Worauf man bei der Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ achten muss
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich 2022 in gleich zwei Verfahren mit diesen Fragen befasst. Die Komplexität des Problems ergibt sich aus dem beschränkten Werberecht für Zahnärztinnen und Zahnärzte. Zudem kommt es – wie so oft – auf die Details an.
In dem ersten Urteil des BGH vom 7. April 2022 (Az.: I ZR 217/20) ging es darum, ob die Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ irreführend im Sinne der §§ 3 und 5 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) sei. Ob eine Werbung irreführend ist, also ein Verständnis erweckt, das nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, beurteilt sich nach der Perspektive eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers. In diesem Fall also aus der Perspektive der Eltern und, je nach Alter, der Kinder.
Nach Ansicht des BGH erweckt die Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ nicht den Eindruck, dass bei den behandelnden Zahnärzten eine besondere Qualifikation vorliegen würde, die über die allgemeine zahnärztliche Qualifikation hinausgeht. Es entstehe lediglich der Eindruck, dass die Zahnarztpraxis besonders kindgerecht gestaltet sei und die dort tätigen Zahnärzte gegenüber Kindern besonders offen seien.
Daher erzeuge die Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ grundsätzlich keine irreführende Fehlvorstellung im Sinne des UWG.
Vorsicht im Zusammenhang mit weiteren Qualifikationen
In dem zweiten Urteil des BGH, ebenfalls vom 7. April 2022, (Az.: I ZR 5/21) ging es um die Bezeichnung einer Zahnärztin als „Kinderzahnärztin“. In der Vorinstanz hatte das Landgericht Düsseldorf entschieden, dass die Bezeichnung als „Kinderzahnärztin“ unzulässig sei, da ein solcher Fachzahnarzt schlichtweg nicht existiert. Die Bezeichnung kann aus Sicht der Richter, einen Patienten darüber täuschen und den Eindruck erwecken, die beworbene Person habe die zur Führung dieser in Wirklichkeit nicht vorgesehenen Facharztbezeichnung berechtigende besondere Qualifikation in dem von der Berufs- und Weiterbildungsordnung vorgeschriebenen Verfahren nachgewiesen (Az.: 37 O 82/18, Urteil vom 28. März 2019).
Der BGH bestätigte diese Auffassung in diesem Fall. Jedoch betonte der Senat, dass hier konkret ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Bezeichnungen „Kinderzahnärztin“ und „Kieferorthopädin“ bestand. Dieser enge Zusammenhang zwischen den Bezeichnungen „Kinderzahnärztin“ und „Kieferorthopädin“ erweckte den Eindruck, es handele sich um eine offiziell vorgesehene Zusatzqualifikation, die tatsächlich aber nicht existiert. In dem Urteil vermied der Senat es leider, eine Beurteilung für den Fall zu treffen, in dem der Begriff „Kinderzahnärztin“ ohne einen solch unmittelbaren Zusammenhang zu einer offiziellen Fachzahnarztbezeichnung steht.
Fazit
Im Ergebnis kommt es auf die Details an und es sollte stets sorgfältig geprüft werden, wie eine Aussage in ihrem Gesamtzusammenhang erscheint. Denn bei einem Verstoß gegen die Vorschriften des UWG droht gemäß § 8 ein Unterlassungsanspruch und nach § 20 können auch Geldbußen als Konsequenz folgen.
Pauschal lässt sich nicht immer sagen, was als irreführend im Sinne des UWG anzusehen ist. Als Tendenz lässt sich allerdings deutlich erkennen, dass die Bezeichnung einer Zahnarztpraxis als „Kinderzahnarztpraxis“ grundsätzlich unproblematisch ist. Eine solche Bezeichnung erweckt für Eltern und Kinder nach Auffassung des BGH nämlich nicht den Eindruck einer besonderen fachlichen Qualifikation, sondern nur von besonderen örtlichen Gegebenheiten und Ausstattungsmerkmalen der Praxis und einer gewissen Offenheit der Zahnärzte gegenüber Kindern.
Treten hingegen Zahnärzte als „Kinderzahnärzte“ auf, ist die Konzeption erheblich schwieriger. Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer Fachzahnarztbezeichnung und dem Begriff „Kinderzahnarzt“, ist dies grundsätzlich als irreführend im Sinne des UWG anzusehen. Allerdings sind auch Gestaltungsmöglichkeiten denkbar, bei denen ein solcher Zusammenhang nicht gesetzt wird. Es ist zudem auch möglich, den Begriff „Kinderzahnarzt“ explizit als Tätigkeitsschwerpunkt hervorzuheben und somit von einer Fachzahnarztbezeichnung abzugrenzen. Dann ist auf jeden Fall die Vorgabe der Berufsordnung zu beachten, wonach Tätigkeitsschwerpunkte nur personenbezogen, nicht praxisbezogen, ausgewiesen werden dürfen.