Der neue Bema
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 4. Juni haben der Erweiterte Bewertungsausschuss und der Bundesausschuss Zahnärzte und Krankenkassen den neuen Bema verabschiedet. Mit Abschluss dieses aus der GKV-Gesetzgebung des Jahres 2000 resultierenden Auftrags hat die KZBV qua Amt ihre vom Gesetzgeber auferlegte Aufgabe erfüllt und versucht, das unter vorgegebenen Umständen trotz widriger Ausgangslage für Deutschlands Zahnärzte Bestmögliche herauszuholen. Kein Anlass zum Jubel: Das Bestmögliche für die Zahnärzteschaft wäre in einem weiterhin von Budgetierung bestimmten System die Beibehaltung des Status quo. Wie so oft in der KZV-Arbeit der zurückliegenden Jahre hieß die Maxime „Kein Mehr an Leistungen in einem GKV-System, das nur begrenzte Mittel zur Verfügung stellt“. Wer mehr erhoffte, sogar meinte, angesichts der im Laufe der Jahrzehnte gewachsenen zahnmedizinischen Möglichkeiten sei auf dem Weg der Bema-Verhandlungen ein Plus für die gesetzlich geforderte präventive Ausrichtung drin, hat schlicht die Sachlage verkannt.
Wer glaubte, durch strikte Verweigerung die Umsetzung des gesetzgeberischen Auftrages verhindern zu können, hätte der Kollegenschaft letztlich ein Ergebnis verschafft, das „noch mehr Leistungen für noch weniger Geld“ bedeutet hätte. Bekanntlich hatten die Krankenkassen im Sommer letzten Jahres versucht, dieses Ziel mit einem balbierenden Heckenschnitt zu erreichen.
Jenseits aller berufspolitischer Traumtänzerei: Die Punktsummenneutralität war vorgegeben, die Kassen standen erneut mit Forderungen nach zusätzlichen Leistungen in den Startlöchern. Ein reines Kassenergebnis wäre unweigerlich das Resultat eines Ausschusses gewesen, dem sich die Zahnärzteschaft entzogen hätte.
Derartige für die Kollegenschaft gravierenden Nachteile hat die KZBV durch beharrliches Verhandeln abgewehrt. Wir haben im Ausschuss durch Überzeugung der neutralen Mitglieder erreicht, dass der Punktsummenneutralität die Zeitsummenneutralität gegenüber gestellt wurde. Wir haben durch die von der Zahnärzteschaft in Auftrag gegebene BAZ II erreicht, dass nicht die von den Krankenkassen angesetzten 1050, sondern 1200 Stunden als zahnärztliche Jahresarbeitszeit angesetzt wurden. Wir haben im Rahmen der gesetzlich geforderten Umrelationierung erreicht, dass für jede abgewertete Leistung eine Höherbewertung in anderen Leistungsbereichen erfolgte. Wo präventive Maßnahmen einbezogen wurden, konnten andere Teilleistungen aus der GKV ausgegrenzt werden.
Mit der Einbeziehung des betriebswirtschaftlichen Eckwerte-Modells und der Module zur psychomentalen Belastung haben wir das rein zeitbezogene Modell der Krankenkassen ins Abseits gestellt – und gleichzeitig dafür gesorgt, dass die Ausgangsvoraussetzungen für die erforderliche Bandbreite einer neuen GOZ weitestgehend unberührt blieben.
Sämtliche Maßgaben für unsere Verhandlungsstrategien, deren Prämissen und die jeweils gesetzten Ziele wurden während der langen Verhandlungszeit immer wieder mit den gewählten Gremien der deutschen Zahnärzteschaft abgesprochen und abgesegnet, so letztmalig in der noch vor wenigen Wochen von allen Länder-KZVen gemeinsam mit dem KZBV-Vorstand verabschiedeten Ulmer Resolution. Etwaigen Ketzern sei gesagt: Wer vor Verabschiedung des Bema die Ergebnisse zu kennen glaubt, diese dann noch ohne umfassende Kenntnis der Dinge kommentiert, zeigt, dass ihm zahnärztliche „Innenpolitik“ wichtiger ist als Sacharbeit für die Kollegenschaft. Hier hat sich der derzeitige KZBV-Vorstand – ganz im Sinne der freiberuflich orientierten Zielsetzung – im Rahmen der ihm aufoktroyierten Aufgabe klar formiert. Und manche vorschnelle Postkarten-Aktion erweist sich auf diese Weise als vorschnelle Portoausgabe.
Unterm Strich bleibt: Durch hartnäckiges, strategisch abgestimmtes Verhandeln konnten wir erreichen, dass die Praxen, die im Abdingungsbereich bisher erfolgreich waren, es auch unter dem neuen Bema bleiben werden, in Teilbereichen sogar besser gestellt sind als zuvor.
Sportlich gesprochen geht diese Runde an uns, die Kassen hatten das Nachsehen. Die Neufassung des Bema ist kein Gewinn, weder nach Punkten – wegen der Punktsummenneutralität –, noch durch Knock-out – das System hat andere Spielregeln. Aber es wurde Schaden abgewehrt, von den Kollegen und ihren Patienten. Und selbst das zählt in Zeiten wie diesen leider nicht mehr zur Kategorie „Normal“.
Mit kollegialen Grüßen
Dr. Jürgen FedderwitzAmtierender Vorsitzender der KZBV