Medizin

Schlaganfall: Test für Risikopatienten

ck/pm
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Jeder sechste Schlaganfall in Deutschland wird durch eine Verengung der Halsschlagader verursacht. Doch führt Carotis-Stenose längst nicht immer zu Schlaganfällen. Eine vorbeugende OP ist daher umstritten.

Test identifiziert gefährdete Patienten

Prof. Dr. Matthias Reinhard, Oberarzt und Leiter der Stroke Unit der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Freiburg, hat mit seinem Team eine internationale Studie zu einem Ultraschallrisikotest durchgeführt. Der Test ermöglicht es, Patienten zu identifizieren, die bei bekannter hochgradiger Einengung der Halsschlagader besonders gefährdet sind, tatsächlich einen Schlaganfall zu erleiden. Speziell diese Patienten könnten dann von einer vorbeugenden Operation profitieren.

Schlechte Durchblutungsreserve erhöht das Risiko

In dem multi-nationalen Projekt wurden mehr als 750 Patienten mit hochgradiger Verengung oder Verschluss der Halsschlagader aus mehreren bisherigen Studien gemeinsam neu analysiert. Bei allen wurde per Ultraschall die Durchblutungsreserve im Gehirn bestimmt. Dabei zeigte sich, dass Patienten mit schlechter Durchblutungsreserve ohne bisherige Schlaganfallsymptome - wie Seh- oder Sprachstörungen oder Lähmungserscheinungen - ein vierfach erhöhtes Risiko haben, aufgrund der Carotis-Stenose einen Schlaganfall zu erleiden.

Aufschlussreiche Analyse von Patienten ohne bisherige Symptome

Eine vergleichbare Risikoerhöhung für Schlaganfälle fand sich auch bei Patienten mit schlechter Durchblutungsreserve, die bereits Symptome einer Durchblutungsstörung hatten. „Dieser einfache Test ist ein äußerst wichtiger Baustein für die Risikoanalyse und Beratung von Patienten mit hochgradiger Carotis-Stenose ohne bisherige Symptome“, betonte Reinhard.

Seiner Ansicht nach sollte diese Untersuchung bei allen Patienten mit hochgradiger Verengung der Halsschlagader durchgeführt werden. „Erst wenn die Risikopatienten identifiziert sind, macht die prophylaktische Operation wirklich Sinn.“ Ein ganz wesentlicher Grund dafür, dass so viele Menschen selbst bei Verschluss der Halsschlagader gar keine Beschwerden haben, ist laut Reinhard, dass im Gehirn über Umgehungswege die Blutversorgung trotz der Verengung normal aufrechterhalten wird.

Kohlenstoffdioxidgehalt als Indikator

Wie gut diese Umgehungswege der Blutversorgung beim einzelnen Menschen funktionieren, kann durch den Ultraschalltest erfasst werden. Dabei wird gemessen, ob trotz der Gefäßverengung im Kopf noch eine ausreichende Durchblutungsreserve besteht. Diese Reserve wird beispielsweise durch das Anhalten des Atems für 30 Sekunden bei gleichzeitiger Ultraschallmessung der Hirngefäße bestimmt. Durch das Anhalten des Atems steigt der Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut an.

Bei einer vorhandenen Reserve führt das zu einer Erweiterung der Hirngefäße und Zunahme der Durchblutung im Gehirn - ein sicheres Zeichen dafür, dass der Gefäßverschluss im Gehirn gut ausgeglichen wird. Andere Methoden zur Risikobestimmung bei Carotis-Stenose befassen sich mit dem Aufbau der Arterienverengung (Plaque) im Ultraschall oder der Kernspintomografie. Hier fehlen aber noch groß angelegte Untersuchungen. Ferner können mittels Ultraschall kleine Gerinnsel, die sich von der Plaque ablösen, erfasst werden (Mikroemboli-Detektion).

Carotis-Stenose: Vor allem ältere Männer sind betroffen

Eine hochgradige Carotis-Stenose betrifft vor allem Männer. Sie tritt bei fünf Prozent aller über 60-Jährigen in Deutschland auf. Bei der Mehrzahl der Betroffenen wird im Laufe ihres Lebens aber gar kein Schlaganfall ausgelöst, selbst wenn sich die Halsschlagader durch die hochgradige Verengung im Verlauf ganz verschließen sollte.

Da die Behandlung mit Medikamenten immer besser wird, ist somit der Nutzen der vorbeugenden Operation mit Beseitigung der Verengung bei jedem Patienten mit hochgradiger Carotis-Stenose und ohne dass Schlaganfallsymptome wie Seh- und Sprachstörungen oder Halbseitenlähmungen aufgetreten sind, umstritten, bilanziert Reinhard.

Cerebrovascular reactivity predicts stroke in high-grade carotid artery disease

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