Studie aus Korea

Disto-linguale Wurzel am ersten UK-Molaren ist in Asien keine Seltenheit

Ist am ersten Unterkiefer-Molaren eine zusätzliche disto-linguale Wurzel (Radix entomolaris) vorhanden, muss mit einer schwierigen mechanischen Aufbereitung gerechnet werden. Die Wurzel ist oft kleiner und hat einen größeren Krümmungswinkel. Während diese anatomische Besonderheit in Europa eher selten vorkommt, ist sie in Asien stärker verbreitet. Und sie ist mit einer Wurzelkanalanomalie assoziiert, wie ein südkoreanisches Team jetzt herausfand.

Wenn der erste Unterkiefer-Molar eine disto-linguale Wurzel (distolingual root, DLR) aufweist, ist auch die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein von zwei Wurzelkanälen bei Unterkiefer-Inzisiven höher. Das ist das Ergebnis einer Studie koreanischer ForscherInnen, die insgesamt 900 Zähne anhand dreidimensionaler Bildgebungen untersucht haben.

Gewöhnlich haben die ersten Unterkiefer-Molaren eine mesiale und eine distale Wurzel sowie insgesamt drei Wurzelkanäle. Möglich sind auch nur zwei Wurzelkanäle, dies ist aber eher selten. Untere Schneidezähne haben normalerweise eine Wurzel und einen Wurzelkanal. Ein zweiter Wurzelkanal ist selten; wenn es ihn gibt, wird er den Autoren zufolge in konventionellen Röntgenaufnahmen häufig übersehen.

DLR traten bei 27 Prozent der 300 Molaren auf

Deshalb wollten die WissenschaftlerInnen prüfen, wie häufig DLR bei Unterkiefer-Molaren zu finden sind und ob ein Zusammenhang zum Vorkommen von zwei Wurzelkanälen bei Unterkiefer-Inzisiven besteht. Dafür analysierten sie Computertomografie-Aufnahmen von insgesamt 150 PatientInnen, die im Rahmen von Implantatplanungen oder anderen Behandlungen angefertigt wurden. Insgesamt 300 erste Unterkiefer-Molaren und 600 Unterkiefer-Inzisiven wurden in die Analyse einbezogen. Zudem wurde bei vorhandenen DLR die Krümmung der Wurzel erfasst.

Im Ergebnis traten DLR bei 27 Prozent der 300 Molaren auf, während 25,8 Prozent aller Unterkiefer-Inzisiven zwei Wurzelkanäle aufwiesen. Eine Assoziation beider Anomalien konnte bestätigt werden.

Dabei nahmen die Forschenden eine seitenweise Auswertung vor: „Bei den linken zentralen und lateralen Schneidezähnen war die Wahrscheinlichkeit, dass sie zwei Kanalsysteme aufwiesen, bei Patienten mit DLR 4,25- beziehungsweise 3,86-mal höher als bei Patienten ohne DLR. Bei den rechten mittleren und seitlichen Schneidezähnen war die Wahrscheinlichkeit, dass sie zwei Kanalsysteme aufwiesen, 3,86- beziehungsweise 3,44-mal höher“ [Lee und Seo, 2022]. Zusammenhänge mit der Krümmung des Wurzelkanals konnten sie nicht feststellen. Auffällig war allerdings, dass Männer häufiger eine DLR hatten als Frauen.

DLR – in Ostasien die Norm, nicht die Ausnahme

Die AutorInnen berichten, dass eine disto-linguale Wurzel bereits in der Literatur erwähnt wurde („Radix entomolaris“). Sie beschreiben die DLR als kurz, konisch und in bukko-linguale Richtung gekrümmt, wobei letzteres Merkmal die endodontische Aufbereitung erschwere.

Die Prävalenz scheint in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen stark zu variieren: „Studien an Kaukasiern haben ergeben, dass die Häufigkeit nur 1,7 bis 4,2 Prozent beträgt, während Mongolen eine Häufigkeit von 24,5 bis 27,0 Prozent aufweisen.“ Die vorliegenden Studienergebnisse sehen die AutorInnen als Bestätigung dafür, dass die DLR häufiger in ostasiatischen Bevölkerungsgruppen vorkommt. Sie schlagen deshalb vor, dies bei jenen eher als Normvariante denn als Anomalie zu betrachten.

Originalpublikation: Lee JB, Seo MS: Mandibular incisors with two canals are associated with the presence of the distolingual root in mandibular first molars: a cone-beam computed tomographic study. BMC Oral Health 22, 145 (2022). doi.org/10.1186/s12903–022–02184 –4

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