TSVG verändert die Rolle der gematik

Ein schwarzer Tag für die Selbstverwaltung

Jürgen Herbert

Am 11. Mai trat das TSVG – Terminservice- und Versorgungsgesetz – in Kraft.

Im TSVG sind diverse Eingriffe in die Selbstverwaltung enthalten. So versucht Jens Spahn unter anderem mehr Einfluss auf die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu erlangen und beschädigt damit einen Grundpfeiler – und Grundkonsens! – in der Gesundheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig.

Ein weiterer Eingriff in die Selbstverwaltung fand dann am 15. Mai statt und ist von vielen in seiner Tragweite noch gar nicht erkannt worden. Es geht um die Übernahme von 51 % der Anteile an der Gesellschaft für Telematik, kurz gematik, durch das BMG. Im Entwurf des nun folgenden Verordnungstextes zum digitalen Verordnungsgesetz (DVG) kommt die Gesellschaft für Telematik fast vierzigmal vor und das ist auch kein Wunder. Die zukünftigen Veränderungen im Gesundheitswesen werden sich sehr viel in digitalen Bereichen abspielen und hier ist die gematik die Spinne im Netz. Jetzt heißt die Spinne BMG. Bis zum 15. Mai war dies eine paritätische Veranstaltung zwischen Leistungserbringern und Spitzenverband der Krankenkassen, alle Beschlüsse mussten mehrheitlich gefasst werden.

Hier kann das BMG jetzt völlig ungeniert durchregieren, es braucht oftmals nicht mal mehr Änderungen im Gesetz. Die gematik kann eine ganze Anzahl von Sachverhalten alleine entscheiden und über die Mehrheitsverhältnisse entscheidet jetzt das BMG allein. So bietet zum Beispiel der § 291 h, in dem es um die elektronische Patientenakte geht, schon genügend Explosivität. Im Absatz 5 dieses Paragrafen ist geregelt: „Versicherte haben ab dem 1. Januar 2021 Anspruch auf Speicherung ihrer im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bei dem jeweiligen Behandler entstandenen Daten in der elektronischen Patientenakte.“ Gleichzeitig werden alle Leistungserbringer verpflichtet, diese elektronische Patientenakte zu bespielen, d. h. auch Praxen, die bisher gar keinen Computer hatten, müssen hier mitmachen. Ansonsten drohen Honorarkürzungen, hier noch mal 1 %, die auf die 2,5 % dazukommen, und wie wir wissen, ist da auch noch Luft nach oben.

Um welche Daten es sich da im Einzelnen handelt, ist noch nicht genau beschrieben, allerdings können Patienten diese Daten auf freiwilliger Basis weitergeben, zum Beispiel auch an Krankenkassen. Dies ist nur ein Beispiel, der Gesetzentwurf zum DVG ist viele Seiten lang.

Ich kenne noch Zeiten, da waren die Heil- und Kostenpläne in der Mitte grün … Wir können uns jetzt also darauf einstellen, dass die Krankenkassen bei Honorarverhandlungen über deutlich bessere Zahlen verfügen werden als die Körperschaften der Zahnärzte.

Der Deutsche Ärztetag hat auf seiner Tagung vom 28. bis 31. Mai in Münster darauf geantwortet und einen Leitantrag zur Gesundheits-, Sozial- und ärztlichen Bundespolitik beschlossen. Der Titel: „Mit Maß und Mitte statt direktiv und dirigistisch“.

Nachzulesen unter: https://www.bundesaerztekammer.de/ueber-uns/landesaerztekammern/aktuelle-pressemitteilungen/news-detail/mit-mass-und-mitte-statt-direktiv-und-dirigistisch

BMG zahlt 510.000 Euro für gematik-Anteile

Seit Mitte Mai besitzt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) 51 Prozent der Geschäftsanteile der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (gematik) – 510.000 Euro wurden dafür fällig!Das geht aus der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Thomas Gebhart auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) hervor.

Die Stammkapitaleinlage betrage insgesamt eine Million Euro, heißt es darin. Und weiter: „Ein finanzieller Ausgleich in Höhe von 51 Prozent hiervon, also in Höhe von 510.00 Euro, erfolgt in dem Verhältnis, in dem die bisherigen Gesellschafter der Gesellschaft für Telematik bei der Gründung der Gesellschaft für Telematik auf das Stammkapital eingezahlt haben.“

Die Mehrheitsübernahme des BMG war mit dem TSVG beschlossen worden. Der Erwerb wurde am 15. Mai vollzogen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will damit die „Entscheidungsprozesse in der Gesellschaft für Telematik effektiver als bisher gestalten“.

Jürgen Herbert

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