Chronische Sialolithiasis: Submandibulektomie bei rezidivierenden Beschwerden
Eine 41-jährige Patientin wurde auf Überweisung ihres Hausarztes mit rezidivierenden, schmerzhaften Schwellungen im submandibulären Bereich rechts vorstellig. Die Schwellungen seien „nahrungsabhängig“, erzählte die Patientin. Sie verneinte weitere Symptome oder Allgemeinerkrankungen. Bei genauer Anamnese berichtete sie von einem Versuch einer Sialendoskopie zur Entfernung eines Speichelsteins im proximalen Ausführungsgang der rechten Glandula submandibularis mehrere Monate zuvor; ein Stein hätte nicht entfernt werden können.
Nach diesem Eingriff habe sich ihr Zustand vorübergehend verbessert, jedoch seien die Beschwerden in den vergangenen Wochen wieder intensiver geworden. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine druckempfindliche Schwellung im kaudalen Bereich des rechten Unterkiefers (Abbildung 1). Speichel konnte aus dem ipsilateralen Ausführungsgang der Glandula submandibularis nicht exprimiert werden. Die darauf folgende Sonografie bestätigte den Verdacht auf das Vorhandensein eines Sialolithen im proximalen Ausführungsgang der rechten Glandula submandibularis (Abbildung 2).
Zur weiteren Abklärung und Therapieplanung wurde eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt, die lipotrophes Gewebe in der rechten Glandula submandibularis zeigte, begleitet von einer signalarmen Struktur von 6 mm x 6 mm x 4 mm im proximalen Ductus submandibularis (Abbildung 3). Somit wurde die Diagnose einer Sialolithiasis mit einem bis zu 6 mm großen Stein im proximalen Ductus submandibularis rechts ohne akute Entzündungszeichen gestellt. Die beobachtete Lipotrophie des Drüsengewebes wurde als Hinweis auf einen chronischen Prozess gewertet.
Nach eingehender Beratung aller potenziellen therapeutischen Optionen, insbesondere einer erneuten Sialendoskopie, mit der Patientin, wurde entschieden, die betroffene Drüse inklusive des Steins in Intubationsnarkose zu entfernen. Der Eingriff erfolgte komplikationslos während eines zweitägigen stationären Aufenthalts. Die Submandibulektomie wurde über einen extraoralen Zugang von etwa 4 cm durchgeführt, wobei die angrenzenden Nerven geschont wurden; und der Stein wurde erfolgreich entfernt (Abbildungen 4 und 5). Um keine weiteren Steine zu übersehen, wurde intraoperativ der Wharton-Gang sondiert und exstirpiert (Gang-Stripping). Die Patientin berichtete während der Nachsorgephase über keine Beschwerden mehr – und die Narbe war aufgrund ihrer Lage in einer Halsfalte kaum sichtbar.
Diskussion
Die Sialolithiasis stellt die häufigste Ursache für obstruktive Speicheldrüsenerkrankungen dar. Die meisten Speichelsteine (zu 80 bis 90 Prozent der Fälle) betreffen die Glandula submandibularis, wie im vorgestellten Fall, und sind vor allem im distalen Drittel des Wharton-Gangs, am Hilum oder im hilo-parenchymalen Bereich der Drüse lokalisiert. Die Glandula submandibularis neigt aufgrund ihrer anatomischen Position, ihres längeren und komplizierteren Ganges sowie der Produktion von schleimreichem, alkalischem Speichel eher zur Bildung von Sialolithen.
Es wird angenommen, dass Sialolithe aufgrund von Mineralablagerungen um einen ursprünglichen Nidus, der aus Bakterien, Speichelmucinen oder abgeschilferten epithelialen Zellen bestehen kann, entstehen, während die genaue Ursache jedoch unbekannt ist. Eine Abnahme des Speichelflusses, eine Zunahme der Alkalität und erhöhte Kalziumspiegel können alle Einfluss auf die Entwicklung von Sialolithen haben [Kao et al., 2020]. In einigen Fällen kann es zu einer spontanen Steinextrusion durch die Papille kommen. Wenn das ausbleibt, kann es zu einer teilweisen oder einer vollständigen Blockade des Speichelabflusses führen. Ein unzureichender Speichelfluss kann zu einer aufsteigenden Infektion des Speicheldrüsengangs durch die Mundhöhle führen. Steine, die die Speicheldrüse verstopfen, wachsen jährlich um geschätzt 1 mm [Strychowsky et al., 2012].
Die meisten betroffenen Patienten zeigen Symptome wie wiederkehrende schmerzhafte Schwellungen der betroffenen Speicheldrüse, manchmal auch Ausfluss aus der Drüse sowie Mundgeruch. Die Symptome werden vor allem dann manifest, wenn der Speichelstein eine bestimmte Größe erreicht hat und dadurch das Gangsystem verlegt [Thiem und Kämmerer, 2016].
Nach der deutschen S2k-Leitlinie „Obstruktive Sialadenitis“ (AWMF-Register-Nr. 017-025) sollte die initiale Anamnese vor allem die Art, Intensität und Häufigkeit der Beschwerden sowie potenzielle Komplikationen erheben. In der anschließenden klinischen Untersuchung empfehlen die Autoren der Leitlinie primär eine Inspektion und bimanuelle Palpation von Drüsen und Ausführungsgängen, eine Beurteilung des Speichels und ein Ausstreichen der betroffenen Drüse. Die Sonografie als nicht-invasive und kostengünstige bildgebende Technik sollte zur Untersuchung von Speicheldrüsenerkrankungen als das diagnostisch bildgebende Verfahren der ersten Wahl eingesetzt werden; die Sensitivität zur Erkennung von Speichelsteinen wird mit bis zu 95 Prozent beziffert [Goncalves et al., 2017]. Fortschritte in diagnostischen Modalitäten wie CT und MRT haben den diagnostischen Prozess revolutioniert, wobei die S2k-Leitlinie eine individuelle Auswahl einer eventuell weiter notwendigen Diagnostik angibt. Auch die Sialendoskopie kann – wenn notwendig – potenzielle Gangverengungen oder andere Hindernisse identifizieren und simultan eine Intervention ermöglichen.
Die initiale konservative Behandlung bei chronischer oder wiederkehrender Sialadenitis umfasst eine ausreichende orale Flüssigkeitszufuhr, Sialogoga (zum Beispiel Zitronensäure, Ascorbinsäure, Pilocarpin), Mundspülungen, eine Dilatation der Papille und Drüsenmassagen und – wenn notwendig – eine antiinfektiöse Behandlung unter Verwendung von Antibiotika und Antiphlogistika. Sollte dies keinen Erfolg haben, sind initial drüsenerhaltende Maßnahmen wie die interventionelle Sialendoskopie – die auch im beschriebenen Fall primär angewandt wurde – Mittel der Wahl. Seit dem erstmaligen Einsatz der Sialendoskopie in der klinischen Praxis wird über eine Erfolgsrate von 85 bis 90 Prozent bei der Behandlung von Speicheldrüsenerkrankungen berichtet [Strychowsky et al., 2012].
Klein und Ardekian wiesen darauf hin, dass Sialolithe von bis zu 4–5 mm für die Sialendoskopie akzeptabel sind, wohingegen Sialolithe, die tief im Hilus liegen, eine Herausforderung für Chirurgen darstellen [Klein und Ardekian, 2014]. Kondo und Kollegen berichteten, dass die Entfernungsrate von Speichelsteinen durch Sialendoskopie bei einer Steingröße von < 3 mm 80 Prozent betrug. Im Gegensatz hierzu sank die Erfolgsrate bei größeren Steinen auf lediglich 15,8 Prozent ab [Kondo et al., 2018]. Weitere Faktoren, die mit Misserfolgen bei der Sialendoskopie in Verbindung gebracht wurden, waren das Vorhandensein mehrerer Steine, die Lage eines Steins oder einer Stenose im proximalen Bereich, mehrere Stenosestellen und eine Lithiasis in einem stenotischen Ausführungsgang [Ramsha et al., 2023].
Zu den drüsenerhaltenden Maßnahmen sind auch die Gangschlitzung ohne oder mit Marsupialisation [Thiem und Kämmerer, 2016], die intraduktale Manipulation unter sonografischer Kontrolle oder die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (Steinzertrümmerung mittels Ultraschall) zu zählen. Bei der Betrachtung der extrakorporalen Lithotripsie für Submandibularsteine zeigt sich, dass sich diese Methode nicht als gültige Alternative zu anderen minimalinvasiven Ansätzen wie der intraoralen Chirurgie oder der endoskopischen Steinentfernung durchsetzen konnte. Die extrakorporale Lithotripsie weist eine niedrigere Erfolgsquote bei der Behandlung von Sialolithiasis der Submandibulardrüse im Vergleich zur Parotis-Sialolithiasis auf. Zudem muss sie regelmäßig mehrmals durchgeführt werden, bevor ein Erfolg erkennbar ist. Im Vergleich dazu zeigt die intraorale Chirurgie deutlich höhere Erfolgsraten bei Steinen der Submandibulardrüse. Darüber hinaus kann die intraorale Chirurgie auch unter Lokalanästhesie durchgeführt werden, während oft nur eine Sitzung erforderlich ist, damit sie ihre Wirkung zeigt [Iro et al., 2009].
Im Rahmen einer retrospektiven Analyse über 20 Jahre kamen Bolooki et al. zu der Schlussfolgerung, dass die häufigste Ursache für die Exzision der Drüse mit 36 Prozent die im beschriebenen Fall vorliegende Sialolithiasis war. Eine intraparenchymale Steinlokalisation war der führende Grund für die Exzision der Drüse bei Patienten mit Sialolithiasis – mit 49,6 Prozent, gefolgt von erfolglosen drüsenerhaltenden Verfahren (15,5 Prozent). Wiederkehrende Sialolithiden machten nur 13,9 Prozent dieser Fälle aus [Bolooki et al., 2024]. Mit dem Fortschritt der Sialendoskopie und kombiniert endoskopischen und chirurgischen Ansätzen verliert die Exzision der Drüse allmählich an Bedeutung. Nur zwei bis fünf Prozent der Patienten mit Sialolithiasis der Unterkieferspeicheldrüse benötigen eine Drüsenexzision.
Fazit für die Praxis
Bei Patienten mit rezidivierenden Schwellungsepisoden der Speicheldrüsen sind eine gründliche Anamnese und die klinische Untersuchung entscheidend, um eine Sialolithiasis frühzeitig zu erkennen und zu diagnostizieren.
Die Sonografie bleibt das bildgebende Verfahren der ersten Wahl zur Detektion von Speichelsteinen aufgrund ihrer hohen Sensitivität und ihrer Nichtinvasivität.
Bei der Behandlung einer Sialolithiasis der Unterkieferspeicheldrüse sollte die Sialendoskopie als erste Intervention erwogen werden, wobei die Größe und Lage des Steines sowie die Erfahrung des Chirurgen berücksichtigt werden sollten.
Die Submandibulektomie ist eine gangbare Behandlungsoption der Sialolithiasis, insbesondere wenn drüsenerhaltende Ansätze bereits gescheitert sind.
Obwohl die Drüsenerhaltung aufgrund chirurgischer und postoperativer Komplikationen priorisiert werden sollte, kann je nach Lage die Exzision die einzige machbare Behandlungsoption sein. Vor allem eine intraparenchymale Lage der Steine erschwert und macht es nahezu unmöglich, das Konkrement durch Endoskopie zu erreichen. Darüber hinaus wird die Lokalisierung von Steinen durch Abtasten schwierig, was die Möglichkeiten transoraler chirurgischer Ansätze einschränkt [Koch et al., 2021; Badash et al., 2022]. Wie im beschriebenen Fall wird die Entfernung großer proximaler oder hilo-parenchymaler Sialolithen der Unterkieferspeicheldrüse traditionell durch eine transzervikale Sialoadenektomie durchgeführt, was potenziell mit einem signifikanten Risiko für den marginalen mandibulären Nerv verbunden ist und zu einer ästhetisch unansehnlichen Narbe führen kann.
Literaturliste
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