Der Einfluss der EU auf den Zahnarztberuf steigt
Wie die BZÄK hervorhebt, hat die Bedeutung der Europäischen Union (EU) für den zahnärztlichen Berufsstand seit der letzten Europawahl vor fünf Jahren weiter spürbar zugenommen. Bereits heute würden viele für die Zahnärzteschaft wichtige Fragen nicht mehr auf nationaler Ebene, sondern in Brüssel und Straßburg entschieden, stellt sie in einem neu veröffentlichten Positionspapier im Vorfeld zur Wahl fest.
EU-Gesetzgebung berührt den Alltag der Zahnarztpraxen unmittelbar
Demzufolge betreffen die aktuelle EU-Gesetzgebung wie die Medizinprodukteverordnung, der sich abzeichnende Europäische Gesundheitsdatenraum, die Richtlinie über Patientenrechte oder die EU-Quecksilberverordnung mit den Bestimmungen zur Verwendung von Dentalamalgam den Alltag der Zahnarztpraxen ganz unmittelbar. Die zahnärztliche Selbstverwaltung sei darüber hinaus von Vorgaben des EU-Binnenmarkts, wie etwa der Richtlinie über einen Verhältnismäßigkeitstest vor Erlass neuen Berufsrechts, in erheblichem Maße tangiert. Hinzu komme, dass der politische Ruf nach Übertragung von mehr gesundheitspolitischen Kompetenzen von der nationalen auf die EU-Ebene zunimmt. „Patientinnen und Patienten profitieren von einem hohen Ausbildungsniveau und einer sehr guten Versorgungsqualität in unserem Land,“ heißt es in dem Papier. „Es muss sichergestellt sein, dass dies auch in einem sich wandelnden europäischen Umfeld erhalten bleibt.“
Die zwölf Kernforderungen der BZÄK
Die Zuständigkeiten wahren: Die BZÄK fordert das EU-Parlament dazu auf, die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten zur Abwehr grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren weiter zu unterstützen. Die Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten für ihre Gesundheitssysteme müsse aber gewahrt bleiben.
Eine rasche Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens für Medizinprodukte: Hier müsse aber die Balance zwischen Patientensicherheit und Innovationsfähigkeit erhalten bleiben.
Digitalisierung im Gesundheitswesen zum Nutzen der Patienten: Die Digitalisierung sollte zu einer verbesserten und bürokratiearmen Versorgung führen und dürfe nicht dazu genutzt werden, die freiberufliche Berufsausübung einzuschränken.
Stärkere Entbürokratisierung: Jedes neue Gesetz solle vor seiner Verabschiedung auf seine bürokratischen Auswirkungen für die Betroffenen hin geprüft werden.
Der Weg zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen sollte konsequent fortgesetzt werden.
Die BZÄK warnt davor, dass das Hinterfragen von bewährtem Berufsrecht zu einer Aushöhlung der Qualität freiberuflicher Dienstleistungen führen und einer gefährlichen Kommerzialisierung Vorschub leisten könnte. Negative Erfahrungen mit von Finanzinvestoren betriebenen Dentalketten zeigten, dass es im Interesse der Patientinnen und Patienten gelte, die Therapie- und Entscheidungsfreiheit europaweit zu schützen.
Die BZÄK fordert das Parlament auf, sich für die Verabschiedung einer Europäischen Charta der Freien Berufe einzusetzen, um eine Standortbestimmung der Freiberuflichkeit auf europäischer Ebene vorzunehmen.
Die BZÄK fordert, dass die in der Berufsanerkennungsrichtlinie festgelegten zahnmedizinischen Ausbildungsinhalte den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen grundlegend angepasst werden.
Fachkräftebedarf sichern, ohne Patientensicherheit zu gefährden.
Versorgung mit Arzneimitteln und Schutzausrüstung in der EU sichern:Die Widerstandsfähigkeit der EU in diesem sensiblen Bereich sei zu stärken.
Ein freier Zugang aller EU-Bürger zu zahnärztlicher Versorgung in der Europäischen Union.
Die Mundgesundheit in der EU müsse durch konsequente Prävention verbessert werden.
Deshalb hat die BZÄK zwölf Forderungen aufgestellt: Im Mittelpunkt steht die Sicherstellung der freien zahnärztlichen Berufsausübung im Interesse der Patientinnen und Patienten. Zudem hinterfragt sie neue und bestehende EU-Vorgaben auf deren bürokratische Auswirkungen für Praxen. Ferner müsse die Qualität der zahnmedizinischen Ausbildung in den EU-Mitgliedstaaten, die Grundlage für die automatische Anerkennung der Abschlüsse aus anderen EU-Staaten ist, gewährleistet bleiben. Die Initiativen der EU im Bereich der Digitalisierung im Gesundheitswesen müssen dürften nicht die Sicherheit sensibler Gesundheitsdaten gefährden. Mit Blick auf den EU-Rechtsrahmen für Medizinprodukte setzt sich die BZÄK für eine Überarbeitung ein, um Praxistauglichkeit zu erreichen.
Mehr zum BZÄK-Positionspapier im Leitartikel des BZÄK-Vizepräsidenten Konstantin von Laffert in diesem Heft, Seite 6. Das Papier im Wortlaut: www.bzaek.de/gesundheitspolitische-positionen-zur-europawahl-2024.html