USA

Tabakkonzerne umgehen Regulierungen mit Nikotinanaloga

mg
Gesellschaft
Nikotinanaloga ermöglichen es E-Zigarettenherstellern, unregulierte Produkte mit unklaren Gesundheitsrisiken auf den Markt zu bringen. Aktuell kann die US-Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA nichts dagegen tun.

Offenbar erschien die modifizierte Version von Nikotin, 6-Methyl-Nikotin, im Mai 2024 auf dem US-Markt. Der synthetisch hergestellte Stoff wirkt ersten Untersuchungen zufolge potenziell stärker und süchtig machender als Nikotin, unterliegt aufgrund seiner anderen chemischen Struktur aber nicht den nordamerikanischen Vorschriften für Tabakprodukte und E-Zigaretten. Das ermöglicht es Herstellern, Produkte mit den Nikotinanaloga und weiteren, ungetesteten Inhaltsstoffen zu verkaufen, ohne vorab eine FDA-Zulassung beantragen zu müssen.

„Diese Produkte scheinen darauf ausgelegt zu sein, die geltenden Gesetze und Vorschriften zu umgehen, die Menschen – insbesondere Kinder – vor den schädlichen Auswirkungen des Rauchens und des Tabakkonsums schützen sollen“, sagte Prof. Sven Eric Jordt, Forschungsprojektdirektor des Yale Tobacco Center of Regulatory Science. „Wir wissen nicht, was diese Chemikalien tun, wenn sie eingeatmet werden“, betont er. Ende Mai warnte darum eine Koalition von Anti-Tabak-Gruppen die FDA vor mindestens drei Nikotin-Analog-Produkten, die in den Vereinigten Staaten verkauft werden.

13.000 Mal süßer als Haushaltszucker

Forschende aus Yale testeten in einer Studie zwei kommerziell erhältliche Produktlinien und stellten zudem erhebliche Abweichungen zwischen den auf den Etiketten angegebenen Nikotinanaloga-Gehalten und dem tatsächlichen Inhalt der Produkte fest. Dies wecke Bedenken hinsichtlich der potenziellen Risiken und unklaren gesundheitlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit der Verwendung dieser Produkte, schreiben sie. Darüber hinaus fanden die Forschenden in einigen Produkten auch den künstlichen Süßstoff Neotam, einen Zuckerersatz, der laut FDA 7.000 bis 13.000 Mal süßer ist als Haushaltszucker. Neotam wurde bisher nicht in Vaping-Produkten nachgewiesen. Ebenfalls enthalten war laut Studie das synthetische Kühlmittel WS-23, das die Attraktivität von Produkten für diejenigen erhöht, die noch nie gevapt haben. Das Problem: Die gesundheitlichen Auswirkungen des Vapings dieser Substanzen sind noch unbekannt.

„Insgesamt ist es wirklich problematisch, dass Unternehmen Nikotinanaloga mit unbekannten Gesundheits- und Suchtrisiken in neue Produkte einführen. Sie versuchen im Wesentlichen, Regulierungen zu vermeiden“, sagte Dr. Hanno Erythropel, Wissenschaftler an der Yale School of Medicine und Hauptautor der Studie. „Es müssen so schnell wie möglich Maßnahmen ergriffen werden, um potenzielle Schäden durch die Verwendung dieser Produkte zu vermeiden.“

Erythropel HC, Jabba SV, Silinski P, et al. Variability in Constituents of E-Cigarette Products Containing Nicotine Analogues. JAMA. 2024;332(9):753–755. doi:10.1001/jama.2024.12408

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