Weiblicher und jünger ist möglich
In einer Landeszahnärztekammer ist ein neuer Vorstand gewählt worden. In einem förderalistischen System mit 17 Landeszahnärztekammern ist dies ein normaler demokratischer Prozess, den es mit schöner Regelmäßigkeit zu vermelden gibt. Aufhorchen lässt die Wahl des neuen Berliner Vorstands allerdings vor allem vor dem Hintergrund, dass nun fünf der acht Vorstandsmitglieder weiblich sind. Ein mehrheitlich weiblicher Zahnärztekammervorstand – inklusive Vizepräsidentin – ist ein Novum und aus meiner Sicht auch eine große Chance. Denn der Vorstand bildet damit die real existierende Zusammensetzung der Kammermitglieder in stärkerem Maße ab, als dies bisher der Fall war. Und dies ohne eine Quote wohlgemerkt – über deren Sinnhaftigkeit gerne gestritten wird und die ich hier auch nicht diskutieren möchte. Ehrlich gesagt wäre es schön, wenn die Frage, ob ein Vorstand mehrheitlich männlich oder weiblich besetzt ist, irgendwann einmal keinerlei Nachrichtenwert mehr hat, sondern andere Dinge berichtenswert sind. So weit sind wir aber leider noch nicht.
Der Berliner Zahnärztekammervorstand ist dabei nicht nur weiblicher geworden, sondern hat sich auch erkennbar verjüngt. Hierin liegt die zweite Chance. Nämlich, dass neue, unverbrauchte Vorstellungen in die Vorstandsarbeit einfließen. Natürlich müssen sich dann manche der motiviert vorgebrachten Ideen an deren realistischer Umsetzbarkeit messen lassen. Doch zusammen mit der standespolitischen Erfahrung der alten Hasen – und Häsinnnen – kann diese Motivation der praktischen Arbeit für die Zahnärzteschaft nur guttun. Das Berliner Beispiel zeigt, dass Weiblicher und Jünger möglich ist. Von dieser Seite viel Glück für die künftige Zusammenarbeit.
Dass der Föderalismus mitunter muntere Kapriolen schlägt, ist nichts Neues. Aber dass die – je nach Bundesland – uneinheitliche Handhabung bei der Impfpriorisierung von Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie deren Teams vielerorts verständnisloses Kopfschütteln auslöst, ist mehr als verständlich. Die Impfpriorisierung findet auf Länderebene statt. Die Länder orientieren sich dabei an der Impfverordnung und an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). Dass es gute Gründe gibt, Zahnärztinnen und Zahnärzte mit ihrem engen Patientenkontakt in Priorisierungsstufe 1 zu stecken, sollte auf der Hand liegen. Aber die meisten hätten es wohl, wenn auch zähneknirschend, hingenommen, wenn es einheitlich bei der Priorisierungsstufe 2 für alle Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland geblieben wäre. Dass nun aber die Zahnärztin aus dem unterfränkischen Kleinrinderfeld in die Stufe 1 fällt, der Kollege aus dem zehn Kilometer entfernten badischen Großrinderfeld aber in die Stufe 2 (so er nicht in einer Corona-Schwerpunktpraxis oder schwerpunktmäßig in Alten- und Pflegeheimen arbeitet), ist kaum erklärbar und der Unmut darüber nachvollziehbar. Dieses frei gewählte Beispiel beruht auf dem Sachstand von Mitte Februar, kann sich also bis zum Erscheinen dieses Hefts schon wieder geändert haben. Der föderale Flickenteppich ist auch hier in ständiger Bewegung.
In Bewegung ist auch die Dysgnathiechirurgie. In diesem Heft informieren wir Sie über den Einsatzmöglichkeiten moderner digitaler Technologien in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, insbesondere im Bereich der plastischen Gesichts- und Schädelchirurgie (computer-aided surgery). Dabei kommen viele dieser digitalen Entwicklungen aus der Zahnmedizin. Wir erläutern drei klinische Beispiele.
Ebenfalls in diesem Heft finden Sie die neuesten Tricks der Lebensmittelindustrie. Wie geschickt und mit welch hohem finanziellem Aufwand etwa Torten und Pizza über sogenannte Junkfluencer in Social-Media-Kanälen an eine mehrheitlich jugendliche Klientel gebracht werden, hat die Verbraucherschutzorganisation foodwatch jetzt aufgedeckt. So wird YouTube zum süßen Verführer mit entsprechenden Auswirkungen auf die Zahngesundheit junger Menschen.
In Zeiten von Personalmangel scheint sich der Einsatz von fachfremden Hilfskräften in den Praxen anzubieten. Doch welche Aufgaben dürfen angelernte Hilfskräfte in Praxen übernehmen? Wir zeigen, wo die Grenzen von fachfremdem Personal liegen und warum sie Zahnmedizinische Fachangestellte nicht ersetzen können.
Viel Spaß bei der Lektüre.
Sascha Rudat
Chefredakteur