Interview mit dem Zahnarzt und Krimiautor Dr. Dr. Klaus Oehler

„Eine Füllung ist ein hervorragendes Mordinstrument“

Wie man mithilfe einer Füllung den perfekten Mord begehen kann und warum Gerichtsverhandlungen für ihn eine Inspiration sind, schildert uns Dr. Dr. Klaus Oehler. Der ehemalige Jurastudent, Pathologieassistent und Zahnarzt hat bereits zwei Krimis über einen mordenden Zahnarzt geschrieben, der gemeinsame Sache mit der Mafia macht. Der dritte Teil ist in Arbeit und soll nächstes Jahr erscheinen.

Wie würden Sie sich selbst bezeichnen – als Autor, Zahnarzt, Pathologe oder Jurist?

Dr. Dr. Klaus Oehler:

Ich würde mich selbst als Genießer oder Genussmensch beschreiben, was mit den Berufsrichtungen eher selten vereinbar ist. Wenn man mich nach meinem Beruf fragt: Ich bin Connaisseur.

Das Universitätsklinikum Münster zitiert Sie mit den Worten: „In der Pathologie, der Intensiv- und der Zahnmedizin habe ich reichlich Kuriositäten erlebt, die sich als Stoff anboten.“ Könnten Sie mal aus dem Nähkästchen plaudern?

Es gibt eine kleine Anekdote aus meinem neuen Buch, die ich als junger Arzt bei einer Gerichtsverhandlung miterlebt habe. Ein Oberarzt der Gerichtsmedizin sagte damals als Sachverständiger zu einem Fall aus:

„‚Wie viele Autopsien haben Sie an Toten vorgenommen?‘, fragte der Rechtsanwalt. Der Oberarzt antwortete in ruhigem Ton: ‚Alle meine Autopsien nehme ich an Toten vor.‘ – ‚Dafür sind wir Lebenden ihnen doch sehr dankbar‘, sagte der Richter. ‚Aber Herr XY, war zu diesem Zeitpunkt tot?‘, fragte der Anwalt. ‚Nein, er saß auf dem Tisch und wunderte sich, warum ich ihn einer Autopsie unterziehe.‘ – ‚Ist es möglich, dass der Mann noch am Leben war, als Sie ihn autopsierten?‘ – ‚Nein, er hätte sicherlich hörbar bei der gesamten Prozedur geschrien.‘ – ‚Wie können Sie sich so sicher sein?‘ – ‚Weil ich sein Gehirn in einem Glas vor mir auf dem Tisch stehen hatte und keine Zeichen des Nachdenkens bei ihm sah.‘ – ‚Hätte der Patient trotzdem noch am Leben sein können?‘ – ‚Ja, es ist möglich, dass er noch am Leben war und jetzt irgendwo als Anwalt praktiziert.‘ – ‚Das ist unerhört‘, sagte der Richter und verhängte dem Oberarzt eine Ordnungsstrafe.“

Ich habe viele unterhaltsame Situationen erlebt, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen, weil kaum jemand an diesen Gerichtsverfahren teilnimmt. Die waren eine Inspiration für mich.

Warum Zahnarztkrimis? Wann kam Ihnen die Idee dazu? 

Als ich nicht mehr wusste, was ich machen soll. Nein, so war es natürlich nicht. 2003 wurde mein erstes Buch mit dem Titel: „Mit Tod gefüllt“ veröffentlicht. Mein zweites Buch „Letal Dental“ erschien 2007. Für beide Romane, die im Schnitt 200 bis 230 Seiten lang sind, habe ich jeweils ein Jahr gebraucht. Ich habe sie nebenberuflich verfasst. Ich hatte bis dato genügend fachbezogene Bücher (etwa „Der Zahnarzt in der Wirtschaftlichkeitsprüfung“, „Zahnmedizinischer Standard in der Rechtsprechung“, „Der zahnärztliche Sachverständige“ oder „Zahnärztliche Dokumentation“) geschrieben. Hier sind die Kollegen viel kritischer als bei Belletristik, wo man nicht so genau aufpassen muss, was man schreibt.

Von beiden Bücher gab es jeweils 400 Exemplare. Aktuell sind sie nicht mehr erhältlich. Ich habe noch ein oder zwei zu Hause, aber mittlerweile werden sie unter der Hand gehandelt. Falls eine Film- und Fernsehgesellschaft Interesse an meiner Geschichte hat, dann würde ich nochmal nachdrucken lassen.

Wie viel Wahrheit steckt in Ihren Krimis?

Die Ideen stammen aus meiner beruflichen Tätigkeit als Zahnarzt. Aber die Geschichte und die Figuren sind alle erdacht. Es soll unterhaltsam sein – und das scheint zu funktionieren. Ich habe von meinen Leserinnen und Lesern viele Anrufe erhalten. Sie teilten mir mit, dass sie sich selten so amüsiert hätten wie beim Lesen der Krimis.

„Jeder, der weiß, wie man eine professionelle Füllung herstellt, kann einen erfolgreichen Mord begehen.“

Die Zahnmedizin scheint sich hervorragend für den perfekten Mord zu eignen: „Auch eine Füllung kann ein hervorragendes Mordinstrument sein – wenn man in ihr eine ganz kleine Blausäurekapsel versteckt.“

Es geht darum, dass der Protagonist, ein Zahnarzt, sich sein Leben einfacher und schöner gestalten will. Hierfür braucht er Geld und einen Sponsor, der auch etwas davon hat. Wenn jemand eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, fällt es den meisten Polizeibehörden schwer, herauszufinden, wie der Tod eingeleitet wurde. Die größten Probleme bei solchen Verbrechen bestehen darin, den Mechanismus des Tötens zu verschleiern. Wenn jemand mit einem Messer erstochen wurde, kann ein Pathologe das schnell erkennen. Wenn aber jemand vergiftet wurde, ist das nicht immer so einfach.

Dr. Dr. Klaus Oehler

Bis 2003 wird kaum jemand gedacht haben, dass das Opfer bei einem Zahnarzt gewesen sein könnte, wo es eine Füllung erhalten hat. Und dass in dieser Füllung etwas drin gewesen ist, das der Gesundheit nicht förderlich war. So mordet der Zahnarzt in meinem ersten Buch.

Ist Ihr Protagonist ein Bösewicht? 

Der Zahnarzt übernimmt in meinen Büchern die Rolle desjenigen, der den Tod einleitet. Meine Krimis sind Folgegeschichten und bauen aufeinander auf. Die Hauptfigur ohne Namen hat einen kostspieligen Lebensstil, den er mit der Zahnarztpraxis nicht finanzieren kann. In dieser Situation lernt er Igor von der Mafia kennen, der auf der Suche nach einem Killer ist. Die Zusammenarbeit mit der Mafia funktioniert gut, weil sie ihn für „ihre“ Morde brauchen. Sie können sich fast sicher sein, dass er nicht abspringt, da er auf das Geld angewiesen ist. Im Laufe der beiden Bücher bringt er zwei Menschen um. Vom Prinzip her könnte jeder diesen Mord durchführen, der weiß, wie man eine professionelle Füllung herstellt und abschätzen kann, dass das Gift nicht zu früh austritt.

Welche Rolle spielt Prof. Ludger Figgener in Ihrer Vita?

Das wird etwas hochgehangen. Er hat zur gleichen Zeit wie ich Jura und später Zahnmedizin studiert. Nur war er beim Jurastudium offenbar im Ausland, ich in Münster. Wir haben uns erst kennengelernt, als er später in Münster im gleichen Semester wie ich angefangen hat, Zahnmedizin zu studieren. Von da an ist unser Leben fast parallel verlaufen, bis ich ihn, als er Hochschullehrer und habilitiert war, gefragt habe, ob er eines meiner Fachbücher als Doktorvater begleiten würde, womit er einverstanden war.

Planen Sie eine Fortsetzung? 

Mein dritter Krimi wird wahrscheinlich im nächsten Jahr erscheinen. Ich denke, dass ich noch ein halbes Jahr benötige, um ihn fertigzustellen. Die Geschichte muss in sich schlüssig sein. Man darf keine Stufe einbauen, wo dem Leser auffällt, dass das gar nicht zusammenpasst. Ein vierter Teil ist auch nicht ausgeschlossen.

Ihr Forscherdrang mündete sogar in Patenten? 

Ja, es handelt sich um ein Patent von 2003 – der sogenannte lichtleitende Stopfer. Um klassisches Füllungsmaterial in den Zahn zu bekommen und um es mit Licht auszuhärten, sind normalerweise unterschiedliche Instrumente notwendig. Dieser Instrumentenwechsel ist lästig. Leider hat meine Erfindung nicht viel Anklang gefunden. Die Industrie hat sie abgelehnt. Ob sie es richtig verstanden haben, ist eine andere Frage.

Das Gespräch führte Anja Kegel.

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