Parodontitis und Allgemeinerkrankungen

Antikörper auf äußeren Membranvesikeln von P. gingivalis entdeckt

br
Zahnmedizin
Wie wirken pathogene Bakterien aus dem Mundraum auf andere Körperregionen ein? P. gingivalis exprimiert sogenannte äußere Membranvesikel. Ein US-amerikanisches Forscherteam vom ADA Forsyth Institute hat jetzt Antikörper darauf entdeckt. Die Forscher sehen ihre Entdeckung als „ersten Schritt hin zu einer potenziellen Diagnosestrategie für Parodontitis und verwandte systemische Erkrankungen“.

Parodontitis und insbesondere die schweren Formen der Erkrankung sind mit zahlreichen systemischen Erkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert. Als primärer Wirkmechanismus gilt das Eindringen parodontalpathogener Bakterien in die Blutbahn (Bakteriämie). Dadurch können die Keime auch weit entfernte Körperregionen erreichen und dort gegebenenfalls toxische Stoffwechselprodukte freisetzen.

P. gingivalis setzt extrazelluläre Vesikel frei

Über die Freisetzung der Metaboliten hinaus interagieren die Bakterien durch weitere mikrobiologische Prozesse mit ihrer Umwelt. So produzieren P. gingivalis-Bakterien eine große Zahl sogenannter äußerer Membranvesikel (OMV) und geben sie in die Umgebung ab. Diese extrazellulären Vesikel sind Zellstrukturen im Größenbereich von etwa 50 bis 100 Nanometern und können DNA, RNA, Proteine, Endotoxine (Lipopolysaccharide) und Virulenzfaktoren enthalten.

Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Zell-zu-Zell-Kommunikation zwischen Bakterien und bei der Manipulation der Immunantwort des Wirts. In Biofilmen dienen extrazelluläre Vesikel zum Austausch von DNA und Signalmolekülen für die Kommunikation der Keime.

Extrazelluläre Vesikel mit systemischen Erkrankungen assoziiert

Die von Porphyromonas gingivalis produzierten OMVs „beeinflussen nachweislich eine große Bandbreite grundlegender biologischer Aktivitäten und die Immunantwort des Wirts. Studien haben außerdem überzeugende Evidenz für einen Zusammenhang zwischen P. gingivalis-OMVs und mehreren systemischen Erkrankungen geliefert.

Ein wichtiges Forschungsgebiet ist der Zusammenhang zwischen P. gingivalis-OMVs und Arteriosklerose aufgrund ihrer starken Thrombozytenaggregationsaktivität und der Induktion der Aggregation von Lipoproteinen niedriger Dichte. Darüber hinaus wurden OMVs von P. gingivalis mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer, rheumatoide Arthritis und nichtalkoholische Fettlebererkrankung in Verbindung gebracht.

Da P. gingivalis als ein wichtiger ätiologischer Faktor der chronischen Parodontitis gilt, sind diese Ergebnisse besonders besorgniserregend, da Patienten mit Parodontitis einem zusätzlichen Risikofaktor für die Entwicklung dieser systemischen Erkrankungen ausgesetzt sein können“, schreiben die Forscher.

IgM-Antikörper entdeckt

Im Rahmen ihrer Studie identifizierten die Wissenschaftler Immunglobulin-M-Antikörper (IgM), die sich gegen die OMVs von P. gingivalis richten. Sie fanden außerdem heraus, dass die IgM-Antikörper an die Zuckermoleküle (Glykane) der OMVs binden. Dabei erkennen die IgM-Antikörper eine für P. gingivalis spezifische Glykanmodifikation, die eine menschliche Zelle nicht produzieren könnte. „Indem wir diese spezifischen Glykan-tragenden OMVs verfolgen, können wir beobachten, ob und wohin OMVs von pathogenen bakteriellen Biofilmen in andere Körperteile gelangen“, sagt Dr. Hyun Young Kim, Erstautor des Artikels.

Im weiteren Sinne könnten diese Antikörper verwendet werden, um die Rolle von P. gingivalis-OMVs in der Pathogenese systemischer Erkrankungen zu untersuchen und gegebenenfalls eines Tages auch als Therapeutikum zur Kontrolle von Parodontitis und anderen verwandten chronischen Entzündungserkrankungen.

Kim HY, Rothenberger CM, Davey ME, Yu M. 2025. Antibodies with specificity to glycan motifs that decorate OMV cargo proteins. mSphere 10:e00907-24.doi.org/10.1128/msphere.00907-24

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