„Ein Angriff auf das Arzt-Patienten-Verhältnis“
Die unterzeichnenden Organisation repräsentieren neben PatientInnen unter anderem medizinisches Fachpersonal, Menschen mit Behinderungen, Verbraucherorganisationen und Gewerkschaften. Unter ihnen sind der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen, der Verein Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit, der Verein Freie Ärzteschaft sowie die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights. Grundsätzlich begrüße man das Ziel des Europäischen Gesundheitsdatenraums, interoperable und moderne digitale Gesundheitssysteme zu schaffen, heißt es in dem Brief. Der Vorschlag der Europäischen Kommission schütze die Patienten jedoch leider nicht, wenn es zur Weitergabe und Nutzung ihrer persönlichen medizinischen Daten durch Dritte kommt.
Die Unterzeichnenden fordern darum eine „Opt-in“-Zustimmungspflicht für die sekundäre Nutzung von Gesundheitsdaten. Es sei lediglich eine Behauptung, dass Einzelpersonen mehr Kontrolle über ihre privaten Informationen bekämen, tatsächlich bewirke der Vorschlag genau das Gegenteil: "Es entzieht ihnen diese Kontrolle vollständig.“ Nach dem Kommissionsvorschlag hätten Patienten kein Mitspracherecht bei der Weitergabe ihrer Daten oder der Verwendung der Daten für Werbung und wüssten nicht einmal, wer die Daten alles erhält.
„Opt-out“-Regelung: keine adäquate Lösung
„Die Wahrung der Vertraulichkeit von Gesundheitsdaten ist ein wesentliches Prinzip der Rechtssysteme aller Vertragsparteien der Europäischen Konvention der Menschenrechte. Es ist entscheidend, nicht nur das Gefühl der Privatsphäre eines Patienten zu respektieren, sondern auch seine oder ihr Vertrauen in die Ärzteschaft und in das Gesundheitswesen im Allgemeinen“, zitieren die Unterzeichnenden den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Der aktuelle Vorschlag zur Ausgestaltung des EHDS setze das seit Langem etablierte Arzt-Patient-Vertrauensverhältnis außer Kraft, lautet der Vorwurf und unterminiere „eklatant die grundlegendsten Prinzipien der Privatsphäre". Die unterzeichnenden Organisationen fordern daher den europäischen Gesetzgeber auf, den aktellen Vorschlag so zu ändern, dass Datennutzer eine gültige Zustimmung von Patienten einholen müssen, wenn sie deren Daten für sekundäre Zwecke verwenden möchten.
Eine „Opt-out“-Regelung, wie sie im Berichtsentwurf der Berichterstatter im Europäischen Parlament vorgeschlagen wird, sei keine adäquate Alternative. „Wenn es im Europäischen Gesundheitsdatenraum wirklich darum geht, den Menschen die Kontrolle über ihre medizinischen Daten zu geben und Vertrauen in Europas neue digitale Gesundheitsinfrastruktur aufzubauen, muss sie sich dieses Vertrauen verdienen“, schließt das Schreiben.