Nicht alle PFAS-Verbindungen verbleiben lange im Körper
Es gibt nicht selten Forschungsfragen, die nur durch das Experiment am Menschen selbst belastbare Erkenntnisse liefern, aber letztlich wegen der mit dem Experiment verbundenen Gesundheitsgefahren Probanden ethisch nicht zumutbar sind. Die traditionelle Methode, dieses Dilemma zu lösen, ist der Selbstversuch des Forschers am eigenen Körper. Das ist auch heute noch möglich und wird auch praktiziert, wie eine Studie des BfR zeigt.
Bei der Frage, wie rasch PFAS vom Organismus „ausgeschleust“ werden, sind Tierversuche nur bedingt aussagekräftig. Ein Wissenschaftler des BfR machte deshalb einen Selbstversuch, als Arzt benötigte er für diesen Versuch kein Votum der Ethikkommission. Er nahm ein niedrig dosiertes Gemisch aus 15 PFAS-Chemikalien zu sich. Das Besondere an den Verbindungen war, dass sie mit (nicht-radioaktivem) Kohlenstoff-13 (13 C) markiert waren. Dieses Kohlenstoff-Isotop erlaubte es, die aufgenommenen PFAS-Verbindungen unabhängig von den bereits im Körper befindlichen zu messen.
Um ein genaues Bild des Verhaltens von PFAS im Organismus zu erhalten, wurden die Konzentrationen der Substanzen im Blut sowie deren Ausscheidung in Stuhl und Urin gemessen. Damit wurde es zum ersten Mal möglich, das Verhalten von 15 PFAS-Verbindungen im Organismus direkt zu vergleichen.
PFAS
Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) sind langlebige fluorhaltige Industriechemikalien, weshalb sie oft als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet werden. PFAS haben sich weltweit in der Umwelt verteilt und werden in kleinen Mengen über Nahrung und Trinkwasser aufgenommen. Im Organismus lassen sich insbesondere vier langkettige Verbindungen nachweisen, von denen bekannt ist, dass sie sehr lange Verweilzeiten beim Menschen haben. Jedoch ist das nicht bei allen Substanzen der Fall, die jetzt vorliegende vergleichende Studie mit 15 PFAS-Verbindungen belegt. Die Untersuchung eines Forscherteams des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ist die erste ihrer Art.
Quelle: BfR
Kurzkettige PFAS-Verbindungen werden schneller ausgeschieden
Dabei zeigte sich, dass die Länge der Kohlenstoffkette des PFAS-Moleküls Einfluss auf die Verweilzeit der Chemikalie im Körper hat. Kurzkettige PFAS werden rascher ausgeschieden. Sie haben lediglich eine Halbwertszeit von Tagen bis Wochen, langkettige PFAS dagegen eine von bis zu mehreren Jahren. Die Halbwertszeit gibt an, nach welcher Zeit die Hälfte einer Substanz abgebaut ist oder den Körper verlassen hat.
Auf welche Weise werden PFAS ausgeschieden? Auch hierzu liefert die Untersuchung interessante Ergebnisse: Kurzkettige PFAS verlassen den Organismus ganz überwiegend mit dem Urin. Langkettige Verbindungen dagegen können aus dem zunächst gebildeten Urin noch innerhalb der Nieren durch bestimmte Transportmoleküle in den Körper zurückgeholt werden (was bereits zuvor bekannt war). Ihre Ausscheidung über den Urin ist daher nur sehr gering, was ihre lange Verweildauer im Körper erklärt.
Genaue Informationen über die Halbwertszeit und die Verteilung der PFAS-Verbindungen im Organismus sind dem Institut zufolge von großer Bedeutung. Sie sind eine wichtige Grundlage, um die Aufnahme der Substanzen abzuschätzen und damit eine gesundheitliche Risikobewertung zu ermöglichen.
Die Studie ist im Volltext frei zugänglich.
Abraham, K., Mertens, H., Richter, L., Mielke, H., Schwerdtle, T., Monien, B. H. (2024). Kinetics of 15 per- and polyfluoroalkyl substances (PFAS) after single oral application as a mixture – A pilot investigation in a male volunteer. Environment International, 193, 109047. 10.1016/j.envint.2024.109047