Mundgesundheitsbarometer der Zahnärztekammer

300.000 Portugiesen haben kein Geld für den Zahnarzt

ck
Politik
Immer mehr Portugiesen haben kein Geld für den Zahnarztbesuch, eine sich verschlechternde Mundhygiene und sind zahnlos. Zu dem Schluss kommt das aktuelle Mundgesundheitsbarometer der portugiesischen Zahnärztekammer.

Mehr als eine Million Portugiesen gehen laut der 9. Ausgabe des Barometers nie oder seltener als einmal im Jahr zum Zahnarzt. Von ihnen geben 30 Prozent Geldmangel als Begründung an, im Vergleich zu 2023 sind das 5,6 Prozent mehr. Zwei Drittel der Bevölkerung hat kein vollständiges Gebiss.

Dabei halten 98 Prozent der Befragten den Zugang zur Mundgesundheit über den den Serviço Nacional de Saúde (SNS, nationaler Gesundheitsdienst) für wichtig und/oder sehr wichtig. Überdies sind 96 Prozent der Meinung, dass der Staat Zahnbehandlungen ebenso subventionieren sollte wie Medikamente.

Insgesamt gaben 65,4 Prozent der Befragten an, mindestens einmal im Jahr zum Zahnarzt zu gehen, ein Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. Der Anteil der Personen, die noch nie einen Kontrolltermin gebucht haben, wuchs jedoch um 3,6 Prozent auf 27,4 Prozent.

Der Anteil der Kinder unter sechs Jahren, die noch nie beim Zahnarzt waren, ist dagegen das dritte Jahr in Folge gesunken. Im Jahr 2021 lag er bei fast drei Viertel, im Jahr 2022 sackte er auf knapp zwei Drittel, eine Zahl, die sich 2023 (53,5 Prozent) und 2024 (49,6 Prozent) noch weiter verbesserte.

Über die Hälfte der Menschen hat keinen Zahnersatz

Die Daten zeigen gleichwohl einen Anstieg der Zahl der Portugiesen mit mindestens einem fehlenden Zahn von 58,9 im Jahr 2023 auf 65,7 Prozent 2024, ebenso erhöhte sich in dem Zeitraum der Anteil der Bevölkerung mit sechs oder mehr fehlenden Zähnen von fast 23 auf 28 Prozent. 31,4 Prozent der Frauen und 23,4 Prozent der Männer fehlen sechs Zähne oder mehr, so dass ihre Kauqualität beeinträchtigt ist.

Nur knapp ein Drittel der Frauen hat ein vollständiges Gebiss im Vergleich zu 37 Prozent der Männer. Von den zwei Dritteln der Bevölkerung, denen mindestens ein Zahn fehlt, haben gut 57 Prozent keinen Zahnersatz.

Das portugiesische Gesundheitssystem

Die Versorgung in Portugal erfolgt in erster Linie durch den nationalen Gesundheitsdienst (Serviço Nacional de Saúde, SNS), über den rund 65 Prozent der Bevölkerung abgesichert sind. Der SNS wird größtenteils über Steuern finanziert, hinzu kommen Sozialversicherungsabzüge auf Löhne und Gehälter. Rund zehn Prozent der Menschen in Portugal sind freiwillig privat oder zusätzlich versichert, um Leistungen abzudecken, die der SNS nicht bietet. Die zahnärztliche Versorgung wird in der Regel nicht vom SNS abgedeckt, außer für vulerable Gruppen wie Kinder bis 18 Jahre.

Auch die Mundhygieneroutine der Bevölkerung hat sich laut Barometer verschlechtert: Knapp drei Viertel der Befragten gaben an, sich mindestens zweimal täglich die Zähne zu putzen, ein Rückgang um 4,4 Prozent.

„Diese Ergebnisse sind für das Land beschämend und spiegeln die mangelnden Investitionen in die Mundgesundheit wider. Die portugiesische Bevölkerung wartet immer noch auf die Vorlage des Nationalen Mundgesundheitsprogramms durch die Regierung, das bis Ende 2024 vorliegen soll“, rügte der Präsident der portugiesische Zahnärztekammer (Ordem dos Médicos Dentistas, OMD), Miguel Pavão.

Seiner Ansicht nach unternehme die Weltgesundheitsorganisation zwar wichtige Schritte, um das Recht auf Mundgesundheit durchzusetzen – in Portugal stagnierten die Bemühungen jedoch.

Und immer Menschen sind zahnlos

„Wir dürfen die Zahngesundheitsraten nicht von der Tatsache trennen, dass fast 20 Prozent der Bevölkerung in Armut leben. Eine Bevölkerung ohne Ressourcen und Mechanismen für den Zugang zu zahnmedizinischen Leistungen ist mit größerer sozialer Ungleichheit, höheren Fehlzeiten und mehr sozialen Problemen und Selbstwertproblemen konfrontiert. Ein Schwerpunktprogramm für die Zahngesundheit, das die Komplementarität zwischen öffentlichem, privatem und sozialem Sektor fördert, ist dringend erforderlich“, betonte Pavão.

Für die am 22. Januar 2025 erschienene 9. Ausgabe des Mundgesundheitsbarometers (Barómetro de Saúde Oral) befragte die portugiesische Zahnärztekammer (Ordem dos Médicos Dentistas, OMD) von 2023 bis 2024 per Zufallsstichprobe 1.102 Portugiesen ab 15 Jahre; davon waren 47,1 Prozent Männer.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.