MVZ mit „Dr.“ im Praxisnamen braucht promovierte medizinische Leitung
In dem Berufungsverfahren ging es um die Kette „Dr. Z“, die mehrere zMVZ in Deutschland betreibt, die alle den Namen „Dr. Z Medizinisches Versorgungszentrum“ plus den Namen des jeweiligen Standorts trugen. Zwischen Dezember 2016 und Februar 2017 war dort kein promovierter Zahnarzt tätig.
Geklagt hatte der Zahnärztliche Bezirksverband (ZBV) Oberpfalz. Dieser verwies dabei auf das Praxis- und Klingelschild sowie auf den Briefkasten des zMVZ. Aufgefallen war, dass in der Niederlassung mit der Bezeichnung „Dr. Z Zahnmedizinisches Versorgungszentrum Regensburg“ kein einziger Zahnarzt mit dem akademischen Grad eines Doktors beschäftigt war. Lediglich der Träger, die „Dr. Z Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH“ in Düsseldorf, hat als Alleingesellschafter und Geschäftsführer einen promovierten Zahnarzt.
Der ZBV hielt das für irreführend und wettbewerbsschädigend, da durch die Nennung des Doktortitels eine Erwartungshaltung entstehe. Das Landgericht Düsseldorf hatte der Klage stattgegeben, das dortige Oberlandesgericht diese abgewiesen. Der Verband wandte sich daraufhin an den BGH und hatte Erfolg.
Aus dem Statement des ZBV Oberpfalz
„Das vorliegende Urteil hat weitreichende und grundsätzliche Bedeutung; es ist nicht nur für Zahnärzte, sondern auch für Ärzte wichtig. Es stellt klar, dass es nicht angeht, mit einem Firmennamen zu hantieren, in dem das Kürzel ‚Dr.‘ eingebaut ist, und gleichzeitig zu argumentieren, es handle sich nur um eine Fantasiebezeichnung und deshalb müsse eine von dieser Firma betriebene Einrichtung auch nicht von einem promovierten Zahnarzt oder einer promovierten Zahnärztin geleitet werden.
Gegebenenfalls muss durch einen entsprechenden Hinweis erkennbar gemacht werden, dass die Leitung nicht in der Hand eines promovierten Zahnarztes beziehungsweise einer promovierten Zahnärztin liegt.
Relevant ist auch, dass der Bundesgerichtshof klargestellt hat, dass der Doktortitel im geschäftlichen Verkehr als Nachweis einer besonderen wissenschaftlichen Qualifikation angesehen wird, die über den reinen Hochschulabschluss hinausgeht. Und sehr erfreulich ist ferner die Feststellung des BGH, dass im Bereich der Gesundheitswerbung besonders strenge Anforderungen für den Ausschluss einer Irreführungsgefahr gelten.
Für einen kleinen Zahnärztlichen Bezirksverband wie den ZBV Oberpfalz war das ‚Durchkämpfen‘ bis zu dieser wertvollen, bundesweiten [...] höchstgerichtlichen Entscheidung nicht einfach. Zu danken ist besonders der Bayerischen Landeszahnärztekammer und dem Zahnärztlichen Bezirksverband Oberbayern, die durch die Zusage von Prozesskostenzuschüssen das Klagerisiko für den ZBV Oberpfalz deutlich gemindert haben.“
Dr. med. dent. Dr. phil. Frank Wohl, Vorstandsmitglied des ZBV Oberpfalz, 8. April 2021
Wie die Karlsruher Richter ausführten, sei es nicht ausreichend, dass die Person mit Doktortitel nur Teil der Geschäftsführung des zMVZ ist. Steht ein Doktortitel auf dem Namensschild, müsse dort auch ein/e promovierte/r Zahnmediziner/in behandeln. Dies entspreche den Erwartungen der Patienten, die sich bei der Adresse vorstellen und behandeln lassen wollen.
Wenigstens muss es eine Klarstellung geben
Sollte das nicht der Fall sein, müsse es wenigstens eine Klarstellung in Form eines Hinweises dazu geben. Dass in der Geschäftsführung eine Person mit Doktortitel arbeitet, reiche nicht aus, um den Doktortitel auf dem Praxisschild zu rechtfertigen.
In der Begründung heißt es: „Der Doktortitel belegt nach der Lebenserfahrung – auch aus Sicht der breiten Öffentlichkeit – in besonderem Maße die Fähigkeit des Inhabers zu eigenständigem wissenschaftlichem Arbeiten. Auch wenn das Thema der Dissertation aus dem Doktortitel selbst nicht ersichtlich wird, kann die Öffentlichkeit davon ausgehen, dass die den Doktortitel führende Person sich mit einer umgrenzten Fragestellung aus dem Fachgebiet eingehend wissenschaftlich befasst hat und die Tiefe der hierbei erlangten Kenntnisse über das im Rahmen eines Hochschulstudiums zu erwartende Maß hinausgehen.“
Im vorliegenden Fall komme entscheidend hinzu, dass der Doktortitel nicht im Zusammenhang mit einem konkreten Namen, sondern mit der offensichtlich als künstliche Wortschöpfung erkennbaren Firmenbezeichnung „Dr. Z“ verwendet werde. Der angesprochene Verkehr erwarte nicht, einen promovierten Zahnarzt anzutreffen, dessen Nachname mit Z beginne, sondern begreife „Dr. Z“ als Kürzel für die Gesamteinrichtung. Der durch den Zusatz „Dr.“ signalisierte Qualitätsanspruch könne nicht nur durch die Mitarbeit eines Zahnarztes mit Doktortitel eingelöst werden.
Bundesgerichtshof Az.: I ZR 126/19 Urteil vom 11. Februar 2021
Vorinstanzen:
OLG Düsseldorf
Az.: I-2 U 51/18 Urteil vom 23. Mai 2019
LG Düsseldorf
Az.: 37 O 37/17 Urteil vom 29. März 2018
Statement der Bayerischen Landeszahnärztekammer
„Die Bayerische Landeszahnärztekammer begrüßt das BGH-Urteil. Der Patient muss sich darauf verlassen können, dass die Angaben, die ein MVZ-Betreiber macht, auch zutreffend sind. Das gilt sowohl für die Eigentümerstruktur als auch für die fachliche Qualifaktion der Ärzte. Patienten gehen davon aus, dass Praxen unabhängig von ihrer Rechtsform den Ärzten und Zahnärzten gehören, die dort tätig sind. Wenn ein MVZ mit einem Doktortitel im Namen wirbt, sollte zumindest der ärztliche Leiter am jeweiligen Standort tatsächlich promoviert sein.
Wenn das nicht der Fall ist, muss darüber explizit informiert werden. Das ist aber nur ein erster Schritt in Richtung mehr Transparenz: Wir würden uns darüber hinaus ein MVZ-Register wünschen, aus dem auch die Eigentumsverhältnisse eindeutig hervorgehen. Wenn ein MVZ in Investorenhand ist, sollte der Patient das auch wissen. Gerade das MVZ, auf das sich das BGH-Urteil bezieht, firmiert unter einem reinen Fantasienamen, mit dem der Patient überhaupt nichts anfangen kann.“
Christian Berger, Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer, 8. April 2021