Internationale Metaanalyse

So unterschiedlich ist der Kariesstatus von Zwölfjährigen in Europa

Die Karieserfahrung von Zwölfjährigen ist in Europa sehr unterschiedlich und hängt stark vom Einkommen sowie der geografischen Lage ab. Das zeigt eine Analyse mit Daten von fast 500.000 Kindern aus 36 Ländern.

Karies ist eine nicht-übertragbare Krankheit, deren Prävalenz erheblich mit sozioökonomischen Faktoren zusammenhängt, welche sowohl individuell als auch durch das persönliche Umfeld bestimmt werden. Doch auch die Gesundheits- und Sozialpolitik eines Landes, kulturelle und gesellschaftliche Werte und epidemiologische Voraussetzungen können die Mundgesundheit und das Auftreten von Karies bei Kindern und Jugendlichen maßgeblich beeinflussen, wie diese internationale Studie zeigt.

Die systematische Überprüfung umfasst 61 epidemiologische Erhebungen zum Kariesstatus von Zwölfjährigen zwischen 2011 und 2022. An der Studie nahmen 493.360 Kinder aus 36 Ländern in der geografischen Region Europa teil. Die Stichprobengröße reichte von 22 Personen in Belgien bis zu 89.442 aus dem Vereinigten Königreich.

Die Auswahl und Bewertung der Studien sowie die Datenextraktion erfolgten nach gängigen Kriterien (PRISMA). Der Kariesindex (DMFT) wurde in Bezug auf sozioökonomische Faktoren der Länder wie das Bruttonationaleinkommen (BNE), den Wohlstandsindikator HDI (Index der menschlichen Entwicklung), die Arbeitslosenquote und Pro-Kopf-Ausgaben für Zahngesundheit analysiert. Ein DMFT ≤ 1 wurde als geringe Karieserfahrung kategorisiert, ein DMFT >1 bis ≤ 2 als mittelhoch, ein DMFT > 2 bis ≤ 3 als hoch und > 3 als sehr hoch.

Osteuropa schneidet am schlechtesten ab

Im Ergebnis zeigte der Kariesindex einen statistisch signifikanten Zusammenhang mit dem BNE der Länder: Je niedriger das Einkommen, desto höher die Karieserfahrung. Kinder in Ländern mit höherem Einkommen hatten ein um 90 Prozent geringeres Risiko für eine schlechte Mundgesundheit als Kinder aus Ländern mit mittlerem Einkommen (p < 0,01).

Zudem hatten Kinder aus westeuropäischen Ländern die geringste Karieshäufigkeit (durchschnittlicher DMFT 0,80), gefolgt von Kindern aus nordeuropäischen Ländern (DMFT 1,30; p < 0,01). In Ost- und Südeuropa war die Karieserfahrung mit einem DMFT von 2,87 bzw. 2,31 am höchsten. Kinder aus westeuropäischen Ländern hatten damit ein um 95 Prozent geringeres Risiko für eine Munderkrankung als Kinder aus dem Osten oder Süden Europas. Der mittlere DMFT aller Länder betrug 2,10. Während alle westeuropäischen Länder darunter lagen, erreichten nur drei osteuropäische Länder einen niedrigeren Wert.

Weitere klare Zusammenhänge gab es auch zwischen dem Kariesindex und der Arbeitslosenquote (p < 0,05) sowie dem Wohlstandsindikator HDI (p < 0,01). Zudem hatten alle Länder mit Pro-Kopf-Ausgaben für Zahngesundheit von mehr als 100 USD einen niedrigeren mittleren Kariesindex als 2,10.

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass zwölfjährige Kinder, die in wirtschaftlich benachteiligten europäischen Ländern und insbesondere in osteuropäischen Ländern leben, eine schlechtere Mundgesundheit besitzen als Kinder, die in einkommensstarken Ländern im nördlichen Teil Europas leben. Auf nationaler Ebene zeigen sozioökonomische und politische Faktoren wie das BNE, die geografische Lage, die Arbeitslosenquote und die staatliche Unterstützung einen starken Zusammenhang mit der Mundgesundheit von Kindern.

Gründe dafür sind ein schlechter Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung und die Tendenz, akute statt vorbeugende Behandlungen in Anspruch zu nehmen. In den meisten europäischen Ländern wird die zahnmedizinische Versorgung für Kinder fast vollständig übernommen, es gibt jedoch viele Unterschiede in Bezug auf die Finanzierung oder Behandlungsabdeckung.

Wer um diesen sozioökonomischen Kontext weiß, könne effiziente und evidenzbasierte Präventionsstrategien für die Mundgesundheit entwickeln, schreiben die Forschenden. Sie nehmen die Ergebnisse deshalb zum Anlass, bessere Präventionsstrategien zur Förderung der Mundgesundheit gerade in den europäischen Ländern anzuregen, die Probleme bei der Finanzierung ihrer Gesundheitssysteme haben. Ungleichheiten bei der Mundgesundheit sind ihrer Meinung nach durch politische Maßnahmen und die Zuweisung angemessener Ressourcen vollständig vermeidbar.

Da die sozioökonomischen Bedingungen auf der Makroebene sich so stark auf die Mundgesundheit von Kindern auswirken, liegt es aus ihrer Sicht nahe, in Ländern mit wirtschaftlichen Wachstumsschwierigkeiten, in Ost- und Südeuropa, vorgelagerte präventive Mundgesundheitsstrategien zu fördern.

Die Studie:
Vukovic A, Schmutz KA, Borg-Bartolo R, et al.: Caries status in 12-year-old children, geographical location and socioeconomic conditions across European countries: A systematic review and meta-analysis. Int J Paediatr Dent. 2024; 00: 1-15. doi:10.1111/ipd.13224

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