VR-Simulatoren erhöhen nicht nur die Fingerfertigkeit
Ziel dieser Studie war, den Einfluss haptischer Virtual-Reality-Simulatoren (VR) auf die Fingerfertigkeit, das Selbstvertrauen und das Stressniveau von Zahnmedizinstudierenden im 3. Semester während der vorklinischen endodontischen Ausbildung zu bewerten und den optimalen Zeitpunkt für ihre Einführung in den Lehrplan zu bestimmen – vor oder nach der Ausbildung mit künstlichen Zähnen.
Die Studie basierte auf einer Zusammenarbeit zwischen der University of Eastern Finland, der Universität Ondokuz Mayıs in der Türkei sowie der Universidade Federal do Rio Grande do Sul in Brasilien.
Methodik
Insgesamt 40 freiwillige Zahnmedizinstudierende (26 Frauen, 14 Männer) in der vorklinischen endodontischen Ausbildung wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt. Einschlusskriterien waren: keine vorklinische Erfahrung in Endodontie, keine vorherige Erfahrung mit VR-Haptiksimulatoren, derselbe standardisierte Endodontie-Lehrplan, keine Einnahme von Medikamenten gegen Angstzustände, Depressionen oder systemische Erkrankungen, mittlere oder höhere Computerkenntnisse und Grundkenntnisse in der Kavitätenpräparation.
Gruppe 1 (VR-Haptiksimulator-Gruppe, n = 20) absolvierte vier Sitzungen mit VR-Haptiksimulatoren, darunter drei Trainingssitzungen, gefolgt von einer Evaluierungssitzung, bevor sie die Kavitätenpräparation an einem oberen mittleren Schneidezahn mithilfe transparenter künstlicher Zähnen übte, die für das endodontische Training entwickelt wurden,.
Gruppe 2 (Kontrollgruppe, n = 20) hatte zunächst einen einzigen Versuch an künstlichen Zähnen für die Kavitätenpräparation, gefolgt von einer identischen Trainingsphase am VR-Haptiksimulator wie Gruppe 1.
Vor den Trainingssitzungen erhielten beide Gruppen standardisierte Vorträge und Demonstrationen zur Vorbereitung von Zugangskavitäten. Die Evaluationen vor und nach dem Training umfassten Stresslevel, die in verschiedenen Phasen mithilfe einer visuellen Analogskala (VAS) gemessen wurden, Bewertung der manuellen Geschicklichkeit durch vorklinisches Training mit Leistungswerten an künstlichen Zähnen und Befragungen zum Selbstvertrauen. Die statistischen Analysen wurden mit einer Signifikanz von p < 0,05 durchgeführt.
Ergebnisse
Über beide Geschlechter- und Experimentalgruppen hinweg wiesen die Studenten zu Beginn und vor der Kavitätenpräparation mit künstlichen Zähnen signifikant höhere Stresslevel auf als nach der Übung im Simulator beziehungsweise nach der Kavitätenpräparation mit künstlichen Zähnen (p < 0,05).
Dabei zeigten geschlechtsspezifische Vergleiche, dass Studentinnen während des praktischen Trainings einem höheren Stresslevel ausgesetzt waren als ihre männlichen Kollegen, trotz vergleichbarer Leistungsergebnisse.
Gruppe 1 berichtete durchweg über höhere Zustimmungswerte in Schlüsselbereichen, insbesondere hinsichtlich der Sicherheit bei der Durchführung der Kavitätenpräparation, der Angemessenheit des Anatomieunterrichts im Hinblick auf klinische Anforderungen und der Gesamtqualität der endodontischen Ausbildung. Im Unterschied dazu äußerten die Studierenden der Gruppe 2 weniger Selbstvertrauen, beispielsweise in ihrer Fähigkeit, Kavitätenpräparationen adäquat durchzuführen und zu bewerten sowie akute Probleme bei der Patientenversorgung zu bewältigen.
Inssamt zeigte Gruppe 1 im Vergleich zu Gruppe 2 signifikant höhere Werte für manuelle Geschicklichkeit und Selbsteinschätzung der Fertigkeiten (p < 0,05). Der Stresspegel war nach dem Simulatortraining in beiden Gruppen deutlich reduziert, wobei Gruppe 1 während des präklinischen Trainings mit künstlichen Zähnen geringere Angstzustände berichtete (p < 0,05). Die simulatorbasierten Leistungskennzahlen waren zwischen den Gruppen vergleichbar (p > 0,05). Befragungen zeigten, dass sich Gruppe 1 besser vorbereitet und sicherer bei der Vorbereitung von Kavitäten und der Bewältigung prozeduraler Herausforderungen fühlte.
Fazit
Die Integration haptischer VR-Simulatoren vor der präklinischen Ausbildung mit künstlichen Zähnen wirkt sich den Autoren zufolge positiv auf die manuelle Geschicklichkeit der Studierenden aus und führt zu weniger Stress und einem gesteigerten Selbstvertrauen in klinische Fähigkeiten. Sie halten aber weitere Forschung für erforderlich, um die langfristigen Auswirkungen und optimalen Integrationsstrategien von VR-Simulatoren in zahnmedizinische Lehrpläne zu untersuchen.
Sıla Nur Usta et al, A comparison of traditional and virtual reality haptic simulator approaches in preclinical endodontic training: Impacts on skill acquisition, confidence and stress, International Endodontic Journal (2025). DOI: 10.1111/iej.14236