Warum Seepferdchen keine Zähne haben
Evolutionsbiologen aus Konstanz, China und Singapur haben das Genom des Tigerschwanz-Seepferdchens untersucht - und dabei herausgefunden, dass mehrere Gene, die bei anderen Fischen und auch beim Menschen zur Entwicklung der Zähne beitragen, beim Seepferdchen verlorengegangen sind.
Die Nahrung wird aufgesaugt
Durch seine spezielle Art der Nahrungsaufnahme braucht das Seepferdchen nämlich keine Zähne mehr: Es zerbeißt seine Nahrung nicht, sondern saugt sie mit enormem Unterdruck ein, den es in seiner langen Schnauze erzeugen kann.
„Die Tiere schwimmen fast nie herum, um Nahrung zu suchen, sondern halten sich mit ihrem Schwanz an Seegras oder Korallen fest. Dann warten sie einfach ab, bis irgendetwas vorbei schwimmt - und die Nahrung zu ihnen kommt“, erklärte einer der Wissenschaftler.
Auch die Gene, die zum Geruchssinn beitragen, sind abhanden gekommen: Weil das Seepferdchen so einen guten Sehsinn mit zwei unabhängig voneinander sich bewegenden Augen besitzt, jagt es visuell. Der Geruchssinn spielt daher nur eine untergeordnete Rolle. Besonders gravierend ist aber der Verlust der Bauchflossen. Evolutionär haben diese den gleichen Ursprung wie die menschlichen Hinterbeine.
Auch das Skelett ist beim Seepferdchen stark modifiziert - zum Beispiel fehlen die Rippen. Stattdessen ist der Körper mit harten Knochenplatten verstärkt. So ist das Tier vor Fressfeinden besser geschützt und kann sich mit seinem Ringelschwanz an Seegras oder Korallen festhalten und tarnen.
Neben dem Genverlust stellten die Biologen auch Genduplikationen im Laufe der Evolution des Seepferdchens fest. Werden Gene dupliziert, kann eine Kopie eine neue Funktion übernehmen. Beim Seepferdchen ermöglicht ein Teil der so entstandenen neuen Gene vermutlich die Schwangerschaft der Männchen. All diese Besonderheiten macht das Seepferdchen zu dem was es ist: ein außergewöhnlicher Fisch.
Lin et al.: The seahorse genome and the evolution of its specialized morphology. Nature, 15. Dezember 2016. Band 540, Nr. 7633, DOI: doi:10.1038/nature20595