Was heißt eigentlich "Der Impfstoff ist zu 90 Prozent wirksam"?
BioNTech und Pfizer hatten gemeldet, ihr Impfstoff gegen Covid-19 sei „zu 90 Prozent wirksam“. Inzwischen haben sie und andere Hersteller berichtet, dass ihre Impfstoffe sogar zu 95 Prozent wirksam seien. Aber was bedeutet „zu 90 Prozent wirksam“?
Sind 90 Prozent aller Geimpften geschützt? Das kann nicht sein!
In einigen Medien wurde die Angabe so interpretiert: „Das heißt, 9 von 10 Menschen können durch die Impfung vor einer Infektion geschützt werden.“
"Demnach wäre der Impfstoff bei 90 Prozent aller Menschen, die sich impfen lassen, wirksam", führen die Forscher den Gedanken zu Ende "Das würde bedeuten, wenn man alle 83 Millionen Deutschen impft, dann sind davon 90 Prozent geschützt; nur die restlichen 8,3 Millionen können sich anstecken. Das wären aber immer noch weit mehr Infizierte als es bisher der Fall ist. Also kann das nicht gemeint sein."
Richtig ist, korrigieren die Wissenschaftler: "Die 90 Prozent beziehen sich nicht auf die Gruppe der Geimpften, sondern auf die der Infizierten."
BioNTech berichtete, dass rund 43.000 Menschen an der Studie teilnahmen, ungefähr die Hälfte davon wurde geimpft und die andere erhielt ein Placebo. Sieben Tage nach der zweiten Dosis gab es insgesamt 94 bestätigte Covid-19 Fälle. Die Wissenschaftler zitieren nun aus dem Studienprotokoll von Pfizer , in dem die Wirksamkeit definiert ist: Der Anteil der Covid-19-Fälle in der Impfgruppe wird dividiert durch den Anteil der Covid-19-Fälle in der Kontrollgruppe. Dieser Wert wird von 1 abgezogen und mit 100 multipliziert, so dass man eine Prozentangabe hat. "Daraus folgt, es muss in der Impfgruppe 8 Fälle und in der Placebogruppe etwa 86 Fälle gegeben haben, was einer Reduktion von rund 90 Prozent entspricht (bei den 95 Prozent waren es dann 8 versus 156 Fälle)."
Richtig ist: Die Angabe bezieht sich auf den Anteil an Infizierten
Die „zu 90 Prozent wirksam“ bezieht sich demnach also nicht auf 9 von 10 Menschen, die zur Impfung gehen, und auch nicht auf alle Probanden der Studie oder alle Menschen, die sich in Deutschland impfen lassen: "Sie ist eine relative Risikoreduktion, die sich auf die Zahl der Infizierten bezieht, aber keine absolute Reduktion, die sich auf alle Geimpften bezieht."
Für die Grippeschutzimpfung heißt das beispielweise: "In einer Saison mit geringer Verbreitung des Grippevirus liegt die Wirksamkeit der Grippeschutzimpfung etwa bei 50 Prozent. Diese Zahl bedeutet aber nicht, dass 5 von 10 Geimpften vor der Grippe geschützt sind. Sie bedeutet, dass von je 100 Personen ohne Impfung zwei eine bestätigte Influenzainfektion bekamen, und von je 100 Personen mit Impfung nur eine."
Es sei auch wichtig zu verstehen, ergänzen die Forscher, dass sich beim Corona-Impfstoff „zu 90 Prozent wirksam“ auf die Reduktion von Infektionen, nicht von schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen bezieht.