Reibungslos durch den Tag
Am Donnerstagmorgen ist in der Praxis ein Röntgengerät defekt. Frau Schulz ist zuständig für die Gerätewartung und hat Frühschicht. Sie versucht, den Techniker zu erreichen. Dieser bittet um einen Rückruf nach 15 Uhr. Allerdings ist Frau Schulz dann schon im Feierabend. Sie schreibt im Praxiscomputer eine Nachricht an Frau Meier, die heute um 15 Uhr zur Spätschicht kommen soll. Doch Frau Meier meldet sich kurzfristig krank. Natürlich ruft nun niemand den Techniker an. Ärgerlich, denn am Freitag hat Frau Schulz frei und keine/r fühlt sich zuständig. Als Frau Schulz am Montagmorgen wieder in die Praxis kommt, ist am Röntgengerät noch nichts passiert.
Um solchen Kommunikationslücken vorzubeugen, sollte generell sichergestellt sein, dass beim Arbeitsbeginn (möglichst) alle bezüglich des Tagesablaufs auf einem Stand sind. Alle besonderen Arbeiten, Termine und auch Schwierigkeiten des bevorstehenden Tages sollten kurz besprochen werden – das geeignete Tool wäre hier eine kurze (Früh)Besprechung. Diese findet am besten stehend statt, denn Besprechungen im Stehen verlaufen in der Regel exakter und schneller.
Solche Besprechungen (Dauer fünf bis sieben Minuten) bieten diese Vorteile:
Die Organisation des Tages ist für alle transparent.
Veränderungen aufgrund von Erkrankungen oder Ähnlichem können geklärt werden.
Informationen (zum Beispiel wann ein Techniker kommt) sind allen Mitarbeitenden bekannt.
Falls Röntgenbilder oder Ähnliches angefordert werden müssen, können diese Aufgaben von einzelnen Personen entsprechend übernommen werden.
Die Pünktlichkeit steigt deutlich, wenn morgens mit einer Frühbesprechung begonnen wird. Denn es ist unangenehm, erst dazuzukommen, wenn alle schon gemeinsam arbeitsbereit in einer Besprechung stehen.
Doch wie erreichen die Informationen die KollegInnen, die später anfangen? Hier bietet sich ein stichwortartiges „Mini-Protokoll“ an (oder die Nutzung eines Kanban-Boards, siehe unten). So werden die wesentlichen Informationen dokumentiert und stehen auch für Mitarbeitende, die später anfangen, zur Verfügung. Bei der Übergabe an die Spätschicht können die erledigten Punkte abgehakt werden. Was noch auf der Liste steht, ist dann automatisch an die Spätschicht delegiert. Am nächsten Tag kann die leitende Mitarbeiterin auf einen Blick überprüfen, an welchen Stellen noch Handlungsbedarf besteht.
Diese kurze Frühbesprechung, auch Briefing oder Morgengruß genannt, dient ausschließlich der Besprechung des Tagesablaufs und wird meist von der Schichtleitung durchgeführt. Nicht erforderlich ist, dass ZahnärztInnen bei dieser organisatorischen Besprechung dabei sind. Entscheidend ist, dass diese Besprechung extrem knapp gehalten wird: Es geht nur darum, wer mit wem in welchem Zimmer arbeitet, wo es Unregelmäßigkeiten gibt und welche Besonderheiten bei den PatientInnen heute zu beachten sind.
Diese kurze Besprechung bietet auch fürs Teambuilding diverse Vorteile:
Es entsteht ein stärkeres Teamgefühl.
Wenn jemand sich vor einer Gruppe verpflichtet hat, eine Aufgabe zu übernehmen, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass diese Aufgabe ausgeführt wird. Schließlich will man die anderen in der Gruppe nicht enttäuschen.
Die soziale Kontrolle führt ebenfalls zu einer erhöhten Verbindlichkeit. Das bedeutet nicht, dass die Mitarbeitenden sonst ihre Aufgaben nicht übernehmen würden. Emotional ist es jedoch etwas Anderes, wenn die KollegInnen sich auf einen verlassen und man sich umgekehrt auch auf die anderen verlassen kann.
Durch die systematische Tagesvorbereitung verbessert sich der Organisationsgrad in der Praxis grundsätzlich. Das führt dazu, dass das Arbeiten mehr Freude macht, weil unnötige Redundanzen und unnötiges Chaos vermieden werden.
In vier Spalten zur guten Kommunikation
Manchmal jedoch ist eine Frühbesprechung nicht möglich, insbesondere wenn die Mitarbeitenden zu unterschiedlichen Zeiten kommen und gehen. Die im Eingangsbeispiel gewählte Variante, einzelnen Mitarbeitern über das Computersystem Kurznachrichten zu schicken, ist eine der Möglichkeiten, das Problem zu lösen. Diese hat allerdings den Nachteil, dass die Organisation nicht für alle Beteiligten sichtbar ist.
Es kommt auch vor, dass einzelne Mitarbeitende relativ viele Nachrichten bekommen und dann einzelne Aspekte übersehen oder vergessen werden. Hier kann mit einem sogenannten Kanban-Board gearbeitet werden. Dessen Einsatz hat sich vor allem in mittleren und größeren Systemen bewährt. Dabei wird eine Tafel erstellt, auf der (meist vier) verschiedene Spalten abgebildet sind. In der einfachsten Form werden in der ersten Spalte die „To-dos“ genannt, also die akut zu erledigenden Aufgaben. Bezogen auf das Eingangsbeispiel würde Frau Schulz in der Spalte einen Zettel anheften, auf den sie zum Beispiel schreibt „Bitte um 15 Uhr Termin für Reparatur von Röntgengerät machen“, dazu die Telefonnummer und den Namen von Frau Meier. Da derartige Zettel für alle sichtbar sind, sind alle tagesaktuell anfallenden Aufgaben dokumentiert. Auch der Adressat kann gegebenenfalls gleich vermerkt werden.
Die zweite Spalte trägt den Namen „In Bearbeitung“. Sobald jemand die Verantwortung für eine Aufgabe übernimmt, schreibt er seinen Namen auf den entsprechenden Zettel und hängt diesen Zettel in die Spalte „In Bearbeitung“. Nun kann jede/r in der Praxis sehen, wer bei dieser Aufgabe „in charge“ (verantwortlich) ist.
Im Beispiel oben erscheint Frau Meier aufgrund ihrer Erkrankung nicht. Der Zettel bleibt in der „To-do-Spalte“ hängen. Frau Schmid, die Frau Meier vertritt, sieht diesen, ruft den Techniker an und vereinbart einen Termin für Montag um 13 Uhr. Sie streicht den Namen von Frau Meier und trägt ihren ein. Er lautet jetzt „Bitte um 15 Uhr Termin für Reparatur von Röntgengerät machen (& Telefonnummer) – Frau Meier – Frau Schmid – Termin Mo. 13 Uhr“. Dann hängt sie den Zettel in die dritte Spalte „Wartet, weil ...“.
Die dritte Spalte „Wartet, weil...“ ist nötig, weil manche Aufgaben nicht am jeweiligen Tag erledigt werden können. Dann wird kurz der Grund für die Verzögerung auf dem Zettel notiert. Dabei sollte der Konsens bestehen, dass hier nur zwingende Gründe von außen akzeptiert werden (zum Beispiel Verzögerungen in der Zahntechnik, Rückrufe, die erst am nächsten Tag möglich werden und Ähnliches). Das bedeutet, dass zum Beispiel „keine Zeit“ keine zulässige Begründung dafür ist, dass ein Zettel in der Kategorie „Wartet, weil“ landet.
Die letzte Spalte trägt den Namen „Fertig“, „Erledigt“ oder „Abgeschlossen“. Diese wird häufig als nicht besonders relevant betrachtet, ist aber aus mehreren Gründen sehr sinnvoll: zum einen, um sich bei den entsprechenden Personen gegebenenfalls zu bedanken. Zum anderen hilft es denen, die die Praxis organisieren, den Überblick zu behalten, was wirklich abgeschlossen wurde.
Das Ziel des Kanban-Boards besteht darin, es so zu führen, dass abends alle Zettel in den Spalten „Fertig“ oder „Wartet, weil“ hängen und niemand die Praxis verlässt, solange noch Zettel im „To-do-Bereich“ hängen. Das Board bietet den zusätzlichen Vorteil, dass das leidige Thema „Manche Mitarbeitende sehen einfach nicht, was zu tun ist“ klar und übersichtlich gelöst ist. Es fällt dann auch auf, wenn einige Mitarbeitende sehr viele Zettel bearbeiten. Das motiviert in der Regel die anderen, es ihnen gleichzutun. Außerdem gibt es Chefs die Möglichkeit, weniger engagierte KollegInnen gezielt anzusprechen.
Grundsätzlich führt eine Optimierung der Informationsweitergabe zu einer erhöhten Zufriedenheit der Mitarbeitenden, da die Arbeit überschaubarer und transparenter wird.