Fortbildung ohne Zwänge
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Das Thema Fortbildung scheint für viele in der zahnärztlichen Öffentlichkeit ein heißes Eisen zu sein. Die Angst geht um, dass von staatlicher Seite eine Zwangsfortbildung eingeführt wird. Der Ärzte-TÜV und Rezertifizierungsmodelle sind immer wieder im Gespräch. Auch wenn diese Gefahr durch die Haltung der letzten Gesundheitsministerkonferenz vorerst gebannt zu sein scheint – Tendenzen und Entwicklungen in dieser Hinsicht müssen von uns ernst genommen und im Vorfeld abgewehrt werden.
Abwehr von Zwangsfortbildung – unter dieser Prämisse haben bereits die Ärzte Modelle entwickelt und testen diese aus. Unter der gleichen Überschrift sind die jüngsten Bestrebungen der Zahnärzteschaft hinsichtlich der Fortbildung zu sehen (siehe Titelgeschichte in diesem Heft).
Um es noch einmal ganz deutlich zu machen: Fortbildung ist für den Zahnarzt selbstverständlich, zur Sicherung der Qualität der zahnärztlichen Versorgung ist diese unerlässlich und wird von unserem Berufsstand in hohem Maße wahrgenommen. Alles, was den Nachweis der Fortbildung angeht, ist freiwillig. Das gilt für die Modelle zur strukturierten Fortbildung, die demjenigen Kollegen, der das wünscht, einen geordneten Rahmen mit der Möglichkeit des Erwerbs eines Zertifikats bietet. Das betrifft aber auch die Möglichkeit für interessierte Zahnärzte, ihre allgemeinen Fortbildungsaktivitäten (ob nun strukturiert oder nicht) freiwillig nachzuweisen. Dazu hat der Vorstand der Bundeszahnärztekammer ein entsprechendes Konzept erarbeitet. Jetzt geht es darum, das Ganze in einem Pilotprojekt gründlich auszutaxieren und anschließend zu evaluieren, bevor man damit beginnt, ein solches Modell bundesweit vorzuschlagen.
Dahinter steckt eine ganz einfache Philosophie: Durch das Prinzip der Freiwilligkeit wird eine staatliche Regulierung schon im Vorfeld überflüssig. Es geht darum, die Einheitlichkeit des Berufsstandes zu erhalten und die Autonomie der Berufsausübung weiterzuentwickeln. Das Konzept ist zukunftsoffen, europatauglich und dient einer voraussetzungsorientierten Qualitätssicherung. Es stützt die Motivation der Kollegen, setzt Anreize und bietet Transparenz bei gleichzeitiger Liberalität.
Ein weiteres Ziel ist es, die zahnärztlichen Fortbildungsangebote vergleichbar zu machen. Ein großer Dank geht hier an die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde (DGZMK), die bei der Entwicklung des Konzepts mit dem Ausschuss Qualitätssicherung der Bundeszahnärztekammer intensiv zusammengearbeitet hat.
Was die Dokumentation des Fortbildungsverhaltens der Zahnärzte in Deutschland angeht, so gibt es hier noch ein weites Feld zu beackern. Es liegen keine validen Daten aus jüngerer Zeit vor. Hier hat die Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern mit einer repräsentativen Umfrage unter ihren Kollegen Pionierarbeit geleistet (siehe Bericht in diesem Heft) und konnte aufzeigen, dass Fortbildung in ganz hohem Maße angenommen wird. So stolz man auf diese Ergebnisse sein kann, so zeigt sich darin doch, dass weiterer Handlungsbedarf gegeben ist. Dabei geht es zum Beispiel um den Ausbau von Qualitätszirkeln oder der strukturierten und zertifizierten Fortbildung – all dies dürfte auch in bundesweite Aufgabenstellungen münden. Die Standespolitik wird hier ganz gewiss nicht die Hände in den Schoß legen, sondern weiterhin für die Kollegenschaft aktiv werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Berufsausübung verändert sich kontinuierlich mit dem medizinischen Fortschritt und der demografischen Entwicklung. Wir sind ständig gefordert, Schritt zu halten, um im Sinne unserer Patienten zu handeln. Fortbildung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Denn auch die Erwartungshaltung unserer Patienten an Informationen über das Fortbildungsverhalten der Ärzte und Zahnärzte ist deutlich gestiegen. Ganz wichtig ist für uns, dass wir dabei unsere berufliche Freiheit nicht verlieren; wir sind ohnehin schon immer mehr staatlichen Regulierungen und bürokratischen Hemmnissen ausgeliefert. In diesem Sinne hat die Standesspitze für die Kollegenschaft Modelle entwickelt, die eines bezwecken: Fortbildung ohne Zwang. In dieser Richtung werden wir weiterarbeiten.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Dr. Dietmar OesterreichVizepräsident der Bundeszahnärztekammer