Konsum von Süßstoffen verändert Zuckerstoffwechsel
Die Studie untersuchte die Effekte von nicht nahrhaften Süßstoffen (NNS) auf die menschliche Stoffwechselgesundheit. Dabei zeigte sich, dass sowohl die Sucralose- als auch die Saccharin-Supplementierung die glykämischen Reaktionen bei streng NNS-konsumierenden gesunden Freiwilligen beeinträchtigen, während dieser Effekt bei den Kontrollgruppen nicht beobachtet wurde.
Einzigartiges Merkmal der Studie: E wurden nur Menschen einbezogen, die als vollständige NNS-Abstinenzler definiert wurden. Dabei wurde festgestellt, dass viele der von der Studie ausgeschlossenen 1.225 KandidatInnen die Süßstoffe unwissentlich konsumierten.
Saccharin und Sucralose beeinflussen Zuckerstoffwechsel besonders stark
Die letztlich ausgewählten 120 Teilnehmenden waren in guter metabolischer Verfassung, hatten einen normalen Body-Mass-Index sowie Normwerte für Hämoglobin A1c (HbA1c), C-reaktivem Protein (CRP), Gesamt- und High-Density-Lipoprotein (HDL)-Cholesterin, Blutdruck, Herzfrequenz, Serum-Alanin-Transaminase (ALT) und Aspartat-Transaminase (AST). Zwei Drittel waren Frauen, das Durchschnittsalter betrug 29,95.
Sie wurden in sechs Versuchsgruppen aufgeteilt. Jeweils eine konsumierte nach Anleitung zwei Wochen lang jeden Tag eine definierte Dosis Saccharin, Sucralose, Aspartam oder Stevia. Die erste Kontrollgruppe nahm stattdessen täglich 5 Gramm Glukose ein, die zweite Kontrollgruppe weder Glukose noch einen Zuckerersatzstoff.
Regelmäßige Glukosetoleranztests der ProbandInnen mit 50 Gramm in Wasser gelöstem Einfachzucker zeigten anschließend, wie sich in den verschiedenen Gruppen die Zuckeraufnahme auswirkte. So stieg der Blutzuckerspiegel bei der Saccharin- und in der Sucralose-Gruppe signifikant im Vergleich zu den Kontrollgruppen. Nachdem die ProbandInnen aufhörten, regelmäßig Süßstoffe zu sich zu nehmen, normalisierte sich die Blutzuckerantwort nach wenigen Tagen wieder.
Forschende weisen Effekt auf orales Mikrobiom nach
Außerdem verändern die NNS funktionell sowohl das fäkale als auch orale Mikrobiom. Die prominentesten Auswirkungen auf das fäkale Mikrobiom wurden in der Sucralose-Gruppe beobachtet. Beim oralen Mikrobiom beobachteten die Forschenden folgende Effekte: In der zweiten Expositionswoche nahm bei der Stevia-Gruppe die relative Häufigkeit von vier metabolischen KEGG-Signalwegen und drei Modulen ab.
Bemerkenswerte orale Mikrobiomveränderungen in den anderen NNS-Gruppen umfassen Änderungen der relativen Häufigkeit von sechs Streptokokken-Arten in der Sucralose-Gruppe, reduzierter relativer Häufigkeit von Fusobacterium in der Saccharin-Gruppe und eine reduzierte Häufigkeit von Porphyromonas und Prevotella nanceiensis in der Aspartam-Gruppe. In den beiden Kontrollgruppen gab es hingegen keine oralen Mikrobiomveränderungen. Zusammensetzung und Funktion des oralen Mikrobioms waren zu Studienbeginn in der NNS- und der Kontrollgruppe vergleichbar.
Um festzustellen, ob die Veränderungen des Mikrobioms ursächlich zur NNS-induzierten Hyperglykämie beitragen, transplantierten die Forschenden Mäusen das Stuhlmikrobiom von 42 Individuen, den vier Individuen in jeder Gruppe, die die stärkste Reaktion hatten und den drei, die die niedrigste Antwort hatten. Ergebnis: Die Nager, die zuvor in sterilen Bedingungen gelebt und deshalb kein eigenes Mikrobiom ausgebildet hatten, entwickelten nach der Transplantation Blutzuckerantworten, die denen der Spender ähnelten.
Die Studienergebnisse legen nach Ansicht der Autorinnen nahe, dass häufig konsumierte NNS beim Menschen möglicherweise nicht physiologisch inert sind. „Wir müssen darauf aufmerksam machen, dass kalorienlose Süßstoffe für den menschlichen Körper nicht so unbedeutend sind, wie wir ursprünglich angenommen haben”, erklärte Ko-Autor Eran Elinav in der Fachzeitschrift Cell. Für Aussagen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Zuckerersatzstoffe sei es jedoch noch zu früh. Dafür fehle es an Langzeitstudien.
Jotham Suez et al., Personalized microbiome-driven effects of non-nutritive sweeteners on human glucose tolerance, Published August 19, 2022, DOI: <link url="https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(22)00919-9" import_url="https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(22)00919-9 _blank" follow="follow" seo-title="" target="new-window">doi.org/10.1016/j.cell.2022.07.016