Sozialgericht München

MVZ ohne zahnärztlichen Leiter verliert Honoraranspruch

Für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung muss ein zahnmedizinisches MVZ auch tatsächlich einen zahnärztlichen Leiter haben. Ansonsten verliert es seinen vollständigen Honoraranspruch, urteilte das Sozialgericht München.

Leistungen, die von einem MVZ erbracht werden, das keinen zahnärztlichen Leiter hat, der sicherstellt, dass zahnärztliche Entscheidungen unabhängig von sachfremden Erwägungen getroffen werden, sind somit sachlich rechnerisch zu berichtigen, unabhängig davon, dass das MVZ weiter über eine Zulassung verfügt.

In dem betreffenden Fall ging es um ein zahnmedizinisches Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), dessen zahnärztliche Leiterin aufgrund einer Schwangerschaft von Ende Juli bis Ende November 2021 dem Beschäftigungsverbot gemäß Mutterschutzgesetz unterlag. Mit einem Formblatt „Abmeldung“ teilte das MVZ dem Zulassungsausschuss am 25. Oktober 2021 mit, dass die Frau ihre zahnärztliche Tätigkeit und zahnärztliche Leitung zum 29. Juli 2021 beendet habe. Es wurde außerdem ein Antrag auf Änderung der zahnärztlichen Leitung gestellt.

Der Zulassungsausschuss bei der beklagten KZV stellte daraufhin fest, dass Anstellung und zahnärztliche Leitung der Zahnärztin beim MVZ zum 24. November 2021 wegen ihrer Schwangerschaft und dem damit einhergehenden Beschäftigungsverbot enden.

Der klagende Krankenkassenverband forderte im Anschluss, dass das Honorar des MVZ in der Zeit der Abwesenheit der zahnärztlichen Leiterin um 37.051,41 Euro gekürzt wird und beantragte, dass alle vom MVZ in dem Zeitraum erbrachten zahnärztlichen Leistungen sachlich-rechnerisch geprüft werden. Dies lehnte die beklagte KZV ab: Das MVZ habe auch 2021 durchgängig über eine zahnärztliche Leitung verfügt und daran sei die KZV gebunden. Aus der Anwendung des  Mutterschutzgesetzes ergäben sich keine Auswirkungen auf statusbegründende Entscheidungen des Zulassungsausschusses.

Das MVZ hätte jederzeit einen Vertreter für die zahnärztliche Leitung bestellen können

Dagegen legte der Krankenkassenverband Klage ein. Das Sozialgericht gab der Klage statt, hob den Bescheid der KZV auf und verpflichtete sie, noch einmal über die Sache zu entscheiden. Die Richter sind der Ansicht, dass die vollständige Kürzung des Honorars in der Zeit der Abwesenheit der zahnärztlichen Leiterin berechtigt ist.

Das Sozialgericht München begründet seine Entscheidung damit, dass das MVZ in dem Zeitraum der Abwesenheit der zahnärztlichen Leiterin gegen § 95 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V verstoßen hat. Danach benötigt ein MVZ einen dort tätigen ärztlichen Leiter. Dies gilt auch für zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren. Nach dem Gesetzeswortlaut müsse ein MVZ damit per Definition eine zahnärztliche Leitung haben. Wenn es keine zahnärztliche Leitung gibt, sei dem MVZ gemäß § 95 Abs. 6 SGB V die Zulassung zu entziehen. Anders als beim Wegfall der Gründungsvoraussetzungen eines MVZ sehe der Gesetzgeber hier auch keine sechsmonatige Schonfrist vor.

Auch dass das MVZ in dem Zeitraum des Fehlens einer ärztlichen Leitung statusrechtlich zugelassen war, ändert aus Sicht des Gerichts nichts an diesem Ergebnis: „Das Vorhandensein eines zahnärztlichen Leiters ist wie dargelegt konstitutiv für ein MVZ und dient insbesondere dem Schutz der Versicherten. Das MVZ hätte auch jederzeit einen Vertreter für die zahnärztliche Leitung bestellen können "und auch müssen, so dass kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht des MVZ auf Honorierung vorliegt“.

Sozialgericht München
Az.: S 49 KA 5037/23
Urteil vom 29. Februar 2024,
veröffentlicht am 18. Mai 2024

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