Holpriger Start für die ePA
Seit dem 1. Januar 2021 ist die ePA in Betrieb. Allerdings kommt sie statt bundesweit wie ursprünglich geplant vorerst nur in den beiden Pilotregionen Berlin und Westfalen-Lippe zum Einsatz. Nur dort können gesetzlich Versicherte derzeit eine ePA anlegen. Diese Regelung gilt in den ersten sechs Monaten des Jahres, danach soll die Akte bundesweit verfügbar sein.
„Selbstverständlich mache ich da mit!“
„Es gibt zwei großflächige Pilotregionen, Westfalen-Lippe und Berlin, die mit der nötigen technischen Infrastruktur ausgestattet sind. Mit den dort gemachten Erfahrungen kann das eine oder andere nachgeschärft werden. Im Sommer wird die ePA dann flächendeckend in ganz Deutschland verfügbar werden“, sagt Prof. Jörg Debatin, Leiter „health innovation hub“ (hih) des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Der Radiologe ist von der Bedeutung der ePA überzeugt: „Selbstverständlich werde ich mitmachen!“
Laut einer aktuellen Umfrage des Hamburger Marktforschungsinstituts „Consumerfieldwork“ im Auftrag des Dienstleisters „Socialwave“ wissen 47,4 Prozent der Befragten nicht, wie das neue Gesundheits-Tool funktioniert. Und vier von zehn Versicherten haben sogar noch nie von ihr gehört. Die meisten erhoffen sich Aufklärung durch Hausärzte und Versicherungen: 79,5 Prozent der Befragten erwarten Informationen durch ihren Hausarzt, 56 Prozent meinen, dass diese Infos von den Krankenversicherungen kommen sollte. 30,4 Prozent erhoffen sich Aufklärung von den Gesundheitsbehörden und -ämtern, gefolgt von Medien (25,4 Prozent) und Apotheken (16,4 Prozent). Lediglich jeder zehnte Befragte hat verstanden, wie dieePA funktioniert und erhofft sich dadurch einen Mehrwert.
Wichtig für Zahnärzte: Ab dem 1. Juli 2021 müssen alle Arzt- und Zahnarztpraxen die ePA in ihrer Praxis unterstützen. Andernfalls droht gemäß gesetzlicher Vorgabe ein Honorarabzug von 1 Prozent. Auch das Bonusheft wird zukünftig in der ePA gespeichert und aktualisiert.
Die ePA wird für Zahnärzte den Alltag erleichtern, meint Debatin. „Das Zahnbonusheft wird digital verfügbar sein“, sagt er, „und wenn der Patient zustimmt, kann der Zahnarzt zum Beispiel Röntgenbilder oder Befundberichte in die ePA schieben. Und andersherum kann der Zahnarzt bei komplexeren Diagnosen, die womöglich auch die Zahngesundheit mit beeinflussen oder von ihr beeinflusst werden, sein Wissen mit einbringen, und so zu einer ganzheitlichen, besseren Behandlung beitragen. Aber auch so triviale Dinge, wie der Zahnarztwechsel – hier entfällt nun das Mitnehmen der Patientenakte, weil die wichtigsten Informationen dann ja über die ePA verfügbar sind. Man fängt bei einem Wechsel also nicht bei Null an.“
Weitere TI-Neuerungen und was bereits läuft
Im Oktober 2021 soll die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) bundesweit starten, die die Kommunikation zwischen Ärzten und Kassen erleichtern soll.
Auch die Krankschreibung per Videosprechstunde ist politisch im Gespräch, aber noch nicht beschlossene Sache.
Seit dem 1. Januar 2021 ist der eZahnarztausweis (elektronischer Zahnarztausweis) Pflicht, in jeder Zahnarztpraxis muss einer vorhanden sein. Der Ausweis ist der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) der Zahnärzteschaft. Er hat die Funktion eines Sichtausweises, verfügt über eine elektronische Signatur und ermöglicht die rechtssichere Unterschrift digitaler Dokumente – und damit die Verifizierung für kommende Anwendungen der TI. Zur Bestellung eines eZahnarztausweises müssen sich Zahnärzte an ihre zuständige Kammer wenden.
Bundeszahnärztekammer
Zum Stand der TI in den Praxen
„Die ePA kommt erst zum 1. Juli 2021 so richtig in Gang – inwiefern Ärzte und Patienten sie im ersten Jahr schon nutzen werden, wird sich zeigen. Für Zahnärzte kann es zum Beispiel sinnvoll sein, dass man darin Röntgenbilder ablegen kann. Grundsätzlich gilt, dass die Praxen sich aktiv auf die ePA vorbereiten sollten. Wir raten, so schnell wie möglich den eZahnarztausweis, den HBA für die Zahnärzteschaft, zu beschaffen. Die Kammern sind alle darauf vorbereitet. Allerdings kann es bis zu drei Monaten dauern, bis die Ausweise verschickt werden, da die Anbieter viele Anträge abarbeiten müssen. Die Quote der Praxen, die dies schon erfolgreich erledigt haben, liegt derzeit bei 30 Prozent.
Die Einsicht in den eMedikationsplan halten wir für sinnvoll, denn er beinhaltet Informationen, die für den Zahnarzt wichtig sein können. KIM sollte im Laufe des Jahres an Fahrt aufnehmen. Unserer Erfahrung nach ist der Bedarf für eine Möglichkeit zur sicheren elektronischen Kommunikation – wie KIM sie bietet – auch in der Zahnärzteschaft gegeben.“
Viele Ärzte und Zahnärzte nutzen bereits KIM (Sichere Kommunikation im Medizinwesen) und halten sie für eine zentrale Komponente der TI – auch dieses Werkzeug der Online-Kommunikation zwischen Ärzten und Institutionen soll in den kommenden Jahren weiterentwickelt werden. Auch der digitale Überweisungsschein soll die TI für Ärzte in den kommenden Jahren bereichern, ein genauer Starttermin steht derzeit noch nicht fest.
Bereits seit Juli 2020 ist es möglich, den Medikationsplan und die Notfalldaten eines Patienten auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu speichern. Diese beiden Tools sollen langfristig auch Teil der ePA werden.
Das Jahr 2022 soll weitere TI-Meilensteine bringen: das E-Rezept ist in der Vorbereitung und soll verpflichtend ab dem 1. Januar 2022 eingesetzt werden. Auch das Bonusheft startet 2022 digital und wird dann Bestandteil der ePA sein.
Kassenärztliche Bundesvereinigung
Zum Stand der TI in den Praxen
„Grundsätzlich denken wir, dass die elektronische Patientenakte großes Potenzial hat, das sich allerdings nicht schon 2021 vollständig entfalten wird. Das elektronische Zahnbonusheft in der ePA ab 2022 ist hier ein guter Anfang, mittelfristig müssen aber auch echte zahnärztliche Inhalte in die ePA.
Wir plädieren seit längerer Zeit dafür, dass die TI-Anwendungen ausgiebig getestet werden – insoweit begrüßen wir die stufenweise Einführung der ePA. Eine fehlende Verfügbarkeit der Konnektoren darf aber nicht zu einer Sanktionierung von Praxen ab dem 1. Juli 2021 führen.
Der E-Rezept-Dienst startet im Laufe des Jahres, ab 1. Januar 2022 wird das E-Rezept dann zur Pflichtanwendung für die Praxen. Elektronisch signiert werden die E-Rezepte mit dem elektronischen Zahnarztausweis (HBA), von dem schon heute in jeder Praxis mindestens einer vorhanden sein müsste.
Der digitale Überweisungsschein könnte auch für Zahnärzte künftig an Bedeutung gewinnen, denn derzeit wird mit dem Formular Muster 16 überwiesen. Die Übermittlung der Überweisungsinformationen an Kieferorthopäden oder -chirurgen könnte einfacher werden – das wäre eine Erleichterung für Zahnärzte.
Nach dem Willen des BMG sollen der elektronische Medikationsplan und die Notfalldaten künftig in der ePA gespeichert werden. Derzeit finden sich diese Daten auf der Versichertenkarte, die dann für jeden Zugriff „gesteckt“ werden muss. In der Praxis würde ein Umzug der Daten in die ePA zwar die Bedienung erleichtern, in den Behandlungssituationen außerhalb der Praxis – etwa in Pflegeeinrichtungen – wäre der Zugriff ohne einen zuverlässigen mobilen Zugang zur TI aber unmöglich. Für Zahnärzte hat die Einsicht in die Notfalldaten den Vorteil, dass sie eine sehr gute zusätzliche Informationsquelle bei der Anamnese sein können.
Bei der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die 2021 startet, soll nach gesetzlicher Vorgabe vorerst nur die Ausfertigung für die Krankenkasse über die TI übermittelt werden – die Ausfertigung für den Arbeitgeber ist weiterhin auszudrucken. Das verdoppelt den Aufwand in den Praxen. Erst ab 2022 soll der Ausdruck für den Arbeitgeber wegfallen, indem stattdessen die Krankenkasse die elektronische Weiterleitung an den Arbeitgeber übernimmt.
KIM ist aus unserer Sicht eine zentrale Komponente der TI, die weiterentwickelt werden soll, was wir dem Grunde nach begrüßenswert finden. Allerdings plant der Gesetzgeber scheinbar, KIM im Rahmen der Anbindung der Versicherten zu einem Messagingdienst zu erweitern. Ein Kurznachrichtenkanal von den Patienten zum Zahnarzt könnte jedoch zur Erwartungshaltung führen, dass die Praxen auf eilig verfasste Nachfragen oder Bitten um Ferndiagnosen und ‚schnelle Hilfe‘ einzugehen hätten, die sich nicht ohne weiteres ‚nebenbei‘ beantworten lassen, sondern erheblichen zusätzlichen Bearbeitungsaufwand mit sich bringen würden. Dies müsste verhindert werden, damit ein Kurznachrichtendienst nutzbringend eingesetzt werden kann.“