Zeitenwenden
Wir sind in der Mitte des zweiten Corona-Jahres angekommen. Der Umgang mit der Pandemie beschäftigt uns alle jetzt seit rund eineinhalb Jahren intensiv. Doch der 1. Juli markiert in mehrerlei Hinsicht eine Zeitenwende. Zum einen gehen die Inzidenzzahlen klar und deutlich nach unten. Vieles deutet darauf hin, dass wir unser normales Leben Stück für Stück zurückbekommen.
Aber bei allem Optimismus muss uns klar sein, dass wir mit den Folgen dieser bisher einmaligen Pandemie noch lange zu tun haben werden. Daher freuen wir uns, dass nun zum 1. Juli die erste Hälfte des „Pandemiezuschlags“ in die KZVen und somit in die Versorgung fließt – im Anschluss werden die KZVen das Geld dann an die Praxen verteilen. Der Vorstand der KZBV konnte mit dem GKV-Spitzenverband im Frühjahr ein Volumen von insgesamt 275 Millionen Euro vereinbaren. Diese Summe stellt eine einmalige pauschale Abgeltung für besondere Aufwände der Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte im Rahmen der Behandlung von GKV-Versicherten während der Corona-Pandemie dar – unabhängig von der jeweiligen Gesamtvergütung an die KZVen. Diese Pauschale ist ein Stück ausgleichende Gerechtigkeit, nachdem die Vertragszahnärzteschaft das erste Pandemiejahr quasi auf sich allein gestellt und aus eigener Kraft bewältigen musste. Zusammen mit den Regelungen aus dem Versorgungsverbesserungsgesetz (GPVG), die eine verzerrungsfreie Fortschreibung der zahnärztlichen Honorare und für die Jahre 2021 und 2022 vollständige Budgetfreiheit garantieren, haben wir ein Gesamtergebnis, das für die Vertragszahnärzteschaft besser sein dürfte, als es ein Rettungsschirm hätte werden können.
Eine Zeitenwende in der zahnmedizinischen Versorgung haben wir auch mit dem Inkrafttreten der PAR-Richtlinie zum 1. Juli erreicht. Damit wird die parodontologische Versorgung auf eine ganz neue Grundlage gestellt. Der jahrelange Stillstand in der Parodontitistherapie kann damit endlich beendet werden. Wir müssen nun gemeinsam die Versorgungslücken der Vergangenheit schließen. Das wird natürlich nicht von heute auf morgen gehen. Aber wir werden alles dafür tun, dass die zeitgemäße Parodontitistherapie schnell in der Versorgungslandschaft ankommt. Dazu bieten wir auf unserer Website zahlreiche relevante Informationen an, die die wichtigsten Fragen beantworten sollten. Besondere Bedeutung kommt dabei unserer dreiteiligen Videoserie zu. In Teil 1 werden unter anderem die neue Leistungsstrecke der systematischen PAR-Therapie sowie zentrale standespolitische und wissenschaftliche Hintergründe erläutert. Zwei weitere Videos beschäftigen sich mit der versorgungspolitischen Bedeutung, mit der Abrechnung der Leistungen auf Basis neuer BEMA-Positionen sowie mit der speziell für vulnerable Gruppen modifizierten Behandlungsstrecke. Erläutert werden die Formulare, die Beantragung, die Bewertung und die Abrechnung der neuen Leistungen inklusive entsprechender Übergangsregelungen. Ein Blick auf die KZBV-Website lohnt sich somit auf jeden Fall.
Eine Zeitenwende ist auch auf politischer Ebene zu erwarten. Noch knapp drei Monate sind es bis zur Bundestagswahl, die mit Sicherheit eine Richtungswahl sein wird. Der Wahlkampf wird noch weiter Fahrt aufnehmen. Damit wir uns mit deutlicher Stimme mit unseren Anliegen in die politische Diskussion einbringen können, befasst sich die KZBV-Vertreterversammlung in ihrer Sitzung am 30. Juni und 1. Juli mit der „Agenda Mundgesundheit 2021–2025“. Adressaten der Agenda sind primär die gesundheitspolitischen Entscheidungsträger auf Bundesebene. Ziel ist es, im Vorfeld der Bundestagswahl und zum Start der neuen Legislaturperiode die zentralen Positionen der KZBV in komprimierter Form zusammenzufassen, um den Entscheidungsträgern einen schnellen Überblick über die vertragszahnärztlichen Themen zu ermöglichen. Das werden wir mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket und auf verschiedenen Kanälen, unter anderem mit Videoclips und Podcasts, tun. Die zm werden Sie darüber umfassend informieren.
Wir leben in spannenden Zeiten, die wir Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte aktiv mitgestalten wollen. Unterstützen Sie uns dabei!
Dr. Wolfgang Eßer,
Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung