Wie ein kleiner Tagebucheintrag
„Ich hätte mir nach dem Abitur jemanden gewünscht, der mich bei den vielen Ups und Downs begleitet hätte, die ich durchgemacht habe, als ich über mehrere Jahre versucht habe, an einen Studienplatz zu kommen“, erzählt Zahnmedizinstudent René Piekarski. Gemeinsam mit seiner Kommilitonin Greta Köszeghy verrät er nun Tricks und Kniffe rund ums Studium – im eigenen Podcast.
„Zahnis im Durchbruch“ ist ein Talk-Podcast für zukünftige Zahnmedizinstudierende, in dem Sie sich locker und aufrichtig über Ihren Studienalltag austauschen. Welche Themen greifen Sie dabei auf?
Greta Köszeghy: Wir sprechen in erster Linie über unsere eigenen Erfahrungen und Gedanken. Wir möchten das doch sehr anspruchsvolle Studium bestmöglich beleuchten und in einer sehr privaten Atmosphäre zeigen, wie stressig es ist, aber auch wie viel Spaß es machen kann. Wir betonen immer wieder, dass es sich hier immer um unsere individuellen Erfahrungen handelt. Ob Charakter oder Werdegang: René und ich sind zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Auch wir sind nicht immer derselben Meinung. Gerade dadurch hat der Zuhörer die Möglichkeit, sich in uns wiederzufinden.
René Piekarski: Mit dem Podcast möchten wir vor allem Studieninteressierte erreichen und sie über unser Studium aufklären. Es ist unser Ziel, sie zu motivieren, den langen Weg zum Studium – aber auch währenddessen – auf sich zu nehmen.
Die „Zahnis im Durchbruch“: Greta Köszeghy und René Piekarski studieren Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke. Mit ihrem Podcast machen sie Lust aufs Studium und klären über den oft stressigen Studienalltag auf.
Ihre Themen sind vielfältig. Mit Studierenden aus Hamburg wird es bald eine Folge zum Thema „Studieren über die Bundeswehr“ geben. Welche Themen machen Ihnen besonders viel Spaß?
René Piekarski: Besonderen Spaß macht es uns immer wieder mit Vorurteilen aufzuräumen. Wir interagieren viel mit unseren Zuhörerinnen und Zuhörern und geben ihnen die Möglichkeit, uns zum Beispiel ihre eigenen Vorurteile gegenüber ZahnmedizinerInnen beziehungsweise Privatstudierenden einzureichen.
Den Umgang mit Vorurteilen findet man nicht nur in den beiden gleichnamigen Folgen. Wir versuchen generell Stigmata aufzuheben. So erschien in den vergangenen Wochen eine Folge zum Körperspender-Kurs, in der wir die Zuhörerinnen und Zuhörer dazu einladen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und mögliche Sorgen vor diesen besonderen Veranstaltungen zu nehmen.
Mit der Zeit haben wir schnell gemerkt, dass wir viele unterschiedliche Themenbereiche behandeln. Daher haben wir uns kleine Unterkategorien einfallen lassen. Neben den „UW/H-Folgen“ haben wir letztes Jahr die Rubrik „Mund auf Zahni“ ins Leben gerufen. Hier geben wir Zahnis die Möglichkeit, das Mikrofon für ihr ganz persönliches Thema zu nutzen. Den Start haben damals wir beide gesetzt, als ich unseren Zuhörern in einer ganz persönlichen Folge mein Lebensmotto „Einfach mal machen“ ans Herz gelegt habe und Greta über das Thema „Selbstzweifel“ sprach.
Andere Themen, zum Beispiel die neue Approbationsordnung, werden laut den Streaming-Daten viel gehört. Wonach entscheiden Sie, welche Themen im Podcast behandelt werden?
Greta Köszeghy: Als wir damals auf Renés Sofa saßen und unsere erste Folge über die Sprachnotizen-App mit seinem Handy aufgezeichnet haben, dachten wir, dass unser Podcast vielleicht zehn Folgen haben wird. Nach mittlerweile über 40 Episoden haben wir gemerkt, wie viel unser Studium den eigenen Alltag beeinflusst und wie viel Lustiges und Interessantes wir erleben. Neben den Themen, die uns im Studienverlauf einfallen und die dann auch immer recht zeitnah erscheinen, sind es aber auch die Zuhörerinnen und Zuhörer, die uns regelmäßig über Social Media kontaktieren mit Ideen und Wünschen bei der Themenfindung.
Seit über einem Jahr motivieren Sie nun gemeinsam junge Menschen zum Zahnmedizinstudium. Warum ist es Ihnen so wichtig, junge Menschen für diesen Weg zu begeistern?
René Piekarski: Ich selbst habe am eigenen Leib erfahren, wie hart es ist, an einen der heißbegehrten Studienplätze zu kommen, obwohl dieser Beruf mein absoluter Traum war. Damals war mein Abitur zu schlecht. Also begann ich eine Ausbildung zum Zahntechniker in Hamburg. Ich entschloss mich, die Lehrzeit nicht zu verkürzen, da es mir wichtig war, den Beruf vollständig und ohne Abstriche zu erlernen. Ich schloss damals die Ausbildung mit dem ersten Platz als Hamburger Landessieger und dem dritten Platz als Bundessieger im Leistungswettbewerb ab. Selbst dieser Erfolg, der meine Passion zu dem Beruf eigentlich hätte ausdrücken müssen, ermöglichte es mir nicht, Zahnmedizin zu studieren.
Anschließend entschied ich mich dazu, Berufsschullehramt zu studieren, um zumindest heranwachsende Zahntechnikerinnen und Zahntechniker voranzubringen. Während dieses Studiums merkte ich von Tag zu Tag, wie unglücklich ich war. Und das obwohl die Inhalte sich ähnelten. Anatomische Vorlesungen haben mich frustriert, statt mich zu begeistern. Nach zwei Semestern bewarb ich mich in letzter Instanz an der Universität Witten/Herdecke, wurde zum Bewerbungsverfahren eingeladen und endlich angenommen.
Mein Werdegang ist der Grund, warum ich für dieses Studium, aber auch für diesen Podcast so sehr brenne. Ich weiß, wie schwer und frustrierend die Ungewissheit sein kann, und möchte jeden unterstützen, dem es so geht wie mir damals – beziehungsweise sie vorher schon abholen, bevor es überhaupt erst dazu kommt.
Frau Köszeghy, und wie sind Sie zum Zahnmedizinstudium gekommen?
Greta Köszeghy: Über Umwege. Vom Leistungssport als Sportsoldatin zur Zahnmedizin. Also wirklich nicht der Weg, den man vorhersehen konnte. Ich wusste aber schon immer, dass ich studieren möchte und dass es wahrscheinlich auch die Zahnmedizin ist, bei der ich am Ende landen werde. Anders als bei René sind meine Eltern beide Zahnärzte. Da hatte ich somit schon in frühen Jahren den einen oder anderen Einblick. Ich durfte schon immer schnuppern und habe selbst erlebt, wie der Alltag eines Zahnarztes aussieht. Wenn ich mal Mäuschen im Behandlungszimmer spielen durfte, hat mir schon immer die Zusammenarbeit zwischen Patient und Behandelndem gefallen. Wenn dann auch noch die Patienten mit einem Lächeln nach der Behandlung gegangen sind, hat mich das genauso glücklich gemacht wie die Patienten selbst.
Zu Hause haben meine Geschwister und ich das Nähen von unserer Mutter gelernt, ab diesem Zeitpunkt konnte man uns auch nicht mehr aufhalten, alles mögliche an Handarbeiten auszuprobieren. Gerade in der Zahnmedizin fügt sich für mich alles zusammen – von theoretischem Wissen, Ausdauer, über handwerkliches Geschick bis hin zum regelmäßigen Patientenkontakt.
Aus einer aktuellen Umfrage des Studierendenparlaments des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte geht hervor, dass das Zahnmedizinstudium oft hart ist, ohne fair zu sein. Studierende berichten von einem rauen Umgangston, unfairen Bewertungen und Dauerstress. Bekommen Sie ebenfalls solche Reaktionen?
René Piekarski: Ich habe vorhin bereits unsere Rubrik „Mund auf Zahni“ erwähnt. Tatsächlich hatten wir einen der Studenten bei uns zu Gast, der diese Umfrage mit erhoben hat. In der Folge „Diamanten entstehen unter Druck“ werden zum einen die Ergebnisse vorgestellt, zum anderen unterhalten sich Jorit Claußen und ich auch über den Umgang bei uns an der Universität, aber auch darüber, was andere berichten.
Dass dieses Studium nicht zu den einfachsten gehört, ist – glaube ich – selbst den meisten Nicht-Zahnmedizinern bewusst. An unserer Universität laufen viele Dinge anders ab und der Umgangston ist meines Erachtens angemessen. Mit der neuen Approbationsordnung ist es aber zum Beispiel so, dass wir Studierende einem ganz neuen Stresslevel ausgesetzt werden. Die Z1 hat uns im vergangenen Jahr deutschlandweit sehr gefordert und bestimmt bei einigen Studierenden ihre Spuren hinterlassen. Ein Thema, dem wir auch zukünftig sehr viel Gehör schenken möchten.
Frau Köszeghy, wie erleben Sie Ihr eigenes Studium?
Greta Köszeghy: Tatsächlich besser als erwartet. Man hört ja hier und da immer mal wieder Horrorgeschichten, die zwischen den Studierenden kursieren. An der Universität Witten/Herdecke arbeiten wir sehr eng mit unseren Professoren und Dozenten zusammen, wodurch mancher Stress erst gar nicht entsteht. Da wir eine kleine Uni sind, haben wir sowohl im Semester als auch semesterübergreifend als Studierende einen sehr guten Kontakt untereinander. Dadurch fühlt man sich automatisch wie eine große Familie, in der jeder jeden unterstützt. Von Konkurrenzkampf ist bei uns nicht die Rede.
Dentale Podcasts: Wir haben was zu sagen!
Im zahnmedizinischen Bereich findet man mittlerweile viele Podcasts – es gibt wissenschaftsbetonte Formate, Gründergeschichten, Experten-Interviews, Podcasts für den Nachwuchs und Hörstücke mit unternehmerischem Fokus. Anfang dieses Jahres haben wir in den zm 1-2/2023 zehn ausgewählte Podcasts aus Zahnmedizin und Dentalbranche vorgestellt.
Sie betreiben den Podcast in Ihrer Freizeit. Davon hat man als Zahnmedizinstudent aber gar nicht so viel. Wie managen Sie Studium plus Podcast?
Greta Köszeghy: René und ich arbeiten gerne und viel an unterschiedlichen Projekten auch außerhalb des Podcasts. Somit ist es manchmal eine echt knifflige Angelegenheit, einen passenden Termin zu vereinbaren, um dann zwischen Vorlesungen, Prüfungen und Freizeit eine Folge aufzunehmen. Das kann dann auch von Woche zu Woche ein echter Drahtseilakt sein, da unser Stundenplan uns an manchen Tagen von morgens 8 bis abends 19 Uhr einspannen kann.
Um dieses Studium zu schaffen, benötigt man ausreichend Disziplin. Das bedeutet, sich bewusst zu sein, was man an einem Tag erreichen will, und diese Ziele auch angeht. Vorbereitung mit Recherche und Nachbereitung einer einzigen Folge können manchmal dreimal so lange dauern, wie die Aufnahme selbst. Deshalb sind wir für die Unterstützung unseres Kommilitonen Linus Lippstreu unglaublich dankbar, der uns in allen Fragen rund um Ton und Technik zur Verfügung steht. Neben dem vielen Lernen ist der Podcast eine klasse Möglichkeit, seine kreative Seite auszuleben, ein Hobby zu haben und zeitgleich das eine oder andere dazuzulernen – und das zur Abwechslung mal ohne schwere Bücher. Zudem sehen wir den Podcast auch als gute Gelegenheit, Freunde und Familie über unser Leben zu informieren. Es ist wie ein kleiner Tagebucheintrag für uns.
In welcher Frequenz erscheint Ihr Podcast?
René Piekarski: Im zweiten Semester haben wir den Podcast ins Leben gerufen. Mittlerweile sind wir bereits im fünften Semester und haben gerade erst die Z1 hinter uns gebracht. Im laufenden Semester produzieren wir wöchentlich eine Folge, die immer donnerstags um 19 Uhr erscheint. Zeitlich geben wir uns dabei kein Limit. Das bedeutet, dass manche Folgen 20, andere 60 Minuten laufen – je nach dem, wie viel Zeit es braucht, bis wir alles gesagt haben, was uns auf der Zunge liegt. Und selbst dann merken wir in der Nachbearbeitung oft, was wir noch alles hätten sagen wollen.
Die vorlesungsfreie Zeit nutzen wir dann, um unsere nächsten Staffeln zu planen, und machen eine kleine Podcast-Pause. Über Social Media sind wir aber jederzeit für unsere Zuhörer zu erreichen.
Knapp 20.000 Streams haben Sie bereits erreicht. Wo wollen Sie hin?
René Piekarski: Natürlich wünschen wir uns, dass dieser Podcast auch zukünftig diejenigen erreicht, die sich unsere Informationen wünschen. Die Chat-Nachrichten, die uns regelmäßig erreichen sind so herzerwärmend und bestärken uns in dem, was wir tun. Es gibt da draußen so viele junge Menschen, die von genau diesem Studium träumen und sich in manchen Dingen dennoch unsicher sind. Wir haben noch einige Themen zu besprechen und denken auch nicht, dass es uns zukünftig an Ideen und Inhalten fehlen wird. In einem Jahr geht's für uns schon in die Klinik … Spätestens dann haben wir bestimmt wieder genügend neue Eindrücke und Erfahrungen. Schließlich sind wir ja noch lange nicht „durchgebrochen“!
Das Gespräch führte Navina Bengs.