Ein Blick auf die Menschen im Institut
In den 100 Jahren Institutsgeschichte gab es vier Direktoren: Gründer war der Dentist Emil Kimmich (Direktorat 1920–1951), der zweite Direktor Prof. Dr. Walther Engel (Direktorat 1951–1981). Engel hatte bereits im Jahr 1960 eine klare Vision von der zahnärztlichen Fortbildung.
Dreiteilige zm-Reihe
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe veröffentlichen die zm eine dreiteilige Berichtsreihe zur Geschichte des Instituts.
Teil 1 (zm 14) thematisierte die Rolle des Instituts bei der Ausbildung der Dentisten und später bei der Fortbildung der Zahnärzte. Teil 2 (diese Ausgabe) wirft einen Blick auf die Menschen am Institut. Teil 3 (zm 22) wird begleitend zur 100-Jahr-Feier im November die Rolle der Akademie in Zahnmedizin, Wissenschaft und Gesellschaft beleuchten.
Prof. Dr. Michael Heners (Direktorat 1981–2006) richtete die 1978 bis 1981 umgebaute und räumlich erweiterte Akademie neu aus: Er stärkte das internationale Profil der Akademie und gab ihr wissenschaftliche Aufgaben. Seither entstehen in Karlsruhe Dissertationen und Habilitationen, was durch einen Vertrag mit der Universität des Saarlandes möglich wurde. Es war eine Zeit des Aufbruchs. Zahlreiche Veröffentlichungen belegen diese Periode.
Die Akademie wird ein Ort der Wissenschaft
Kurz nach seinem Amtsantritt führte der junge, charismatische Heners 1983 den Karlsruher Vortrag ein. Er wollte ein Forum schaffen, in dem die Zahnärzteschaft ihrer Verantwortung für die Gesellschaft als Ganzes nachkommt. Bis heute erfährt der Karlsruher Vortrag „Mund Auf“ jedes Jahr viel Aufmerksamkeit. Neben vielen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst waren auch zwei Friedensnobelpreisträger unter den Sprechern: Mohamed ElBaradei (2006) und Wangari Maathai (2009).
Ein Vertrag mit der Universität Magdeburg machte den Weg frei für den Masterstudiengang „Integrated Dentistry“, der neben zahnmedizinischen Inhalten auch die gesellschaftliche Bedeutung der Zahnmedizin zum Thema hat.
Heners starb 2006 im Amt. Sein unerwarteter Tod traf die Akademie unvorbereitet und warf viele Probleme auf. Im Jahr 1981 war Winfried Walther in die Akademie eingetreten – er war der erste zahnärztliche Mitarbeiter, der aus der Akademie heraus habilitierte. 1997 wurde er Stellvertretender Direktor. Nach dem plötzlichen Tod von Heners wurde er 2007 zum neuen Direktor berufen. Prof. Dr. Winfried Walther (Direktorat seit 2007) führte die Akademie durch diese schwierige Phase und hat sie neu strukturiert und reorganisiert. Die Akademie erhielt neue, moderne Räumlichkeiten, die 2014 bezogen wurden. Seither ist die Infrastruktur wieder auf dem neuesten technischen Stand.
Da das Ende der Dienstzeit von Prof. Walther absehbar war, widmete sich die LZK Baden-Württemberg schon früh der Suche nach einem Nachfolger. Berufen wurde PD Dr. Daniel Hellmann aus Würzburg. Ab April 2021 wird er –nach sechs Monaten Einarbeitung – die Geschicke der Akademie leiten.
Die Dozenten kommen aus aller Welt
Unzählige Referenten sind in der Akademie ein- und ausgegangen. Sie kamen nicht nur aus Deutschland, sondern, wie das Kursprogramm von 1980 ausweist, aus der Schweiz, Frankreich, den Niederlanden, Dänemark, Schweden sowie den USA: Prof. Dr. Eugen Dolder und Prof. Dr. Jakob Wirz aus Zürich, Prof. Dr. Klaus H. Rateitschak aus Basel, Dr. Felix M. Weber und Dr. Sami Sandhaus aus Lausanne, Prof. Dr. Jean Delaire aus Nantes, Prof. Dr. Willy G. Krogh-Poulsen aus Kopenhagen, Prof. Dr. Per-Olof Glantz aus Malmö, Prof. Dr. Jan Lindhe aus Göteborg, Dr. Charles E. Stuart aus Kalifornien, Dr. Peter K. Thomas aus Beverly Hills und Dr. Arne G. Lauritzen aus Seattle (Abbildung 3). Schon für Engel war es wichtig, Lehrer aus aller Welt nach Karlsruhe einzuladen.
Heners führte 1986 als Auszeichnung für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der zahnärztlichen Fortbildung den Walther-Engel-Preis ein, um die berufliche Pionierleistung seines Amtsvorgängers – die Gründung des ersten Fortbildungsinstituts – zu ehren. Die erste Preisverleihung fand bei der Karlsruher Konferenz 1986 statt. Die Auszeichnung sollte zahnärztlichen Lehrern Motivation und Ansporn sein, außerdem konnte der Preisträger seinen fachlichen Horizont durch einen Aufenthalt an einer selbst gewählten Institution erweitern. Der erste Preisträger war Prof. Dr. Bernd Klaiber. Bis heute hält er Kurse an der Zahnärztlichen Akademie, die ein großartiges Echo finden (Abbildung 4).
Eines der Erfolgsrezepte der Akademie ist sicherlich die einzigartige Verschränkung von Poliklinik, Fortbildung und Wissenschaft zu einer Einheit. Denn auch die zahnärztlichen Mitarbeiter der Akademie sind neben ihrer Tätigkeit in der Poliklinik in Fortbildung, Wissenschaft und Lehre eingespannt. Dr. Andreas Bartols, M.A. engagiert sich im Fachbereich Endodontie (Abbildung 5) und PD Dr. Michael Korsch in der Implantologie (Abbildung 6).
Das Interesse und der Fortbildungswille der Kollegenschaft sind das Lebenselixier der Akademie. Daran änderte auch die 2005 eingeführte Pflichtfortbildung nichts.
In der digitalen Festschrift zum Jubiläum kommen auch Zeitzeugen zu Wort. Ein Beispiel ist der Beitrag „Meine Fortbildungsakademie“, geschrieben von dem Kollegen Dr. Jörg Augenstein, M.A., aus Pforzheim. Er hat an der Akademie vor 45 Jahren seine „Fortbildungsheimat“ gefunden und reflektiert:
„Wenn ich meine Fortbildungshefte, soweit ich sie geführt habe, durchsehe, so finden sich darin alle Fachbereiche, und wenn ich die Ahnentafel in der Akademie dazu ansehe, auch fast alle (älteren) Referenten. Bis 2011 habe ich gewissenhaft meine Nachweise geführt. Mit dem Aufkommen der Zertifikate und den damit verbundenen Urkunden habe ich diese gesammelt. [...] Natürlich hat sich meine Weiterbildung nicht nur auf die Akademie beschränkt. Boston, Wien, Peking, Straßburg, Dresden, Berlin, Gießen, Marburg, aber auch Mannheim, Heidelberg, Stuttgart und Freiburg waren unter anderem mit dabei. Aber zum einen lehrt an der Akademie sozusagen alles, was Rang und Namen hat, und von Pforzheim aus ist Karlsruhe einfach leicht zu erreichen. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nah?“
Eine Fortbildungsheimat für viele Zahnärzte
Kollege Dr. Volker Wulfes, M.A., aus Goslar erzählt in seinem Bericht „Im Hof der Sophienstraße“:
„Zum Staatsexamen schenkten mir die Eltern eine Fortbildung in Karlsruhe: Vier Tage Praxis der Zahnmedizin beim damaligen Oberarzt Dr. Jochen Klemke. Es gab Einblicke in den Klinikalltag, Arztbesprechungen und wirklich erstklassige Zahnheilkunde. Dr. Klemke kümmerte sich weit über den Kursinhalt hinaus. Nach einem Gespräch über gute und schlechte Fortbildung kreuzte er mir im Kursprogramm die Namen und Themen an, die es seiner Meinung nach brauchte für eine solide Praxistätigkeit. Das beschäftigte mich die nächsten Jahre ... Paro bei Prof. Dr. Thomas Flemmig, Endo bei Prof. Dr. Leif Tronstad, Teilkrone bei Prof. Dr. Bernd Klaiber, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.“
Das Entwicklungspotenzial, das die Akademie für Praktiker entfalten kann, beschreibt Dr. Dr. Mike Jacob, M.A. aus Dillingen/Saar (Abbildung 7). Für die Jubiläumsschrift zitiert er eine Nachricht des Karlsruher Fortbildungssekretariats:
„Zahnärztliche Akademie Karlsruhe, Nürnberger. Guten Morgen Herr Dr. Jacob. Ich habe eine gute Nachricht. Ein Interessent für den Master-Studiengang hat seine Anmeldung um ein Jahr verschoben. Wenn Sie möchten, können Sie nächstes Wochenende mit dem Studium beginnen.“ Mit diesen Worten begann ein neuer Lebensabschnitt, nicht mehr und nicht weniger.“
Der Weg hat Jacob weit über den Tellerrand der Zahnmedizin hinausgeführt: Angefangen beim Masterstudiengang „Integrated Dentistry“ mit zugehöriger Masterarbeit, der Promotion zum Dr. phil., bis hin zum Thema Ethik, das er wissenschaftlich bearbeitet und zu dem er regelmäßig Vorträge hält, so auch im Rahmen der Gutachterausbildung der Akademie. Hier schließt sich der Kreis von den Lernenden zu den Lehrenden.
Zwei Alumni-Initiativen sind richtungsweisend
Im Rahmen der Karlsruher Fortbildung sind zwei richtungsweisende Alumni-Initiativen entstanden: Der Arbeitskreis zahnärztliche Therapie (AZT), eine Vereinigung ehemaliger Assistenz- und Oberärzte der Akademie, die sich 1993 als gemeinnütziger Verein konstituiert hat. Und die 2007 gegründete Masternetwork Integrated Dentistry e.V., eine Vereinigung der Absolventen des Masterstudiengangs „Integrated Dentistry“. Die Initiativen unterstützen sich gegenseitig und engagieren sich in Projekten der Versorgung-und Praxisforschung. So heißt es in der Vereinssatzung des Masternetwork:
„Vereinszweck ist die Unterstützung und die Weiterentwicklung des Studienganges, seine gesellschaftliche und wissenschaftliche Implementierung und die Förderung und Verbreitung der in dem Studiengang gewonnenen Erkenntnisse. Überdies soll die zahnärztliche Profession, im Besonderen in der freiberuflich niedergelassenen Praxis, weiterentwickelt werden, evidenzbasierte wissenschaftliche Erkenntnisse einzuführen und eine Steigerung praxisrelevanter Qualität zu ermöglichen.“
Das ist ein Anspruch, der weit über das Pflegen von Kontakten hinausgeht. Beide Alumni-Vereinigungen können mit einer ganzen Reihe von Arbeitsergebnissen aufwarten. Beim AZT ist es eine stattliche Anzahl wissenschaftlicher Publikationen, beim Masternetwork sind es Präsentationen auf der jährlich stattfindenden Herbstkonferenz der Akademie, die dem zahnärztlichen Praxisteam eine Plattform bietet.
Dr. Med. Dent. Dr. Phil. Hans Ulrich Brauer, M.A.
Zahnarzt, Fachzahnarzt für Oralchirurgie
Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe
Lorenzstr. 7, 76135 Karlsruhe
hansulrich_brauer@za-karlsruhe.de
Prof. Dr. Med. Dent. Winfried Walther
Direktor, Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe
Lorenzstr. 7, 76135 Karlsruhe
winfried_walther@za-karlsruhe.de
Digitale Festschrift
Zu ihrem 100-jährigen Jubiläum hat die Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe auf einer eigenen Internetseite eine digitale Festschrift erstellt:
Dabei widmet sich die Jubiläumsseite nicht nur der Geschichte des Instituts. Zeitzeugen kommen zu Wort, Entscheidungen, Erfolge und dramatische Ereignisse werden geschildert. Die fachliche Entwicklung der Zahnheilkunde wird ebenso beschrieben wie der Fortschritt des praxisorientierten Unterrichts. Auch die Bedeutung der Institution für Versorgung und Öffentlichkeit wird dargestellt. Alle Beiträge nehmen Bezug auf die historischen Originalquellen in Form vonTexten, Bildern und Videos. Bisher gibt es weit über 80 Beiträge. Ein Gästebuch mit Stimmen zum Jubiläum ist freigeschaltet.