Modellprojekt in Westfalen-Lippe

Der Physician Assistant: eine Entlastung für den Arzt

Ein zweijähriges Modellprojekt zum Physician Assistant (PA) ist am 1. April in Westfalen-Lippe gestartet. Im Studium erwerben die PA Kenntnisse, um in einem ärztlich geleiteten Team spezielle Aufgaben zu übernehmen. Der Beruf des Physician Assistant ist in Deutschland noch relativ neu. Wo steht das Berufsbild heute?

Das Modellprojekt hat die KV Westfalen-Lippe (KVWL) gemeinsam mit der Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik Rheine (EUFH) und der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants (DGPA) gestartet. Ziel ist, wissenschaftlich zu belegen, wie PA Haus- und Facharztpraxen in der ambulanten Versorgung unterstützen können. So wird untersucht, wie sie effektiv in die Arbeitsabläufe integriert werden können, wie sie Ärzte dabei entlasten und in welchem Umfang sich der Versorgungsumfang der Praxen durch den PA-Einsatz erweitern kann. Analysiert wird auch, welche Aufgaben Ärztinnen und Ärzte typischerweise an PA delegieren. Da die Arbeit von PA auch für Patienten neu ist, soll auch deren Zufriedenheit gemessen werden.

Nicht die Antwort auf die hohe Arbeitsbelastung, aber Teil der Lösung

Dass schon heute besonders qualifizierte Medizinische Fachangestellte (MFA) die niedergelassenen Ärzte entlasten, indem sie beispielsweise Hausbesuche übernehmen und Patienten eigenständig versorgen, betont der stellvertretende KV-Vorstandsvorsitzende Dr. Volker Schrage. Ein weiterer Stützpfeiler künftiger Delegation können Physician Assistants sein – das wollen wir mit diesem Projekt wissenschaftlich belegen.“

Dabei erhalten PA eine breite medizinische Ausbildung und sind vor allem im hausärztlichen Bereich tätig, beont Studienleiterin Prof. Dr. Katharina Larisch, Physician Assistance an der EUFH: „Physician Assistants sind sicher nicht die Antwort auf die hohe Arbeitsbelastung der Hausärzte, aber sie stellen einen wichtigen Teil der Lösung dar“, ist sie überzeugt.

Zum Studiengang

Der Studiengang Physician Assistance ist nach internationalen Standards ausgerichtet, wird an etlichen staatlichen und privaten Fachhochschulen im ganzen Bundesgebiet angeboten und kann auch dual studiert werden. Die Zielgruppe für das Studium sind neben MFA alle, die eine Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf haben, sowie Notfallsanitäter. Der erste PA-Studiengang in Deutschland startete im November 2005 an der Steinbeis Hochschule Berlin mit zwölf Studierenden. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants (DGPA) ist das Berufsbild bereits seit langen Jahren in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, China, Südafrika und weiteren Ländern in das Gesundheitswesen integriert. In Europa ist es insbesondere in den Niederlanden und in Großbritannien etabliert.

Der KV zufolge schreitet neben den klassischen Weiterbildungsmöglichkeiten für MFA auch in medizinischen Assistenzberufen die Akademisierung voran. Die Ausbildung zum PA beinhalte sowohl pflegerische als auch medizinische Aspekte und reiche über die Ausbildung einer MFA hinaus. In sechs- oder siebensemestrigen Bachelorstudiengängen werden die PA demnach für ein breites Delegationsspektrum qualifiziert, heißt es weiter. Danach könnten sie komplexe Prozesse mitentwickeln, verbessern und aufrechterhalten. Dafür würden Grundlagen aus Recht, Ökonomie, Informatik, Qualitätsmanagement und Medizintechnik gelehrt. Außerdem würden PA dazu befähigt, vorbereitende Anamnesen und körperliche Untersuchungen durchzuführen. Mit diesen medizinischen Kenntnissen fungiere der PA als Ergänzung zum Arzt oder zur MFA.

Ausdrücklich weist die KV darauf hin, dass die Ärztinnen und Ärzte Leistungen, die sie aufgrund der erforderlichen besonderen Fachkenntnisse nur persönlich erbringen können, nicht delegieren dürfen. Das betreffe Leistungen die sie wegen ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit für Patienten oder wegen der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen unter Einsatz spezifischer Fachkenntnis und Erfahrung persönlich erbringen müssen.

Ein neues Berufsbild

Die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatten 2017 ein Konzept zum Physician Assistant als neuem Berufsbild verabschiedet. Ziel war, die Studiengänge zu vereinheitlichen und eine Regelung auf Bundesebene zu finden und somit eine Zersplitterung der Gesundheitsfachberufe zu verhindern. Sie hatten sich dazu eng mit der Deutschen Hochschulkonferenz Physician Assistance abgestimmt. Zuvor hatte auch der Deutsche Ärztetag für ein bundeseinheitlich geregeltes, neu einzuführendes Berufsbild Physician Assistant gestimmt.

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