingestellten Pressesprechers außerstande, innerhalb von drei Werktagen die Fragen der zm zu beantworten. Schade eigentlich! Der Vorwurf der journalistischen Unausgewogenheit sollte daher aus dieser Ecke bitte unterbleiben.
Nun ist ja nicht alles Tendenzjournalismus, nur weil das Berichtete manchen nicht in den Kram passt. Deshalb sei an dieser Stelle festgestellt, dass die für viele Patienten teils fatalen Ergebnisse des zahnärztlichen Schaffens mancher Dentalketten in Europa Fakt und eben nicht Fake-News sind. Dazu zählen auch die Veröffentlichungen von Kammern und Verbänden zu Patientenbeschwerden. Selbstverständlich können diese nicht auf einzelne Anbieter zurückgeführt werden, sondern nur auf Ordnungskriterien wie Dentalkette oder Einzelpraxis. Deshalb sind Aussagen wie „sogar in der Schweiz allenthalben große Probleme mit der Patientenzufriedenheit und der Qualität der zahnmedizinischen Versorgung durch Dentalketten“ (Zitat aus meinem Editorial zm 1-2/2019) nicht als Diffamierung von Dentalketten, MVZ oder Fremdinvestoren gedacht, sondern dem belegbaren Umstand geschuldet. Wobei die Betonung auf belegbar liegt. Möge sich also jeder seine Meinung bilden. Wir versuchen unseren Teil dazu zu leisten.
Ein aufmerksamer Leser wies mich darauf hin, dass in derselben Ausgabe wie dieses Zitat eine Stellenanzeige der im Text erwähnten Schweizer Dentalkette Zahnarztzentrum.ch erschienen ist. Er endete mit dem Satz: „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!“ Was mir die Gelegenheit zu der Feststellung gibt, dass Anzeigen und redaktionelle Inhalte definitiv keine Verbindung haben. Und ja, ich weiß wirklich, wovon ich hier rede…
Dr. Uwe Axel Richter
Chefredakteur