Anhörung des Gesundheitsausschusses

Sachverständige verreißen GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Die von der Bundesregierung geplante Finanzreform zur Stabilisierung der GKV stößt bei Ärzten, Apothekern, Krankenhäusern und Krankenkassen gleichermaßen auf Kritik. Auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) warnte vor den Folgen für die Mund- und Allgemeingesundheit, sollte die erst im vergangenen Jahr eingeführte präventionsorientierte Parodontitisbehandlung nicht mehr sichergestellt werden können.

KZBV-Chef Dr. Wolfgang Eßer stellte im Gesundheitsausschuss noch einmal klar, dass von dem zahnärztlichen Versorgungsbereich keine Belastung für die GKV-Finanzen ausgeht. Er verwies auf den kontinuierlich sinkenden Anteil der zahnärztlichen Ausgaben an den gesamten GKV-Leistungsausgaben, obgleich die gesetzliche Budgetierung 2012 bereits aufgehoben wurde. Dieser Erfolg sei der kontinuierlich präventionsorientierten Versorgungsausrichtung zuzuschreiben.

Aufgrund der im Gesetzentwurf vorgesehenen strikten Budgetierung der Gesamtvergütung stehe die neue präventionsorientierte Parodontitis-Therapie jedoch vor dem Aus, da die Leistungen aufgrund eines „Webfehlers im Gesetz” noch nicht in dem Budget abgebildet sind. Eßer: „Das kommt faktisch einer Leistungskürzung gleich und bedeutet eine versorgungspolitische Katastrophe!“

Die Folgen für die Mund- und Allgemeingesundheit der Bevölkerung seien fatal, da jeder zweite Erwachsene an einer behandlungsbedürftigen Parodontitis leidet. Zur Bekämpfung dieser Volkskrankheit habe der G-BA im Konsens aller Beteiligten einstimmig die neue PAR-Behandlung verabschiedet und das Bundesgesundheitsministerium anschließend diese Richtlinie im vollen Wissen um die notwendigen Finanzmittel genehmigt. Die KZBV schlägt daher vor, die Leistungen der neuen Parodontitistherapie – analog zu den anderen, bereits enthaltenen Ausnahmen für Präventionsleistungen im Finanzstabilisierungsgesetz – von den Regelungen auszunehmen.

Ein Webfehler im Gesetz killt die PAR-Therapie

Auch die Kassenverbände lehnen die Pläne ab: So wird aus Sicht des AOK-Bundesverbands die Reform nicht zu einer Konsolidierung der GKV-Finanzen führen. Vielmehr werde dadurch die finanzielle Stabilität der GKV fundamental gefährdet. Das geplante Maßnahmenpaket weise zudem eine gravierende Unwucht zulasten der Beitragszahlenden auf.

Der BKK-Dachverband hält die Maßnahmen für „unausgewogen und stückhaft“. Diese „wären nicht nötig“, wenn die Beiträge für ALG-II-Bezieher aus Steuermitteln finanziert würden, es eine regelhafte Dynamisierung des Bundeszuschusses zur GKV gäbe und eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel auf sieben Prozent, „wie in einigen anderen europäischen Ländern längst üblich”, erfolgen würde.

Die Krankenhäuser seien von der nicht nachhaltigen Vorgehensweise der Bundesregierung in vielfacher Hinsicht schmerzhaft betroffen, machte der Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) deutlich. Die Pläne der Bundesregierung konterkarierten das Ziel einer verbesserten „Pflege am Bett“ und verschärften den Fachkräftemangel.

Auf Ablehnung beim Spitzenverband Fachärzte Deutschland (SpiFA) stieß die beabsichtigte Streichung der erst 2019 eingeführten extrabudgetären Vergütung. Auch aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wird der Wegfall der Neupatientenregelung negative Auswirkungen auf die Versorgung der Patienten haben.

Kritik gab es auch von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Apotheken seien keinesfalls Kostentreiber. Ihr Anteil an den GKV-Gesamtausgaben sei in den vergangenen 20 Jahren von drei Prozent auf 1,9 Prozent gesunken. Es gebe keinerlei Begründung dafür, durch Sparmaßnahmen massiv zu belasten.

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