Spracherkennung in US-Kliniken

Alexa regiert im Krankenhaus

In den USA testen Kliniken Alexa seit 2019, jetzt will Amazon die Spracherkennung im ganzen Land einsetzen. Das Personal müsste dann die Zimmer der Patienten nicht mehr unnötig betreten, Masken, Handschuhe und Kittel könnten eingespart werden und endlich wäre Zeit für eine individuellere Pflege. Wow! Huldigen wir also der künftigen Herrscherin im Krankenhaus.

Patienten könnten Alexa etwa nutzen, um mit dem medizinischen Personal zu sprechen und die Geräte in ihren Zimmern zu steuern, teilte Amazon mit. Umgekehrt ermögliche es der Echo-Lautsprecher dem Personal, mit den Patienten zu sprechen, ohne das Zimmer unnötig betreten zu müssen. Mit der Technik könnten Kliniken und Pflegeheime also produktiver werden, außerdem Zeit, medizinisches Material und PSA sparen, so das Versprechen. Änderungen im Zeitplan oder das Menü der Cafeteria – kein Problem, auch das lasse sich über Alexa bereitstellen.

Bieten die Einrichtungen ihren Patienten dann noch über die Geräte „Spiele, Podcasts und mehr“ an, erweitert sich auf einen Schlag die potenzielle Zielgruppe für Amazon Prime Music (Musik und Podcasts) und Amazon Gaming (Spiele). Auch eine Medikationsverfolgung sei angedacht, schließlich betreibt Amazon seit 2018 via PillPack ebenfalls eine Online-Apotheke, und seit Ende 2020 können amerikanische Kunden über AmazonPharmacy auch rezeptpflichtige Medikamente bestellen.

Das Boston Children‘s Hospital, das Cedars-Sinai in L.A., das BayCare in Tampa und die Houston Methodist haben bereits zugesagt: Sie wollen Alexa-fähige Geräte verwenden. Auch einige Seniorenheime beginnen jetzt mit der Nutzung. In Hotels und Büros wird das System bereits eingesetzt. 

Der Datenschutz nach US-Standard Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) soll für das Alexa-System bereits seit 2019 gewährleistet sein. So würden keine persönlichen Nutzerinformationen ins Gerät eingegeben. Alle Daten seien anonym und Sprachaufzeichnungen würden nicht gespeichert, heißt es weiter – obwohl es auch anderslautende Meldungen gibt: Medien berichteten im April 2020, dass ein Echo-Show-Gerät die Hilfeschreie einer Pflegeheimpatientin aufzeichnete, bevor sie an COVID-19 starb.

Datenschutz? Wie immer kein Problem ...

Aus Datenschutzgründen sei es nicht möglich, dass Krankenhauspatienten oder Heimbewohner ihre persönlichen Amazon-Konten mit den Echos verbinden. Wer sich „immer noch nicht wohl mit der Technologie fühlt“, könne die Aufwachfunktion des Geräts temporär unterdrücken, die Kommunikationsfunktionen herunterfahren oder das Gerät vom Stromnetz trennen.

Amazon ist übrigens auch im ambulanten Sektor aktiv: Zu den Leistungen gehören Video-Pflegedienste, Text-Chats mit Klinikern, mobile Pflegebesuche, Medikamentenlieferungen und bei Bedarf Arzt-Hausbesuche. Zudem sollen Patienten über einen Kanal eine Versorgung bei Erkältungen, Allergien, Infektionen und leichten Verletzungen sowie präventive Gesundheitsberatungen geboten werden. Perspektivisch soll der Service auch eine Ernährung-, Sexual- und Schwangerschaftsberatung oder Raucherentwöhnung umfassen. Darum auch der Zusammenschluss mit anderen Gesundheitsdienstleistern und Unternehmen für häusliche Pflege: Mit der „Moving Health Home Coalition“ will Amazon dauerhafte Änderungen an den Erstattungsrichtlinien für die häusliche Gesundheitsversorgung vorantreiben.

Womöglich hat Amazon aber einen Konkurrenten: Das US-Unternehmen Nuance bietet bereits Tools zur medizinischen Dokumentation von Arzt-Patienten-Gesprächen via Spracheingabe und Künstlicher Intelligenz an. Nuance wurde im April nach jahrelanger Zusammenarbeit von Microsoft für mehr als 19 Milliarden US-Dollar gekauft. Es ist schon auf dem Markt etabliert, in dem Amazon mit seinem Dienst Transcribe Medical Fuß fassen will. Laut Nuance nutzten mehr als 55 Prozent aller US-Ärzte und 77 Prozent der US-Krankenhäuser im Frühjahr die Technik.

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