Neue Risiken durch Corona ante portas
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nun ist es doch passiert: Konnten wir vor einigen Wochen noch weitgehend entspannt auf die im Vergleich mit unseren Nachbarländern sehr niedrigen Infektionszahlen in Deutschland schauen, so färbt sich nun auch die deutsche Corona-Landkarte in atemberaubendem Tempo rot ein. Mit dem rasanten Anstieg der Neuinfektionen wird es auch wieder zu verschärften Maßnahmen beim Infektionsschutz kommen – selbst ein erneuter Lockdown erscheint nicht mehr ausgeschlossen. Diese Entwicklung wird auch für unseren Berufsstand neue Herausforderungen bringen – da müssen wir uns nichts vormachen.
Zunächst einmal wären da die absehbaren wirtschaftlichen Konsequenzen zu nennen: Bereits während der ersten Corona-Welle waren Zahnärzte mehr als jede andere Arztgruppe von rückläufigen Patientenkontakten betroffen – in den Monaten April und Mai gab es teilweise Umsatzeinbrüche bis zu 50 Prozent. Das hat eine Untersuchung gezeigt, die wir in der Bundeszahnärztekammer durchgeführt haben. Kommt es in diesem Jahr noch einmal zu einer ähnlichen Entwicklung wie im Frühjahr, würde das unsere Praxen noch härter treffen, denn gerade das vierte Quartal ist, nicht zuletzt auch wegen der Bonusregelungen in der GKV und der daraus entstehenden verstärkten Nachfrage zum Jahresende hin, eine wirtschaftlich wichtige Zeit für den Berufsstand. Wir haben erneut mit der Politik Kontakt aufgenommen, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden.
Dabei sollte die Politik auch ein Eigeninteresse an der Unterstützung der Zahnärzteschaft haben. Bereits jetzt sehen wir, dass beispielsweise im ländlichen Raum die Zahl der Praxisschließungen zugenommen hat. Die Corona-Krise bewirkt offensichtlich eine zeitliche Vorverlagerung der erst für die nächsten Jahre erwarteten demografischen Probleme. Wenn ältere Praxisinhaber – ohnehin übermüdet von überbordenden Regularien in der Berufsausübung – keine sinnvolle Perspektive mehr sehen, dann bleibt nur der vorzeitige Ruhestand als Alternative. Das kann nicht sein, hier muss die Politik uns helfen. Denn im Alleingang ist diese pandemische Situation nicht zu bewältigen. Neben wirtschaftlichen Hilfen ist auch eine Entlastung bei den Bürokratieaufwendungen angezeigt, um hier gegenzusteuern.
Eine weitere Herausforderung könnte die Versorgung der Praxen mit Schutzausrüstung und Medikamenten werden. Die Preise für die persönliche Schutzausstattung (Desinfektionsmittel, Mund-Nasen-Schutz, Handschuhe) bewegen sich immer noch weit oberhalb der Werte aus der Vorkrisenzeit – teilweise liegen sie bis zum Fünffachen darüber. Das signalisiert eine fortbestehende Anspannung am Markt und es steht zu befürchten, dass es aufgrund fragiler Lieferketten erneut Engpässe mit drastischen Folgen in den Zahnarztpraxen geben könnte. Auch hier muss die Politik frühzeitig handeln – Pandemievorsorge ist zuvorderst eine politische Aufgabe. Deswegen stehen wir im engen Austausch mit den Abgeordneten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen – wir wissen, dass die gegenwärtigen Entwicklungen herausfordernd sind. Daneben gibt es jedoch sehr erfreuliche Nachrichten, die unsere tägliche Arbeit betreffen: Auch ein gutes halbes Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie sind weder in wissenschaftlichen Studien noch im internationalen Erfahrungsaustausch Hinweise auf ein erhöhtes Infektionsrisiko in Zahnarztpraxen aufgetaucht – viele Studien attestieren sogar weit unterdurchschnittliche Risiken. Was auch zeigt: Wir können Hygiene! Und gelten als Benchmark im ambulanten Bereich. Dies Medien und Politik, aber auch unseren Patienten mitzuteilen, ist unser aller Aufgabe. Die Zahnarztpraxis ist also ein sicherer Ort für Sie und Ihre Patienten. Bleiben Sie stark, bleiben Sie gesund!
Dr. Peter Engel,
Präsident der Bundeszahnärztekammer
Prof. Dr. Dietmar Oesterreich,
Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer
Prof. Dr. Christoph Benz,
Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer