PS: Zeit, Ressourcen zu schonen
Wenn jeder die Heizung um ein bis zwei Grad herunterschraubt, spart das sechs bis zehn Prozent Energiekosten, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) kürzlich im Zuge der drohenden Energiekrise und wandte sich damit an alle. Und auch das Umweltbundesamt (UBA) ruft angesichts des Krieges in der Ukraine dazu auf, mit Energie deutlich sparsamer umzugehen. Was hier mickrig klingt, ist ein wesentlicher Aspekt, denn den Großteil des Energieverbrauchs machen tatsächlich die Heizkosten für Raumwärme in Haushalten aus (etwa 70 Prozent). Es folgt das Warmwasser (15 Prozent). Der Stromverbrauch von Haushaltsgeräten und Beleuchtung macht, in einem durchschnittlichen Wohnhaushalt, weniger aus (knapp 15 Prozent). Der größte Hebel für die Einsparung der Energiekosten liegt also bei den Heizkosten.
Wer sein Haus nicht sanieren oder dämmen kann, kann in jedem Fall die Raumtemperatur etwas senken. Thermisch begründet: Je höher der Unterschied zwischen der Innen- und der Außentemperatur, desto mehr Wärme fließt nach draußen ab, um das zu kompensieren. Das UBA macht den Effekt deutlich: Demnach würden rund zehn Terawattstunden (TWh) weniger Gas benötigt, wenn alle Haushalte in Deutschland die Temperatur um ein Grad reduzieren. Bei einer Absenkung um zwei Grad wären es sogar rund 21 TWh. Das sind etwa fünf Prozent des derzeit aus Russland importierten Erdgases, informiert die Behörde.
Raumwärme an Zeit und Zonen anpassen
Nicht in allen Räumen wird dieselbe Temperatur benötigt. Dort, wo sich seltener Personen aufhalten, muss nicht so viel geheizt werden. Auch wo sich mehr bewegt wird, kann es etwas kühler sein, Stichwort Temperaturzonen. Dabei wirkt unterstützend, wenn Türen und Rollläden geschlossen werden können, um zu isolieren. Und nach Möglichkeit sollten Heizkörper nicht von Möbeln zugedeckt sein. Bei alten Häusern und Heizanlagen sollte zudem die Isolation hinter den Heizkörpern überprüft, gegebenenfalls sollten Heizreflektoren angebracht werden, rät die Verbraucherzentrale.
Die Räume der Praxis brauchen auch nicht 24 Stunden am Tag die gleiche Temperatur. Diese kann an die Tageszeit angepasst werden, sprich nach dem Arbeitstag wird ein wenig heruntergedreht. Ein zentrales Wärmethermostat oder eine Smart-Home-Einrichtung können helfen, nicht in jedem Raum und an jedem Tag die Temperatur manuell anpassen zu müssen. Wichtig ist nur, nicht zu viel runterzudrehen, um die Räume nicht zu stark auskühlen zu lassen. Dann nämlich kostet das Wiederaufheizen erneut viel Energie.
Praxisbeispiel mit Photovoltaikanlage
Mit dem Strom vom Dach laden die E-Fahrzeuge vor der Praxis
Dr. Andreas Treichel hat eine knapp 120 qm große Praxis mit drei Behandlungszimmern in Friedrichshafen am Bodensee auf deren Dach er 2016 eine Photovoltaikanlage (PV) installieren ließ. Die Räume sind angemietet, er hat sich dafür das Einverständnis des Vermieters eingeholt. Die PV „ist schließlich auch eine Art Aufwertung der Immobilie“. 35 Module mit einer Spitzenleistung von knapp 10 Kilowatt (kWp) produzieren rund 10.000 kWh Strom im Jahr und decken circa 50 Prozent des Stromverbrauchs der Praxis. Da die Energie in der Regel tagsüber ge- und verbraucht wird, hat Treichel keinen Speicher angeschafft.
An sonnigen Tagen übersteigt die Leistung der PV-Anlage den Verbrauch, der Überschuss wird ins Stromnetz des örtlichen Versorgers eingespeist. Dann produziert sie bis zu 50 kWh, die Praxis benötigt etwa 35 kWh pro Tag. Nach der Registrierung der PV-Anlage beim Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur erhält der Anlagenbetreiber dafür eine Einspeisevergütung. Diese beträgt aktuell etwa sieben Cent pro Kilowattstunde. Im Jahr 2020 hat eine kWh Strom in Deutschland durchschnittlich 33 Cent gekostet. An bedeckten Tagen werden nur etwa drei bis vier kWh produziert. Dann muss Strom hinzugekauft werden – natürlich von einem Ökostromanbieter.
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Die Kosten: Für die PV hat Treichel zunächst 17.500 Euro bezahlt, nach Rückerstattung der Mehrwertsteuer hat ihn die Investition etwa 14.700 Euro gekostet. Diese wird sich über sechs bis sieben Jahre hinweg amortisieren, der CO2-Fußabdruck der Modulherstellung etwa nach gut zwei Jahren, hat Treichel ausgerechnet.Weiterer Vorteil: Die Anlage hält an besonders heißen Tagen die direkte Sonneneinstrahlung von den Räumlichkeiten unterm Dach ab. Das ist ein angenehmer Nebeneffekt, denn Treichel verzichtet aus Nachhaltigkeitsgründen auf eine Klimaanlage in der Praxis.
Das Team zieht mit
Weiter stellt er seinen Mitarbeiterinnen ein Elektroauto zur kostenlosen Nutzung auch zu privaten Zwecken (Firmenwagen) zur Verfügung. Wie sich das als geldwerter Vorteil für beide Seiten rechnet, lesen Sie auf Seite 52 diesem Heft. Für die kurzen Wege durch die Stadt verwendet das Team einen Renault Twizy mit geringem Verbrauch und „überraschend langer Akku-Lebensdauer“, berichtet der Zahnarzt. Beim Laden der E-Fahrzeuge kommt unter anderem der selbst produzierte Strom vom Dach zum Einsatz. Ein Parkplatz für Patienten mit Ladestation ist in Planung. Der wird von der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit einmalig 900 Euro gefördert.
Und weil der Anfahrtsweg zur Zahnarztpraxis von Patienten und Personal mit am stärksten zum ökologischen Fußabdruck einer Praxis beiträgt, geht das Team mit gutem Vorbild voran und kommt zu Fuß oder mit dem Rad oder bildet Fahrgemeinschaften. „Trotzdem achten wir natürlich auch auf Kleinigkeiten, wie Mehrwegspülbecher, die hitzebeständig im Thermodesinfektor gereinigt werden können. Soweit möglich sind alle Elektrogeräte außer der Praxis-Server mit einer Zeitschaltuhr ausgestattet und wir trinken Fair Trade Kaffee“, schließt Treichel. Das Thema Nachhaltigkeit und Ressourcensparen nehme das ganze Team ernst. „Nur so kann es wirklich funktionieren!“
Treichel überlegt, seine Praxis als Grüne Praxis zertifizieren zu lassen. Im letzten Jahr hat er bereits zwei Preise im Rahmen um die Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit erhalten, etwa den „Klimaretter-Award“ der Viamedica Stiftung.
Energiesparender ist übrigens das Stoßlüften, um einmal die Luft auszutauschen, anstatt mit gekipptem Fenster über einen längeren Zeitraum die Wände nach und nach auskühlen zu lassen. Des Weiteren gibt es Fensterfolien, die vor Kälte isolieren oder Wärme im Sommer abhalten. Wichtig für eine energieeffiziente Nutzung der Heizkörper sind dabei regelmäßige Entlüftung und Wartung. So kann die angesammelte Luft gezielt entfernt und die Heizfunktion verbessert werden. Haben Sie schon einmal geprüft, ob es für Umbaumaßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz, etwa bei der Isolation, staatliche Bezuschussungen gibt, zum Beispiel über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)? Wer das ganze Thema Energieeffizienz und -einsparung umfassender angehen will, kann einen Energieberater hinzuziehen. Den findet man über die Verbraucherzentralen der Länder.
Wärmepumpen mit Vorsicht erwägen
Achtung bei Wärmepumpen! Galten diese zunächst als Mittel, um klimafreundlicher und unabhängiger von Gas und Öl zu werden, gibt es zunehmend Fälle, in denen die Anlagen in Häusern falsch geplant und eingestellt wurden. Das kann dann in der Folge die Stromkosten drastisch nach oben treiben und so die ursprüngliche Kosten-Nutzen-Rechnung aushebeln. Eigentlich generieren die Heizsysteme Wärme aus der Umgebung, sie nutzen dafür quasi das Prinzip des Kühlschranks in umgekehrter Form. Dafür wird Strom benötigt. Kommt dieser aus erneuerbaren Energien, ist die Pumpe fast CO2-neutral. Dafür stellte das Bundeswirtschaftsministerium vergangenes Jahr über eine halbe Milliarde Fördermittel bereit, mit dem Ziel, bis 2030 sechs Millionen Wärmepumpen in deutschen Haushalten einzusetzen.
Aber deren Wirtschaftlichkeit ist nach Praxistests umstritten, besonders in alten Häusern, bilanziert unter anderem das Portal energieparenimhaushalt.de. Hier ist die Leistung oft geringer als vom Hersteller angegeben oder frisst mehr Strom als erwartet, um das Wasser im System über 50 Grad zu erhitzen. Vor allem an kalten Tagen verbraucht die Anlage mehr Strom, als sie erzeugt. Auf die Frage, ob sich diese Anschaffung lohnt, gibt es keine eindeutige Antwort: Es komme auf den Einzelfall an. Eine gute Beratung sei wichtig, betont das UBA.
Darüber hinaus lohnt es sich, bei der Anschaffung oder dem Austausch von Elektrogeräten auf die Energieeffizienz und auf den konkret angegebenen Stromverbrauch in kWh pro Jahr achten. Höhere Investitionskosten sind auf lange Sicht meist energiesparender, rät die Verbraucherzentrale. Wo immer es möglich ist, kann man den Stand-by-Modus nutzen oder eine Steckerleiste mit An- und Ausschalter einsetzen. Auch Zeitschaltuhren helfen, den Verbrauch zu verringern. Lohnenswert ist ebenfalls ein regelmäßiger Vergleich der Strompreise (einmal jährlich), besonders wenn E-Fahrzeuge auf dem Praxisgelände geladen werden.
Strom fließt – immer
Neben allen Tipps und Hinweisen ist ein umsichtiger und ganzheitlicher Umgang mit Ressourcen langfristig zielführend. Dazu gehört selbstverständlich auch, die Mitarbeiter zu motivieren und nicht aus dem Blick zu verlieren, dass die Anfahrt von der Praxisführung, dem Team und den Patienten einen Großteil des ökologischen Fußabdrucks einer Praxis ausmacht. Das kann bei der Terminplanung berücksichtigt und nach Möglichkeit gebündelt werden.