Groẞe Umfrage in den USA

Pandemie schmälerte Vertrauen der Amerikaner in Ärzte und Kliniken

Hat die Pandemie das Vertrauen in Ärzte und Krankenhäuser in den USA nach der Pandemie beschädigt und in der Folge auch die Impfbereitschaft beeinflusst? Diesen Fragen ging ein Forschungsteam aus Boston nach und wertete dafür Umfragedaten von mehr als 400.000 US-Bürgern aus.

Zentrales Ergebnis: Vor der Corona-Pandemie hatte die Mehrheit der befragten Erwachsenen in allen soziodemografischen Gruppen ein größeres Vertrauen in Ärzte und Kliniken als danach. Zudem korrelierte die Größe des Vertrauens mit der Wahrscheinlichkeit für eine Impfung gegen SARS-CoV-2. Dazu gruppierten sie die Befragten in vier Gruppen: solche mit „viel“, „etwas“, „wenig“ oder „keinem“ Vertrauen in Ärzte und Krankenhäuser und verglichen deren Impfstatus, um daraus das Chancenverhältnis (Odds-Ratio, kurz OR) zu errechnen. Das Ergebnis zeigt, dass mit zunehmendem Vertrauen auch die Wahrscheinlichkeit einer Impfung gegen SARS-CoV-2 stieg.

  • wenig Vertrauen vs. kein Vertrauen: Odds Ratio (OR) 1.38 (Konfidenzintervall 95 Prozent, Spreizung 1.16 bis 1.65)

  • etwas Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 2,48 (2.12 bis 2.90)

  • viel Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR, 4,94 (4.21 bis 5.80)

Ein ähnliches Muster wurde für die Auffrischungsimpfungen beobachtet:

  • wenig Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 1,23 (1.00 bis 1.52)

  • etwas Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 2.22 (1.84 bis 2.68)

  • viel Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 3.62 (2.99 bis 4.38)

und ebenso für Influenzaimpfungen:

  • wenig Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 1.21 (Konfidenzintervall 95 Prozent, Spreizung 0.91 bis 1.61)

  • etwas Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 2.63 (2.03 bis 3.40)

  • viel Vertrauen vs. kein Vertrauen: OR 5.09 (3.93 bis 6.59)

Die Umfragedaten wurden in 24 Wellen über einen Zeitraum von fast vier Jahren erhoben. Die zentrale Frage der Umfrage bis August 2022 lautete: „Wie sehr vertrauen Sie den folgenden Menschen und Organisationen, das Richtige zu tun, um den aktuellen COVID-19-Ausbruch in den Griff zu bekommen?“

Ab August 2022 folgte dann die Frage: „Wie sehr vertrauen Sie den folgenden Menschen und Organisationen zu tun, was richtig ist?“ Um die Korrelation zu untersuchen, sollten im Juni und Juli 2023 rund 4.000 zufällig ausgewählte US-Amerikaner beide Schlüsselfragen beantworten. Sekundäre Fragen ermittelten das individuelle Vertrauen zur Wissenschaft und zu anderen Personen außerhalb des Gesundheitswesens.

2024 glauben noch 40 Prozent an das Gesundheitssystem

Im April 2020 – also knapp einen Monat nachdem am 13. März 2020 wegen der Corona-Pandemie der nationale Notstand ausgerufen wurde – gaben noch 71,5 Prozent der Befragten an, „viel Vertrauen“ in Ärzte und Krankenhäuser zu haben, im Januar 2024 waren es nur noch 40,1 Prozent. Nach den Gründen befragt, gab eine Teilgruppe (n=200) an, dass

  • ihrer Wahrnehmung nach „finanzielle Motive wichtiger als Patientenversorgung“ seien (35,0 Prozent).

  • sie „schlechte Versorgungsqualität und Vernachlässigung“ empfanden (27,5 Prozent).

  • sie „Einfluss externer Einrichtungen und Agenden“ vermuteten (13,5 Prozent).

  • sie „Diskriminierung und Vorurteile“ wahrnahmen (4,5 Prozent).

Ein großes Vertrauen Größe korrelierte auch mit der Wahrscheinlichkeit, gegen das Coronavirus oder gegen Grippe geimpft worden zu sein. Das wurde bei Umfragerunden ab Januar 2021 deutlich: Hier war hohes Vertrauen zu Ärzten und Krankenhäusern durchgehend mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine Corona-Impfung assoziiert und stieg von Januar 2021 (OR 1,94, Spreizung 1.56 bis 2.44) bis August 2022 (auf einen Höchststand (OR 4.36 (3.30 bis 5.81).

In ihrem Fazit betonten die Autoren, dass das gesunkene Vertrauen in Ärzte und Kliniken Auswirkungen auf die Versorgung haben könnte. Sie empfehlen darum, öffentliche Maßnahmen zu ergreifen, um die entstandene Verunsicherung offen zu thematisieren. Dies sei wichtig, um auch in Zukunft das Erreichen der Impfziele in den USA sicherzustellen.

Künstliche Intelligenz half bei der Auswertung der Umfrage

Die Forschenden befragen vom April 2020 bis Februar 2024 in 24 Wellen rund 443.000 Personen ab 18 Jahren. Es handelt sich um eine nicht-probabilistische Stichprobe, allerdings wurden je Bundesstaat über Auswahlquoten hinsichtlich der Herkunft, Ethnie, Alter und Geschlecht jeweils repräsentative Stichproben sichergestellt, heißt es. Insgesamt gingen 582.00 Antwortbögen ein. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmenden lag bei 43,3 Jahren, 65 Prozent der Befragten waren weiblich und 71,7 Prozent weiß. Offen gestellte Fragen ermittelten die Gründe für ein hohes oder geringes Vertrauen in Ärzte und Klinken. Bei der Auswertung nutzten die Forschenden ein KI-Tool von OpenAI.

Nach Ansicht der Autorinnen und Autoren ist anzunehmen, dass der beobachtete Vertrauensverlust langfristige Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben wird. Mangelndes Vertrauen könnte die Art und Weise beeinflussen, wie die US-Amerikaner auf die nächste Pandemie reagieren, schreiben sie – aber auch andere Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit im Land haben. Dementsprechend könnten Maßnahmen zur Wiederherstellung des verlorenen Vertrauens sich nicht nur positiv auf die Impfbereitschaft auswirken, sondern perspektivisch auch für die Gesundheit der Amerikaner im Allgemeinen von Vorteil sein.

Die Umfrage:
Perlis RH, Ognyanova K, Uslu A, et al.: Trust in Physicians and Hospitals During the COVID-19 Pandemic in a 50-State Survey of US Adults. JAMA Netw Open. 2024;7(7):e2424984. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.24984

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