TK-Chef Baas zur GKV-Entwicklung

„Wir bewegen uns bis 2030 auf einen Beitragssatz von 20 Prozent zu!“

pr
Politik
Mit deutlichen Beitragssatzsteigerungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung rechnet TK-Chef Jens Baas. Bis zum Ende des Jahrzehnts könnten es sogar 20 Prozent sein, wenn keine Gegenmaßnahmen greifen.

„Wir werden Anfang 2025 auf breiter Front deutliche Beitragssatzsteigerungen in der gesamten gesetzlichen Krankenversicherung sehen“, sagte der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, im Interview mit dem Reaktionsnetzwerk Deutschland heute. Die aktuelle Schätzung von bis zu 0,6 Prozentpunkten mehr halte er für absolut realistisch, wodurch dann im Schnitt ein Beitrag von fast 17 Prozent erreicht würden, sagte er dem Blatt. Das habe noch vor ein paar Jahren als eine völlig abstruse Größenordnung gegolten, erklärte Baas weiter. Damit sei aber nicht Schluss.

Die KKH hebt ihren Beitrag auf 17,88 Prozent, die Knappschaft auf 17,3 Prozent

Baas: „Wir bewegen uns bis zum Ende des Jahrzehnts ungebremst auf einen Beitragssatz von 20 Prozent zu – wenn es keine Gegenmaßnahmen gibt. Die Politik kann nicht immer nur Gesetze machen, die zu höheren Ausgaben führen. Es muss endlich auch darum gehen, wie wir die steigenden Kosten in den Griff bekommen.“ Die Krankenkasse KKH hatte gerade ihren Beitrag auf 17,88 Prozent angehoben, die Knappschaft auf 17,3 Prozent.

Irritiert zeigte sich Baas über Aussagen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die Medizin müsse entökonomisiert werden. Ökonomie bedeute nicht Sparen „auf Teufel komm raus“, sagte er. Eine gut gemachte Krankenhausreform wäre aus seiner Sicht ein Beitrag dazu. Auch eine bessere Steuerung der Patienten könne sinnvoll sein, wenn sie im System konsequent gestaltet wird. Große Sorgen machten ihm aber die Preise für neue Arzneimittel, die geradezu explodierten.

Die Kosten von neuen Gentherapeutika lägen mittlerweile im Millionenbereich pro Behandlung, erläuterte er. Noch bekämen wenige Patienten diese Arzneimittel. Er rechnet aber damit, dass in den nächsten Jahren fast 50 neue Gentherapeutika auf den Markt kommen. Baas: „Wenn alle potenziellen Patientinnen und Patienten diese bekämen, liegen die prognostizierten Ausgaben allein dafür bei bis zu 36 Milliarden Euro. Das zeigt die Gefahr. Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden wir uns gute Medikamente einfach nicht mehr leisten können. Das darf nicht passieren.“

Das bisherige Verfahren der Preisregulierung versage, weil bei neuartigen Arzneimitteln wie Gentherapeutika keine Vergleiche mit bisherigen Therapien möglich sind. Nötig seien daher Preise, die sich an den tatsächlichen Forschungs- und Herstellungskosten orientieren, so der TK-Chef.

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