So bleiben die Augen wach und gesund
Dass sich die Augen manchmal „ganz schön fertig“ anfühlen, wundert Friedrich Hasse nicht. Er bietet seit einigen Jahren Visual-Trainings für die Augen an und erklärt: „Viele Alltagsbeschwerden hängen mit dem Bildschirm-Sehen zusammen.“ Trockene, gerötete oder müde Augen gehören dazu ebenso wie das Verschwimmen des Textbildes. Auch Nacken- und Schulterbeschwerden oder Rücken- und Kopfschmerzen sind möglich.
Aber was genau macht das Bildschirm-Sehen – und übrigens auch andere Arbeiten, für die man die Augen über längere Zeit auf Objekte in der Nähe fokussiert – so beschwerlich? „Zum einen, dass dafür die Augenachsen permanent konvergieren müssen, also sich nach innen eindrehen. Das strengt die Augen an“, antwortet Hasse. „Außerdem blinzeln wir seltener und die Lidschläge sind oft unvollständig. Dadurch unterbleibt die Regeneration des Tränenfilms.“ Insgesamt bedeute das Sehen am Bildschirm Schwerstarbeit für die Augen, weil es die natürlichen Sehfunktionen stark beeinträchtige oder einseitig belaste, fügt er hinzu.
Gesunde Routinen aufbauen
Die gute Nachricht: Es gibt viele leicht umsetzbare Maßnahmen, um die Augen während der Arbeit zu entlasten. „Ohne großen Aufwand kann man sich zum Beispiel die 20-20-20-Regel angewöhnen“, führt Hasse aus. „Dabei schaut man alle 20 Minuten für wenigstens 20 Sekunden in eine Entfernung von 20 Fuß – das sind circa sechs Meter – und fixiert in dieser Zeit verschiedene Gegenstände wie etwa Türklinken oder Bilderrahmen einzeln und klar.“ Auch wichtig: Der Bildschirmarbeitsplatz sollte ausreichend beleuchtet und von reflexionsarmen Oberflächen umgeben sein und der Abstand zum Monitor zwischen 60 und 90 Zentimeter betragen. Und auch das hilft laut dem Visual-Trainer: viel trinken, zum Beispiel Mineralwasser oder Tee. Um die Augen an bildschirmintensiven Tagen zu entspannen, empfiehlt er darüber hinaus ein paar Übungen, für die kein oder kaum Zubehör erforderlich ist.
Daumentor
Bildschirmarbeit, aber auch andere Naharbeit kann dazu führen, dass die Augenmuskulatur verkrampft. Die Übung „Daumentor“ lockert sie auf und trainiert außerdem den Wechsel zwischen Nah- und Fernblick. So funktioniert's: Einen Daumen in circa 15 Zentimeter Abstand vor die Augen halten, den anderen Arm komplett ausstrecken und den Daumen in dieselbe Blickrichtung halten. Nun im Wechsel auf die beiden Daumen schauen. Wenn die Übung richtig ausgeführt wird, „verdoppelt“ sich der Daumen, der gerade nicht fixiert wird. Bei Schwierigkeiten kann man den Abstand zwischen Augen und Daumen oder den beiden Daumen variieren.
Schmetterlingsblinzeln
Ein häufiger Effekt längerer Arbeitsphasen am Computer sind trockene Augen. Grund ist, dass wir dabei die Lider seltener öffnen und schließen. Normalerweise blinzeln Menschen laut Hasse zehn- bis 15-mal pro Minute, am Bildschirm reduziere sich das drastisch auf etwa viermal pro Minute. Das Schmetterlingsblinzeln wirkt dem entgegen, hält den Tränenfilm intakt und reinigt die Augenoberfläche. Der Ablauf ist simpel: Man muss dazu nur in regelmäßigen Abständen ein paar Sekunden lang so schnell und so oft wie möglich blinzeln – vergleichbar mit dem Flügelschlag eines Schmetterlings. Tipp: Damit man es nicht vergisst, kann man die Übung an andere Tätigkeiten koppeln, sie zum Beispiel immer dann ausführen, wenn man eine Patientenakte fertig bearbeitet oder eine Mail beantwortet hat.
Wütende Augen
Falls sich die Augen nach dem Schmetterlingsblinzeln weiterhin trocken anfühlen, kann man mit den „Wütenden Augen“ noch eine Schippe drauflegen. Dafür kneift man die Augen so fest wie möglich zusammen und reißt sie anschließend weit auf. Zehn- bis 15-mal wiederholen oder so lange, bis die Feuchtigkeit in die Augen zurückkehrt. Ein angenehmer Zusatznutzen: Die Gesichtsmuskulatur wird dadurch aktiviert und entspannt.
Stafettenblick
Ziel dieser Übung ist es, durch den häufigen Blickwechsel zwischen Nähe und Ferne die Augenlinse elastisch zu halten. Das ist zu tun: Den Daumen auf Armlänge ausgestreckt vor sich halten. Dann die Augen zunächst auf die Nasenspitze fixieren, anschließend auf den Daumen, dann auf ein circa zwei bis drei Meter entferntes Objekt und zum Schluss auf ein etwa zehn Meter entferntes. Es können auch mehr Zwischenstufen eingebaut werden. Nach einem Durchlauf wieder bei der Nasenspitze beginnen.
Loch in der Hand
Für diese Übung wird ein DIN-A4-Blatt benötigt, das man wie ein Fernrohr längs zusammenrollt und dann mit der rechten Hand vor das rechte Auge hält. Zugleich wird die linke Hand unmittelbar links neben dem Fernrohr positioniert, und zwar möglichst weit weg vom linken Auge, so dass dieses auf die Handfläche schaut. Wichtig: Beide Augen sind geöffnet. Sie sollten jetzt ein „Loch in der Hand“ sehen – sofern Sie grundsätzlich beidäugig sind.
Dieses Experiment gibt Aufschluss über die Stellung der Augenachsen. Befindet sich das Loch beim Blick in die Ferne eher am Rand der Hand, deutet das darauf hin, dass man zuvor längere Zeit Naharbeit geleistet hat und die Augenachsen zu stark nach innen verdreht sind. Es reicht dann nicht, einfach nur in die Ferne zu schauen, um die Augenachsen wieder parallel auszurichten. Zu diesem Zweck sollte man nacheinander möglichst viele kleine Gegenstände, die weiter als sechs Meter entfernt sind, scharf fixieren. Dabei sollte sich der Effekt einstellen, dass das Papierrohrloch immer mehr Richtung Handmitte wandert.
Peripherie-Übung
Bei längerer Arbeit am Computer leidet das Sehen in die Ferne (Peripherie). Um letzteres zu aktivieren, kann man die kurzen Wartezeiten nutzen, die etwa beim Laden einer Internetseite oder dem Öffnen einer großen Datei entstehen. In diesem Zeitraum sollte man nicht auf den Bildschirm starren, sondern darüber hinweg in den Raum schauen. Das regt die für den peripheren Bereich des Sichtfelds (sowie für Bewegung) zuständigen Stäbchenzellen an und trainiert sie gezielt.