Die PAR-Behandlungsstrecke kommt in der Versorgung an
Seit Juli 2021, also fast einem Jahr, haben wir sie: die neue PAR-Behandlungsstrecke. Sie ist das Ergebnis intensiver fachlicher Beratungen und Verhandlungen – zunächst über mehrere Jahre im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu den Inhalten der systematischen Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen (PAR-Richtlinie) und anschließend im Bewertungsausschuss zu den Details der einzelnen Leistungen und deren Vergütung für die Vertragszahnärzteschaft.
Wir haben – auch gegen viele Widerstände – erfolgreich den Grundstein für eine systematische Behandlung der Parodontitis für gesetzlich Krankenversicherte auf der Grundlage von modernen wissenschaftlichen Therapieansätzen legen können.
Dies war und ist auch dringend notwendig, denn wir sehen uns mit einem großen Behandlungsrückstau konfrontiert, der sich über viele Jahre aufgebaut hat. Parodontale Erkrankungen waren und sind eine der größten zahnmedizinischen Herausforderungen – die es anzugehen gilt. Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte haben nun die notwendigen Instrumente in der Hand, um den jahrelangen Stillstand in der Parodontitistherapie zu beenden und ihre Patientinnen und Patienten endlich „state of the art“ behandeln zu können. Mit der PAR-Behandlungsstrecke haben wir neue Wege beschritten, die – und dessen sind wir uns bewusst – zu umfänglichen Änderungen im Praxisalltag führen. Daher haben wir viel dafür getan, die Praxen flächendeckend und allgemeinverständlich über die neue Behandlungsstrecke zu informieren, u. a. mit einem dreiteiligen Videoprojekt. Zahlreiche Fortbildungen der KZVen halfen zudem dabei, über die neuen Möglichkeiten der Parodontitistherapie aufzuklären.
Anlässlich des Europäischen Tages der Parodontologie am 12. Mai konnten wir nun erstmals belastbare Abrechnungsdaten auswerten. Und: Die Zahlen sind überaus erfreulich. Seit Einführung der neuen Behandlungsstrecke im Juli vergangenen Jahres sind die Neuplanungs-Zahlen für Parodontitisbehandlungen – nach einer kurzen Übergangsphase und Umstellungsprozessen bei der Praxis-EDV – ab Oktober 2021 deutlich angestiegen und liegen im ersten Quartal 2022 mit etwa 110.000 Fällen pro Monat um 15 bis 17 Prozent oberhalb der Vorjahreswerte und auch oberhalb des Monatsdurchschnitts aus 2019.
Diese Zahlen zeigen, dass der Berufsstand die neue Behandlungsrichtlinie überaus positiv annimmt und wie wichtig es war, der Parondititisbehandlung nach langen Jahren des Stillstands endlich eine aktuelle wissenschaftliche Basierung zu geben und gleichzeitig zu einer angemessenen Vergütung für die Therapie der großen Volkskrankheit Parodontitis zu finden.
Zusammen mit der Bundeszahnärztekammer und der Wissenschaft werden wir weiterhin große Anstrengungen unternehmen, um das fehlende Wissen um Ursachen und Prävention der Parodontitis in der Bevölkerung zu verbessern und so die Gesundheitskompetenz auf diesem Gebiet zu festigen. Dort gibt es noch einiges zu tun, denn aktuelle Umfragen zeigen, dass das Wissen um die Gefahren für die allgemeine Gesundheit und die Behandlungsmöglichkeiten der Parodontitis in der Bevölkerung nicht allzu hoch ist.
Umso mehr blicken wir mit Sorge in Richtung Gesundheitspolitik, wo immer wieder versucht wird, die vertragszahnärztliche Selbstverwaltung in ihrer Handlungs- und Entscheidungsfreiheit zu beschränken. Gerade die PAR-Richtlinie hat gezeigt: Die Selbstverwaltung funktioniert. Sie, und sie allein, ist mit ihren Akteuren in der Lage, die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten fachnah und angemessen auszugestalten und zu sichern. Versuche der Politik, diese Strukturen zu beschränken oder mit zu starren Vorgaben an die Kette zu legen, gefährden die zahnmedizinische Versorgung unmittelbar. Dem müssen wir uns als Berufsstand konsequent und selbstbewusst entgegenstellen. Denn: wir Zahnärztinnen und Zahnärzte sind die Träger der modernen Zahnheilkunde in Deutschland. Die Umsetzung der PAR-Strecke in den Praxen ist damit in aller Linie auch Ihr Verdienst.
Daher sind wir zuversichtlich, dass es uns zusammen mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ähnlich wie bei der Bekämpfung der Karies auch hier gelingen wird, die besorgniserregende Parodontitislast in Deutschland nachhaltig zu senken.