Umfrage der British Dental Association

Warum die Briten für eine schlechte Zahnversorgung ins Ausland gehen

mg
Gesellschaft
Fast alle britische Zahnärztinnen und Zahnärzte berichten über Auslandsversorgungen ihrer Patienten, mehr als acht von zehn haben damit verbundene Komplikationen behandelt. Die Folgekosten sind immens. Warum tun sich die Leute das an?

Die British Dental Association (BDA) spricht nach der Auswertung einer eigenen Umfrage unter 1.000 Zahnärztinnen und Zahnärzten von einem „Zahntourismus-Boom” im Vereinigten Königreich, der der Zahnärzteschaft Mehrarbeit und der Patientenschaft Mehrkosten beschert.

Die Ergebnisse zeigen der BDA zufolge die Probleme im Nationalen Gesundheitsdienst NHS auf, da dort in den letzten zwei Jahren millionenfach Termine nicht vergeben werden konnten, was dann zu einem unvermeidlichen Rückstau geführt hat. 

Der Umfrage zufolge hat fast jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt in Großbritannien schon Auslandszahnersatz bei seiner Patientenschaft gesehen (95 Prozent). 86 Prozent gaben an, Fälle behandelt zu haben, bei denen nach einer Behandlung im Ausland Probleme auftraten. Dabei ging es vor allem um unzureichende Kronen- (87 Prozent) und Implantatversorgungen (85 Prozent) oder die PatientInnen kamen wegen akuter Schmerzen (76 Prozent) beziehungsweise um eine schlecht durchgeführte Behandlung korrigieren zu lassen (72 Prozent).

Folgekosten knacken in jedem zweiten Fall die 1.000 Pfund

Das führt nicht selten zu hohen Folgekosten für die Patienten, berichten die Zahnärzte: Zwei Drittel (65 Prozent) gaben an, dass es die Patienten mindestens 500 Pfund (umgerechnet etwa 580 Euro) gekostet habe, den an ihren Zähnen erlittenen Schaden zu reparieren, während mehr als die Hälfte (51 Prozent) anführte, dass es mehr als 1.000 Pfund (1.160 Euro) kostete. Einer von fünf nannte sogar Kosten von über 5.000 (5.800 Euro). In knapp 40 Prozent der Fälle waren die Kosten der Heilbehandlung vom NHS gedeckt.

Zahntourismus ist nach Angaben der BDA damit ein wachsender Trend. Nach Aussagen der Zahnärzte ist die Motivation der Patienten (98 Prozent) fast immer der Wunsch Geld zu sparen. Fast ein Drittel (31 Prozent) der Befragten gab an, dass sich die Patienten aufgrund kürzerer Wartezeiten im Ausland behandeln ließen. Viele Zahnärzte betonten die Allgegenwart von Werbeaktionen in den sozialen Medien, die für das „perfekte Lächeln" werben.

Überpräparierte Zähne sind bei Dentaltouristen kein Einzelfall

93 Prozent aller Zahnärzte äußerten Zweifel daran, dass eine Nachsorge von Zahnarztterminen im Ausland problemlos möglich ist. 79 Prozent waren mit der Qualität der Auslandsversorgung unzufrieden, 77 Prozent berichteten von Schwierigkeiten der PatientInnen bei der Geltendmachung von Rechtsmitteln oder dem Einreichen einer Beschwerde.

Mehrere Zahnärzte berichteten außerdem von überpräparierten Zähnen, bei denen mehr Zahnhartsubstanz als nötig entfernt wurde, sowie schlechtsitzenden Kronen und herausgefallenen Implantaten. Andere berichteten, dass einigen Fällen die Versorgung mit Zahnersatz trotz einer unbehandelten Zahnfleischerkrankung durchgeführt wurde.

Mit 21 Kronen sollte eine Zahnfehlstellung kaschiert werden

Ein Zahnarzt berichtete von einem Patienten, der aus dem Ausland mit 21 falsch platzierten Vollkronen zurückkam, mit denen versucht worden war, „einen eindeutig kieferorthopädischen Fall” zu korrigieren. In einem anderen Fall waren einem Patienten mit Zahnarztphobie unter Sedierung 14 Kronen gesetzt worden. Bei der Kontrolle zeigte sich dann, dass er an vier der überkronten Zähne endodontische Behandlungen benötigte.

In der Politik ist das Thema offenbar bekannt. Der NHS rät den Menschen, sorgfältig zu überlegen, bevor sie eine Behandlung im Ausland buchen und gab eine Liste mit Warnzeichen heraus, woran Patienten Geschäftemacher erkennen. Der BDA ist das nicht genug. Sie fordert die Behörden auf, proaktive Kampagnen durchzuführen, um sicherzustellen, dass Patienten sich der potenziellen Risiken von Dentalourismus bewusst werden.

„Die Zahnärzte sind sich bewusst, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, einen Zugang zur zahnmedizinischen Versorgung zu erhalten, und vielleicht versucht sind, für eine preisgünstige Behandlung ins Ausland zu gehen", sagte der BDA-Vorsitzende Eddie Crouch. Die Patienten sollten sich jedoch vor Lockangeboten hüten, denn die Realität sei selten so einfach, wie sie auf Instagram erscheint. "Wir raten dringend dazu, die Qualifikationen und die Erfahrung des Zahnarztes zu prüfen und sich zu vergewissern, dass er versichert ist, falls etwas schiefgeht."

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