„Die GKV hat ein massives Effizienz- und Ausgabenproblem!“
Mehr Steuerung, eine bessere Versorgung und stabile Beiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – das forderte der Verband der Ersatzkassen (vdek) auf seiner Neujahrs-Pressekonferenz. „Die Aufwärtsspirale bei den Beitragssätzen muss durch ein Sofortgesetz gebremst werden“, sagte der Verbandsvorsitzende Uwe Klemens.
Die durchschnittlich erhobenen Beitragssätze seien seit 2015 von 15,4 auf 17,5 Prozent gestiegen, so Klemens. Das heiße, dass Versicherte mit durchschnittlichem Einkommen 2015 noch rund 2.850 Euro jährlich für ihren Versicherungsschutz bezahlten. Heute würden etwa 3.900 Euro fällig – ein Anstieg von 1.050 Euro oder mehr als einem Drittel. Die GKV habe ein massives Effizienz- und Ausgabenproblem. Für 2025 lägen die Ausgaben mit geschätzt 341 Milliarden Euro deutlich höher als die Einnahmen mit 295 Milliarden Euro.
Der Verbandsvorsitzende forderte eine stabilitätsorientierte Ausgabenpolitik als Richtschnur für alle Leistungsbereiche: „Konkret heißt das: Ausgaben dürfen nur noch in gleichem Umfang wachsen wie die Einnahmen.“ Der GKV sollten die Kosten für versicherungsfremde Leistungen in vollem Umfang erstattet werden, so Klemens weiter. Hierzu zählten die Gesundheitskosten für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger, für Mutterschutz oder Kinderkrankengeld. Allein beim Bürgergeld bestehe eine Finanzierungslücke von neun bis zehn Milliarden Euro.
Die vdek-Vorsitzende Ulrike Elsner ging auf die hohen Ausgaben im ambulanten Bereich ein. Sie würden 2025 insgesamt mehr als 50 Milliarden Euro betragen, würden aber die Versorgung in der Wahrnehmung der Versicherten nicht verbessern. Dies zeige sich deutlich an der Diskussion um lange Wartezeiten und Versorgungsengpässe auf dem Land. „Die Patientinnen und Patienten brauchen klare Anlaufstellen, an die sie sich bei einem medizinischen Problem wenden können“, so Elsner.
Der Maßnahmenkatalog (Auswahl)
Maßnahmen für die Finanzen:
Alle Vergütungsvereinbarungen sollten sich an der Einnahmenentwicklung orientieren.
Der Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen sollte jährlich entsprechend der Steigerung der GKV-Leistungsausgaben angehoben werden. Die jährliche Dynamisierung sollte 500 Millionen bis eine Milliarde Euro betragen.
Die Gesundheitskosten für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger sollten kostendeckend refinanziert werden (neun bis zehn Milliarden Euro pro Jahr)
Der Krankenhaus-Transformationsfonds sollte aus Steuermitteln finanziert werden (Belastung ab 2026: jährlich 2,5 Milliarden Euro für zehn Jahre).
Maßnahmen für eine bessere Orientierung und Steuerung in der Versorgung:
Entwicklung neuer Versorgungsmodelle mit der Ärzteschaft, zum Beispiel mit obligatorischer Ersteinschätzung durch Hausärzte, Fachärzte und Telemedizin
Schnellere Terminvergabe durch Aufbau eines Online-Terminportals von GKV und Ärzteschaft
In ländlichen Regionen Regionale Gesundheitszentren (RGZ) aufbauen für eine Versorgung aus einer Hand
Um die Situation zu verbessern, spricht sich der Ersatzkassenverband für die Entwicklung neuer Versorgungsmodelle mit der Ärzteschaft aus. „Wir brauchen leicht zugängliche Ersteinschätzungsangebote, damit Versicherte nicht zuerst durch das Gesundheitssystem irren, bevor sie am richtigen Behandlungsort ankommen“, sagte Elsner. Das könne zum Beispiel so aussehen, dass Versicherte sich für ein Versorgungsmodell entscheiden, bei dem sie immer dann klar definierte Anlaufstellen aufsuchen könnten, wenn sie ein medizinisches Problem hätten. Solche Anlaufstellen könnten Hausärzte, Fachärzte und eine telemedizinische Ersteinschätzung per Telefon und Video sein. Bei der Entwicklung solcher Modelle wolle man sich mit der Ärzteschaft zusammentun, damit am Ende auch praktikable Lösungen entstünden. Vom Gesetzgeber erwarte man sich allein den gesetzlichen Rahmen, um hier als gemeinsame Selbstverwaltung flexible Versorgungsangebote zu entwickeln, schlug die Vorstandsvorsitzende vor.